Mit zwei (“Batman: Arkham VR”) bis vier (“Wayward Sky”) Stunden sind die bisherigen Adventures für PlayStation VR recht kurz ausgefallen und auch die anderen Launchtitel bekleckerten sich in Sachen Spielzeit nicht gerade mit Ruhm. Somit hat die PlayStation VR schon zu Beginn des Lebenszyklus mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass man bisher sein Geld eher in kurze Demos statt richtige Spiele versenkt. Crytek will hier nun Abhilfe schaffen und veröffentlicht mit “Robinson: The Journey” ein Vollpreisspiel, welches schon im Titel auf eine lange Reise hindeutet. Leider können wir schon zu Anfang festhalten, dass Crytek auf dieser Reise mehr als nur einmal über die eigenen Füße stolpern wird.
Jurassic Park meets Robinson Crusoe
Als 12-jähriger Robin ist man vor über 300 Tagen auf einem fremden Planeten notgelandet und findet sich zu Beginn des Spiels bereits in einem kleines Camp wieder. Zum Glück ist man aber nicht völlig auf sich allein gestellt, da man stets vom besorgten HIGS verfolgt wird. Die schwebende KI Kugel gibt im Laufe des Abenteuers immer wieder ein paar mehr oder weniger nützliche Hinweise zu Rätseln oder möglichen Gefahren. Außerdem hat sich Robin mit einem frisch geschlüpften T-Rex angefreundet, der sogar ein paar kleinere Tricks erlernen kann und zwei/drei Mal im Abenteuer hilfreich ist. Nachdem man über 300 Tage etwas vor sich hin gelebt hat, kommt man nun auf die Idee nach Überlebenden zu suchen. Ah ja, reichlich früh würde ich sagen. In fünf kleinen Arealen, welche durch Tunnel miteinander verbunden sind, begibt man sich nun also auf die Suche nach Hinweisen, welche in Form von anderen HIGS Einheiten und kleinen Audiotapes verstreut und versteckt in der prähistorischen Welt herumliegen.
Um an diese Einheiten zu kommen, muss man immer ein kleines, nennen wir es nett umschrieben Rätsel lösen. So muss man entweder ein Tierchen weg locken, oder mit Hilfe von HIGS einen Stromkreis reparieren. Zur Hilfe hat man dabei ein Multitool, mit dem man schwere Lasten bewegen und auch werfen kann. Hat man eine Einheit freigelegt, muss man diese nur noch scannen, um an die Infos zu kommen. Schön wäre es gewesen, wenn man sich in die Einheiten mittels eines Minispieles hacken müsste. Aber Fehlanzeige. Zudem kann man mit dem Scanner noch die kleinen und wahrlich riesigen Lebewesen scannen und katalogisieren. Besondere Pflanzen bleiben aber leider außen vor. Tja, dass war es dann auch schon an Gameplay! Okay, es gibt noch ein paar Kletterpassagen, welche an sich einfach gehalten sind, aber durch die Steuerung auch schon mal zur Strapaze werden können.
Technisch aus der Zukunft, Gameplay aus der Vergangenheit
Und da wären wir auch schon beim größten Knackpunkt des Spiels. Der Steuerung, welche kurz gesagt einfach nur Müll ist! Ja, man muss es so deutlich sagen, da der DualShock 4 in keinster Weise für das Spiel geeignet ist. Das fängt bei der Immersion an (sogar Robin hat einen Move Controller in der Hand) und hört bei der Genauigkeit auf. Wenn man mittels des Multitool eine Brücke bauen muss, einen Fisch fangen oder sich schnell eine Wand unter Zeitdruck hinauf bewegen soll, artet das in einen wahren K(r)ampf aus, was einen schon mal zur Verzweiflung treiben kann. Ich habe zum Beispiel nach zweimal 30 Minuten aufgegeben einen Fisch mit dem Netz zu fangen. Ein weiterer Kritikpunkt wäre, dass schlicht die Abwechslung zum Beispiel in Form von fordernden Rätseln oder Minispielen fehlt. Gerade ein Survival Spiel würde sich hier hervorragend anbieten. Bis auf das Fische fangen (was aber keinerlei Nutzen mit sich bringt) und das werfen von Bällen in einen Korb kann man bis auf zwei/drei Trophäen relevante Gags (Klo putzen, Steinchen stapeln) nichts machen. Abschließend gerät man immer wieder in kleineren Sackgassen, da man nicht weiß, was als nächstes zu tun ist. So bleibt nur wahlloses herumprobieren und klicken auf sämtliche Gegenstände in der Umgebung. Nachdem ich zirka 20 Minuten versuchte, Früchte von einem Baum zu schießen, musste ich dann doch mal Google strapazieren. Von der Spielzeit her ist man locker gut sechs Stunden beschäftigt, wobei sich aufgrund der Steuerung und der undurchsichtigen Hinweise von HIGS die Spieldauer etwas ziehen könnte. Übrigens kommt "Robinson: The Journey" trotz USK 12 Freigabe sehr gewaltarm daher und versteht sich eher als Walking Simulator.
