Zu PS2-Zeiten erschuf SEGA die Yakuza-Serie und wollte damit auch im Westen groß durchstarten. Deshalb gab man sich Mühe bei der Portierung und bot sogar eine englische Synchro. Leider konnte die Serie nie Fuß fassen und nachdem man mit Yakuza 3 auch noch negative Publicity wegen ein paar Schnitten genoß, war es das quasi mit der Serie im Westen. Doch seit einiger Zeit versucht Sony nun ein paar Fans glücklich zu machen und arbeitet mit SEGA zusammen, um die Titel doch noch zu uns zu bringen. So bekamen wir beispielsweise schon Yakuza 5 und nun eben auch Yakuza 0, das Prequel zu Teil 1. Hat sich die Wartezeit gelohnt? gibt es überhaupt genug relevantes zu erzählen? Wir klären diese Fragen in unserem Review.
The Empty Log
Die Geschichte des Spiels dreht sich natürlich um Kazuma Kiryu, der aber noch nicht der gefürchtete Yakuza aus den späteren Teilen ist. Stattdessen erleben wir einen viel jüngeren Kiryu, welcher gerade erst ein Yakuza geworden ist und dementsprechend niedere Aufgaben erledigen darf. Eine dieser Aufgaben geht aber offenbar schief und Kiryu wird ein Mord angehängt, den er gar nicht begangen hat. All das ist nur ein perfider Plan der Yakuza-Führer, um Kazama von seinem Thron zu stoßen, der gerade im Gefängnis sitzt und der Kiryu auch in die Yakuza geführt hat. Das ist jedoch nur ein Teil davon, denn im Zentrum des Geschehens steht das „Empty Lot“. Denn es ist das letzte Hindernis für die Dojima Familie, um in Kamurocho einen großen Gebäudekomplex zu renovieren, welcher große Einnahmen verspricht. Leider ist der Besitzer der Wohnung verschollen und wer sich also die Wohnung sichert, gilt als bester Anwärter für den Titel von Kazama.
Goro Majima
Man darf aber nicht nur in die Rolle von Kiryu schlüpfen, sondern spielt auch den Fanliebling Goro Majima, welcher zu der Zeit Besitzer eines Cabarets ist, aber nicht unbedingt freiwillig. Denn damit möchte er sich seinen Weg zurück zu den Yakuza erkaufen, wo er ausgeschlossen wurde, nachdem er es sich mit jemandem verscherzt hat. Beide Charaktere scheinen zu Beginn nichts miteinander zu tun zu haben, doch mit der Zeit verbinden sich die Schicksale beider im Kampf um das Empty Lot. Dabei bietet die Geschichte unzählige Charaktere, viele die man auch aus späteren Spielen kennt, und verbindet sie alle schlüssig, um eine Geschichte rund um Loyalität, Treue, Verrat und Rache zu erzählen, die wirklich packend ist.
Das Las Vegas von Japan
Yakuza 0 ist in mehrere Kapitel aufgeteilt, wovon jedes von einem der beiden Charaktere handelt und auch in zwei unterschiedlichen Stadtgebieten spielt. Es gibt nämlich Kamurocho mit Kiryu und Sotenbori mit Majima und beide Orte sind als offene Welt gestaltet. Man kann also durch die Straßen der Orte streifen, ein paar Läden besuchen und sich mit allerlei Zeugs die Zeit vertreiben, wenn man nicht gerade der Hauptgeschichte folgen möchte. Nur als Beispiel: Man kann Baseballabschläge üben, Poker, Billard oder Dart spielen, Frauen am Telefon zuhören, eine Immobilienfirma oder ein Cabaret führen und das ist nur ein Bruchteil der Möglichkeiten. Wer Lust hat, kann hier bestimmt über 100 Stunden investieren und dabei auf zum Teil sehr gut ausgearbeitete Minispiele zurückgreifen, die manchmal sogar kleinere Geschichten erzählen. Außerdem gibt es auch noch Sidequests, die man per Zufall auf offener Straße trifft. Mal hilft man hier einem Kind ein Spiel zu kaufen, dann muss man jemanden aus einer verrückten Sekte befreien oder den TV-Produzenten spielen. Leider gibt es die Möglichkeit, dass man die Sidequests einfach nicht mitbekommt, was bei der Fülle und Kreativität etwas Schade ist. Trotzdem machen all die Aufgaben Spaß und vor allem das Führen der Immobilienfirma und des Cabarets machen Spaß. Letzteres klingt vielleicht verrückt, aber plötzlich findet man sich vor dem TV und überlegt wie man seine Mädels am besten einkleidet, um beim entsprechenden Klientel am meisten Geld zu bekommen. Übrigens kann man manche der Minispiele sogar im Multiplayer lokal und online spielen und nach dem Durchspielen des Spiels gibt es noch einen Adventure-Modus, wo die Hauptgeschichte nicht stattfindet und man einfach so durch die Straßen streifen kann.
