Mein Preview zu FIFA 18 nach der Gamescom fiel nicht sonderlich überschwänglich aus. Trotzdem hat mich dies nicht abgeschreckt der Vollversion eine Chance zu geben und das Spiel ausführlich zu testen. Nach zahlreichen Spielen in allerlei Spielmodi ist es nun Zeit für die Abrechnung. Wo geht die Reise also hin für FIFA? Abstieg oder Champions League Sieg?
The same, but different
Auf den ersten Blick hat sich spielerisch in FIFA 18 wenig geändert. Doch nach etwas Zeit bemerkt man doch einige Änderungen, die das Spielgefühl beeinflussen. Aber fangen wir mit den einfachen Dingen an. So ist das Dribbeln ohne Ball, welches man per L1 ausführen konnte, in FIFA 18 nicht mehr enthalten. Offenbar haben die Spieler es nicht genutzt und sonderlich hilfreich war es auch nicht. Dafür sind weiterhin flache Schüsse und Kopfbälle dabei und auch die Freistoß- und Elfmetermechanik ist kaum geändert worden. Man kann jetzt nur nicht mehr nach dem Anlaufen den Winkel zum Ball ändern. Das wirkte im Vorgänger doch etwas merkwürdig. Neu ist der mittlerweile angesagte Anstoß mit nur einem Spieler im Mittelkreis. Die größten Änderungen findet man aber in der Defensive. Obwohl man die grundlegende Logik nicht sonderlich geändert hat, spielt es sich völlig anders. Dies liegt insbesondere daran, dass es deutlich schwerer fällt in Zweikämpfe zu kommen und diese auch zu gewinnen. Im Vorgänger konnte man sich durch einen Trikotzupfer quasi an den Gegenspieler heransaugen, was nun fast gar nicht mehr geht. Ist ein Spieler davongelaufen, gibt es kaum noch eine Möglichkeit ihn zu stoppen. Nicht mal durch ein Foul durch Trikotziehen.
Abwehr für Profis
Schafft man es doch mal in einen Zweikampf zu kommen, ist es nicht mehr so leicht durch simples Drücken von X den Ballführenden Spieler abzuschirmen und ihn so an einer Flanke zu hindern. Denn die KI hilft einem nicht mehr so sehr beim Abschirmen, wodurch eine simple Drehung bereits reichen kann, um vorbeizulaufen. Auch wurde das Verhalten beim Druck auf die Kreis-Taste geändert. Früher wurde sofort der Schritt zum Gegner gemacht und Zweikämpfe konnten leicht gewonnen werden. Neuerdings kann man diese Angriffe wie einen Schuss oder Pass aufladen, was dann die Stärke des Angriffs symbolisiert. Leider scheint dies kontextbasiert zu sein, wodurch oftmals gefühlt nicht das passiert, was man sich wünscht. Statt den Ausfallschritt zu machen, um den Angreifer aufzuhalten, wird dann z.B. mal am Trikot gezupft. Auch muss man selber die Richtung des Angriffs beeinflussen. Dies fällt auch bei den Grätschen auf, die lange nicht mehr so effektiv sind, wie in den Vorgängern. Alle Änderungen zusammen sorgen dafür, dass das Defensivverhalten viel anspruchsvoller geworden ist und auch Auswirkungen auf das Offensivspiel hat. Wer nun wieder Kick & Rush spielt, läuft Gefahr in einen Konter zu laufen, der durch die Gameplayänderungen deutlich schwieriger aufzuhalten ist.
Tor nach Schema F
Offensiv muss man sich daher manchmal zweimal überlegen, ob der tödliche Pass jetzt die richtige Wahl ist, um nicht den Ball zu verlieren. Stattdessen lohnt es sich manchmal eher hinten rum zu spielen und den Angriff neu aufzubauen, wie im echten Fußball. So bieten sich öfters auch neue Lücken in der Abwehr, die man dann gekonnt ausnutzen kann. Leider sind die Lücken recht oft dieselben. Die meisten Tore werden per Doppelpass oder durch eine Flanke eingeleitet, was dazu führt, dass man sich schnell an den Toren satt sieht. Etwas fragwürdig ist hierbei, dass die Spieler bei einem eingeleiteten Doppelpass blind nach vorne bis zur Abseitsstellung laufen. Dabei ist es irrelevant, ob der Doppelpass mit einem Abwehrspieler oder dem Angreifer eingeleitet wird. Dafür scheint man sich zumindest die Kritik an den Ping Pong Pässen angehört zu haben. Zwar sind diese oftmals, vor allem mit sehr guten Spielern, problemlos möglich. Aber je mehr Direktpässe man spielt, desto ungenauer werden diese und hin und wieder werden auch so ungenaue Pässe gespielt. Dies liegt oftmals auch an der Tagesform des jeweiligen Spielers. Besonders bemerkbar macht sich dies bei Flanken, die gerne mal völlig danebengehen. Hier ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung bemerkbar.