Das, was das Spiel letztendlich vor dem Totalausfall rettet ist die unglaublich tolle Welt, in der “Robinson: The Journey” spielt. Wenn man zum ersten Mal einem Langhalssaurier begegnet, hebt man mit offenem Mund den Kopf. Bäumt er sich dann zusätzlich noch vor einem auf, fühlt man sich mitten drin. Aber auch die Vegetation wurde detailliert und lebendig in Szene gesetzt und überzeugt mit einer tollen Beleuchtung und vielen kleinen Tierchen, welche überall herum wuseln. Auch die stets über einen kreisenden Flugsaurier machen ordentlich was her. Die einzelnen Abschnitte sind zudem abwechslungsreich gestaltet und reichen vom Dschungel über Moorlandschaften und einer Raumstation. Hinzu kommen atmosphärische Soundeffekte, welche einem belebten Dschungel würdig sind. Vor allem, wenn man in der Ferne bedrohliche Schreie hört, bekommt man es mit der Angst zu tun. Getestet wurde das Spiel hauptsächlich auf der PS4 Pro, wurde aber auch kurz auf der normalen PS4 angespielt. Während auf der normalen PS4 Objekte und Vegetation etwas spät ins Bild ploppen, ist das Bild auf der PS4 Pro immer vollständig aufgebaut. In Sachen Schärfe gibt es jedoch keine großen Unterschiede und fallen wohl nur im direkten Vergleich auf. Auf beiden Konsolen ist die Schärfe bis auf ein paar wenige verwaschene Texturen auf einem hohem Niveau und auch das Kantenflimmern hält sich stark in Grenzen. Die deutsche Synchronisation ist ebenfalls gelungen und gibt keinen Anlass zur Kritik. Auch das Problem der Motion Sickness wurde bis auf ein Minimum reduziert. Wer keine Probleme mit einem flauen Magen hat, kann sich so zum Beispiel stufenlos drehen, während alle anderen das Drehen in bestimmten Gradzahlen bevorzugen sollten. Das geradeaus laufen ist dagegen immer Stufenlos und es wurde von einer Portation abgesehen. Gezielt wird übrigens mittels Headtracking mit dem Kopf, was einerseits ganz gut funktioniert, andererseits der DualShock 4 einem einen Strich durch die Rechnung machen kann.
FAZIT:
“Robinson: The Journey” hätte ein richtig tolles Spiel werden können. Die Grafik, sowie die Akustik und die ganze Atmosphäre sind hervorragend und lassen einen in die unbekannte Welt abtauchen. Überall kreucht und fleucht es, die Flora und Fauna ist detailliert, es gibt genügend große Tiere zu bestaunen und der 3D Sound ergänzt die Szenerie zusätzlich. Aber wie bei Crytek nicht unüblich, hapert es gewaltig am Gameplay. Die Steuerung mit dem DualShock 4 ist grauenhaft, fordernde Rätsel nicht vorhanden und eine Story nicht wirklich existent. Warum durchlebt man mit Robinson zum Beispiel keine alltägliche Aufgaben? Sucht Früchte, stellt Fallen auf, hält das Lager in Schuss oder vergnügt sich bei kleineren Minispielen. Was bleibt ist ein Walking Simulator als wundervolle Technikdemo ohne viel Substanz zu einem viel zu hohem Preis. Schade drum!
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