Am Ende wird doch noch alles gut! So könnte man den Werdegang des schwedischen Indie Studios Coldwood Interactive beschreiben. Die ersten Gehversuche unternahmen die Nordlichter mit mäßigen Ski Rennspielen auf der PS2 (Ski Racing 2005) und versuchten sich später an Move-Spielen für Sonys gleichnamigen Motion Controller (The Fight, Move Fitness). Doch mit einem Schlag sind diese Machwerke vergessen, denn auf der letzten E3 Videospielmesse sorgten die Entwickler mit der Ankündigung von „Unravel“ für Aufsehen. Wieso und Warum? Das klärt unser Review.
Abenteuer zum Entspannen
Natürlich bietet „Unravel“ eine Story und diese dreht sich um eine alte Frau, die ein Garnmännchen – also unseren Yarny – erschafft und dadurch ihr Leben Revue passieren lässt. Und es war ein gutes Leben – voller Liebe, Freundlichkeit, Abenteuer usw. Yarnys Aufgabe ist es deshalb, in jedem Level ein Erinnerungsstück zu finden, dass sich auf den jeweiligen Lebensabschnitt bezieht. Dazu sucht man sich Fotos im Haus der alten Frau heraus und springt in die damit verbundenen Erinnerungen. Die Story ist an sich zwar recht einfach gestrickt, lässt sich aber unterschiedlich interpretieren und man denkt zwangsläufig auch an seine eigenen Erlebnisse zurück. Das ist vielleicht das Schönste am Spiel, das man auch mal zum Nachdenken angeregt wird. Aber keine Panik, „Unravel“ ist beileibe kein düsteres Abenteuer und vieles kann und muss der Spieler selbst interpretieren. Insofern kann man den Titel auch bedenkenlos einem jüngeren Publikum empfehlen.
Garn ist Leben!
Das wichtigste Gameplay-Element ist Yarny selbst. Unser Garnmännchen besteht nämlich aus rotem Faden und der ist nicht endlich. Also muss Yarny immer wieder Checkpunkte erreichen, um sein Garn und damit seine Person (kurz bevor das Garn aufgebraucht ist, humpelt Yarny gebeugt und abgemagert umher) wiederherzustellen. Doch das Garn ist nicht nur Yarnys Lebensversicherung (Ha, das ist doch mal kein schlechter Kalauer), sondern wird auch gebraucht, um Hindernisse zu überwinden und Puzzles zu lösen. Dazu kann Yarny sein Garn an verschiedene Gegenstände knoten und diese bewegen oder Brücken bauen. Auch geklettert und abgeseilt wird mittels des Fadens. Gegner verdrischt man übrigens nicht – es lauern zwar zahlreiche Gefahren auf dem Weg, doch Yarny sollte sie alle umgehen. Ein wahrlich friedfertiges Spiel – Bravo! Die Steuerung fällt übrigens präzise und direkt aus, dadurch sind die Physik-Aufgaben auch alle machbar und gehen dem Spieler nicht gleich auf die Nerven. Überhaupt sorgt der Titel für eine innere Ruhe beim Spielen, was auch der tollen Grafik geschuldet ist und den passenden Sounds.
Einmal Schweden und zurück
Der Schwierigkeitsgrad von „Unravel“ kann im Großen und Ganzen als ausgewogen bezeichnet werden. Nur manchmal kommt es zu etwas anspruchsvolleren Rätseln (alle Physik-basiert und das Garn spielt eine wichtige Rolle), doch auch diese lassen sich mit etwas Herumprobieren meistern. Die Hüpfelemente sowie Geschicklichkeitstest spielen zwar auch eine Rolle, aber wenn man so will, ist „Unravel“ in erster Linie ein Puzzle-Spiel und erst in zweiter Instanz ein Jump'n Run. Vom Umfang her gibt es genug Gegenwert für die knapp 20 Euronen, allerdings hätte der Wiederspielwert etwas besser ausfallen können. Lediglich ein paar versteckte Kronkorken kann man in den Levels sammeln, etwas mehr hätte man da schon bieten können.
Die Natur genießen – auch wenn es nur virtuell ist
„Unravel“ ist im Prinzip ein 2D Spiel, das heißt man bewegt sich von links nach rechts über den Bildschirm. Die Spielfigur und die Landschaften im Hintergrund wurden jedoch komplett dreidimensional erstellt und verleihen der Grafik dadurch Tiefe und Glaubwürdigkeit. Was jedoch besonders auffällt, ist der hohe Detailgrad mit unzähligen liebenswerten Details. Einfach malerisch – das fällt mir immer wieder ein, wenn ich „Unravel“ spiele. Passend dazu unterstreichen die atmosphärischen Ambientklänge und der zurückhaltende Soundtrack das Erlebnis quasi perfekt. Also auszusetzen gibt es auf dem Gebiet wirklich nichts – okay, fast nichts, eine 5.1 Dolby Abmischung hätte der Akustik nicht geschadet.
FAZIT:
WOW! „Unravel“ ist ein wirklich bezauberndes Kleinod, das technisch wie spielerisch überzeugen kann. Die Physik-Puzzles sind nicht zu schwer, die Hüpfpassagen jedoch auch nicht zu einfach und die Steuerung ist stets präzise und eingängig. Der tolle Sound und die putzige Spielfigur „Yarny“ sorgen zudem für reichlich Charme. Für mich ist „Unravel“ somit eines der Highlights des Jahres 2016 und das beste Spiel, das EA seit Jahren veröffentlicht hat. Kaufen und Spielen – unbedingt!
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