Street Rage
Wenn man sich aber nicht bei irgendwelchen Minispielen die Zeit vertreibt, wird man höchstwahrscheinlich in einem Kampf verwickelt sein. Denn immer wieder begegnen einem auf offener Straße ein paar Yakuza, Betrunkene oder andere Idioten, die meinen sie könnten es mit uns aufnehmen. Hier kommt dann das Kampfsystem des Spiels zu tragen, dass sich seit den PS2-Teilen nicht bahnbrechend verändert hat. Man teilt also leichte und schwere Schläge aus, kann Blocken und Ausweichen und muss sich meist gegen mehrere Gegner behaupten. Wer möchte kann hierbei noch zwischen mehreren Stilen wechseln, die unterschiedliche Fähigkeiten besitzen. Mal ist man besonders schnell, mal legt man die Gegner mit Breakdance-Moves auf Kreuz und dann kann man auch Gegenstände aus der Umgebung mit einbeziehen. Denn was gibt es schöneres als den Gegner mit dem Sofa eins über die Rübe zu ziehen? Das funktioniert besonders gut, wenn die Heat-Anzeige durch viele erfolgreiche Schläge aufgeladen wurde und man Spezialangriffe ausführen kann, die den Gegner besonders viel Lebensenergie kosten. Es dauert zwar etwas bis man alle Fähigkeiten und Stile freigeschaltet hat, aber dann entfaltetet das Kampfsystem wirklich seine Flügel und macht Spaß. Bis dahin wirkt es zum Teil ziemlich altbacken und frustrierend, weil alles nicht ganz so flüssig von Statten geht, wie man es aus anderen Spielen gewohnt ist. Nach einiger Zeit ändert es sich aber grundlegend und macht deutlich mehr Spaß und man prügelt sich nur so durch die Gegnermaßen.
Hübsch und doch altbacken
In Japan erschien Yakuza 0 sowohl auf der PlayStation 3 als auch auf der PlayStation 4, wovon wir nur die PS4-Version erhalten haben. Leider merkt man es dem Spiel zum Teil auch an. Denn manche Texturen sind recht niedrig aufgelöst, die Animationen wirken zum Teil recht hölzern und es fehlt an Freiheiten heutiger Spiele. Dafür belohnt einen das Spiel mit wunderbar detaillierten Charakteren, die zum Teil selbst für PS4 Verhältnisse sehr gut aussehen. Insbesondere in den Zwischensequenzen merkt man dies und hier kommt das gute Motion-Capturing zum Tragen, da viele der Charaktere auf echten Personen basieren und Ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Ansonsten bekommt man es mit einer ziemlich sauberen technischen Umsetzung zu tun, die nur mit etwas Tearing am oberen Bildschirmrand zu kämpfen hat, was das Spielgefühl aber nicht wirklich beeinträchtigt.
Kiryu-chan
Zum Erschrecken mancher besitzt Yakuza 0 keine englische oder gar deutsche Sprachausgabe, sondern nur über eine japanische Synchronisierung. Das klingt zwar im ersten Moment merkwürdig, tut aber am Ende enorm viel für die Atmosphäre, weil die Stimmen einfach passen und die Synchronsprecher offensichtlich motiviert bei der Sache waren. Immerhin gibt es englische Untertitel und Textboxen, denn ja, immer noch sind nicht alle Stellen vollständig synchronisiert. Vor allem viele Nebenaufgaben finden nur über unendlich viele Textboxen statt, was heute einfach nicht mehr Zeitgemäß ist. Ansonsten gibt es einen gewohnt guten Yakuza Soundtrack mit vielen elektrischen Gitarrensounds, die die Kämpfe perfekt unterstreichen, in den wichtigen Momenten aber auch ruhig sein können.
FAZIT:
Ich glaube die Yakuza Serie hat im Westen so einen schweren Stand, weil man beim Spiel sofort an verrückte japanische Minigames denkt. Das ist aber nur ein kleiner Teil des Spiels, weil es noch viel mehr gibt, was Spaß macht. Alleine das Führen eines Cabarets hat den Umfang eines kompletten Spiels und bietet so viele Möglichkeiten in die man eintauchen kann. Highlight war für mich jedoch die Geschichte des Spiels, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat und mit einigen Überraschungen und Wendungen aufwarten konnte. Ihren Teil dazu trugen sicherlich die vielen interessanten und überzeugenden Charaktere bei. Dann kann man auch über ein paar eher angestaubte Dinge in Sachen Technik oder Animationen oder dem sich erst spät entfaltenden Kampfsystem hinwegsehen. Yakuza 0 ist der perfekte Zeitpunkt um in die Serie einzusteigen und bietet enorm viel Spiel für sein Geld mit einer packenden Geschichte. Was will man mehr?
[ Review verfasst von crack-king ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 Pro mit einem 4k TV ]
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