Der Torhüter ist die ärmse Sau
Kommt man dann zum Torabschluss, ist es dieses Jahr einfacher denn je einen Schuss zu verwandeln. Die Torhüter haben im kurzen Winkel offenbar einen toten Winkel und 90% der Schüsse gehen am kurzen Pfosten rein. Auch laufen die Torhüter nun deutlich später heraus, was die Sache auch etwas einfacher macht. Fernschüsse sind je nach Spieler leider ein fast schon garantiertes Tor. Diese sind viel zu stark und müssen definitiv abgeschwächt werden. Dabei macht es meist keinen Unterschied, ob man einen angeschnittenen oder harten Schuss vorbereitet. Außerhalb des Strafraums ist ein starker Fernschütze Goldwert. Eine weitere Neuerung ist zum Beispiel der Schnellwechsel, welchen man vor dem Spiel definieren und dann im Spiel während der Zwischensequenz einfach ausführen kann.
Die KI ist perfekt
In Sachen KI gibt es definitiv Fortschritte. Die KI ist nun deutlich aggressiver und zielstrebiger im Spielaufbau, was etwas mehr Spaß beim Offline-Spielen macht. Jedoch hat sie einen Drang dazu dabei absolut perfektes Passspiel zu betreiben, sodass es extrem schwer fällt den Ball an sich zu reißen. Teilweise kombiniert sich die KI mit Direktpässen bis zum Tor durch, unabhängig von der Mannschaft. Dabei kommt es auch viel zu oft zu Pfostenschüssen. Ansonsten fällt auf, dass es deutlich weniger Fouls gibt als im Vorgänger, obwohl es durchaus Berührungen gibt für die es Fouls geben könnte. Hier entscheidet der Schiedsrichter oft aber nicht mal auf Vorteil.
FIFA Ultimate Team
Online, insbesondere im Spielmodus FIFA Ultimate Team, ist wieder mal alles etwas schneller und arcadiger. Hier werden Attribute wie die Geschwindigkeit und Abschlussstärke besonders hervorgehoben und so stürzen sich alle auf ähnliche Spieler. Ansonsten gibt es hier recht wenig Änderungen. Weiterhin baut man sich Schritt für Schritt sein Traumteam auf, kann Spielerkarten mit anderen handeln und natürlich die bekannten Päckchen öffnen in der Hoffnung Ronaldo & Co. zu ziehen. Weiterhin gibt es die Saisons mit insgesamt 10 Divisionen, in denen man offline oder online gegen andere spielt, um in die nächstbessere Division aufzusteigen. Die Squad Challenges erlauben es euch dagegen eure Squads gegen andere Spieler antreten zu lassen und so Punkte zu verdienen.
Verhandlungstalent
Ein weiterer wichtiger Spielmodus ist natürlich auch der Karrieremodus, in dem ihr als Trainer einen Club leiten dürft. Hier müsst ihr euch auch um die Finanzen, das Training und Transfers kümmern und dort gibt es auch die größte Neuerung in dem Spielmodus. Die Verhandlungen werden nämlich in Zwischensequenzen geführt, in denen ihr eurem Käufer/Verkäufer gegenübersitzt und mittels Dialogoptionen verhandeln könnt. Dies ist eine nette Neuerung, wird aber auf Dauer etwas eintönig. Ohne Vertonung wirkt alles auch etwas merkwürdig. Ansonsten ist alles beim Alten geblieben in Sachen Karrieremodus oder auch Pro Clubs.
The Journey - Part 2
Der The Journey Modus ist natürlich auch wieder mit dabei und besser denn je. Wieder schlüpft man in die Haut von Alex Hunter, welcher nach der letzten Saison noch bei Liverpool spielt und dort zu einem der Stars aufgestiegen ist. Eure Aufgabe ist es nun seine Karriere weiterhin erfolgreich zu gestalten und erlebt zudem was auch Abseits des Platzes im Leben von Alex Hunter passiert. Dies geschieht in Form von Zwischensequenzen und vielen Dialogen, die ihr selber steuern könnt. Insgesamt ist der Spielmodus gelungen, vor allem, weil die Geschichte sogar relativ gelungen ist und man immer wieder motiviert wird alles zu geben. Zudem verstehen es die Entwickler das Spielgeschehen immer wieder mit Änderungen aufzulockern, sodass es nicht zu eintönig wird. Leider bleiben zwei der größten Kritikpunkte weiterhin bestehen. So trifft man auf Trainer wie Jürgen Klopp oder Diego Simeone, welche im Spiel aber stumm bleiben und das Training an fiktive Personen abgeben. Hier hätte man mit den sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten der Trainer für deutlich mehr Stimmung sorgen können. Außerdem ist The Journey am Ende des Tages sehr strikt im Spielverlauf und so fühlt es sich nicht immer, wie die eigene Geschichte an, sondern eben wie die, welche die Entwickler sich wünschten. Etwas mehr Freiheiten wären sicher wünschenswert.
Stagnation
Technisch ist FIFA 18 nun schon die zweite Version, welche mit EAs Allzweckwaffe “Frostbite” läuft. Leider wartet man vergeblich auf den erhofften grafischen Sprung. So gibt es ein paar neue Effekte und Animationen, zum Beispiel, wenn ein Spieler den Ball in die Weichteile bekommt. Aber unterm Strich ist der Sprung im Vergleich zu FIFA 17 vernachlässigbar und wenn man es mit den hauseigenen Spielen, wie Madden vergleicht, wirkt FIFA 18 fast schon altmodisch. Insgesamt merkt man dem Spiel mittlerweile die Stagnation im technischen Bereich an. Die Spieler sehen bei der Konkurrenz viel besser aus, Animationen sind zwar zahlreich vorhanden, aber die Übergänge sind nicht immer perfekt und vernünftige Wetteranimationen sucht man immer noch vergeblich. Dafür stimmt ansonsten die Bildqualität und auch Bildrate. Leider ist das Spiel nicht ganz bugfrei. So konnte ich im Karrieremodus keine Wechsel mehr durchführen und nur ein Neustart half da. Solche Fehler ist man von FIFA kaum gewohnt.
Der Wahnsinn des Fußballs
Ein Punkt, wo FIFA 18 glänzen kann, ist definitiv die Atmosphäre. Hier macht man keine Kompromisse und fängt den Wahnsinn des Fußballs perfekt ein. Das fängt zum Beispiel bei den Fans ein, die noch abwechslungsreicher sind und nun im Spiel auf die Spielaktionen mit Buhrufen oder Klatschen reagieren. Bei Toren passiert es auch schon mal, dass die Menge auf der Stehtribüne hinter dem Tor völlig ausflippt und sich zum Spielfeldrand drängt, um mit dem Spieler zu feiern. Solche Dinge sind wirklich gelungen. Auch die Kommentatoren machen einen guten Job und erzählen vielerlei interessante Infos, die zu den spielenden Mannschaften passen. Leider wiederholt sich einiges davon etwas zu häufig. So kann ich gar nicht mehr hören, wie oft das Stadion von Atletico Madrid neu gebaut wurde. Leider passen die Kommentare auch nicht immer ganz zum Spielgeschehen. Da wird dann schon mal vom Einwurf geredet, während der Ball weit und breit nicht im Aus ist. Übrigens ist der The Journey Modus nun von Haus aus auch auf Deutsch spielbar. Die Stimmen sind alle gelungen und Stimmen von Spielern wie Thierry Henry sind weiterhin auf Englisch mit Untertiteln. Wer möchte kann aber die Stimmen auch gegen die englischen austauschen.
FAZIT:
In Sachen Atmosphäre macht FIFA 18 niemand etwas vor. Hier liefert man wieder ab und das gipfelt in dem guten The Journey Modus, welcher den kompletten Wahnsinn gekonnt einfängt. Leider gibt es auf dem Platz ansonsten eher durchwachsenes Gameplay. So erkennt man zwar die Änderungen, aber nicht alles geschieht unbedingt zum Guten und FIFA Ultimate Team spielt sich weiterhin komplett anders. Auch die Technik wirkt mittlerweile altbacken und so fragt man sich, warum FIFA nun seit Jahren auf der Stelle tritt. Weder technisch noch spielerisch scheint man gewillt zu sein den nächsten Schritt zu gehen. Trotzdem ist FIFA 18 weiterhin FIFA und wer früher Spaß hatte, wird es auch dieses Mal haben.
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