Spiele im Warhammer 40K-Universum gibt es wie Sand am Meer und gefühlt jede Woche kommt ein neues raus – vor allem für Smartphones. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eher mittelmäßige bis schlechte Kost. Ist die verbesserte Enhanced Edition von „Deathwing“, welches bereits vor mehreren Monaten auf dem PC erschien, die glorreiche Ausnahme? Ich finde es heraus...
Die drei Terminatoren vom Schrottplatz
Die Story ist ebenso schnell erzählt wie unspektakulär: Ich schlüpfe in die Terminatorenrüstung des Deathwing, der gefürchteten 1. Kompanie der Dark Angels. Ich werde auf eine Mission geschickt, eine Ansammlung von vielen ineinander verkeilten Schiffen im All, dem namensgebenden Space Hulk, zu untersuchen, um zum einen die dort einfallenden Tyraniden auszurotten und zum anderen ein paar Artefakte aus der Vergangenheit des Ordens der Dark Angels zu finden.
Jedes Level ist dabei ein anderes Schiff des Space Hulks, dass es zu durchqueren und zu sichern gibt, während ich nebenher versuche, herauszufinden, was mit den Dark Angels in der Vergangenheit passiert ist. Das klingt allerdings spannender als es ist. Vorangetrieben wird die ohnehin schon dünne und uninteressante Story durch Storyfetzen im Briefing vor jedem Level und in kleinen Sequenzen und Unterhaltungen in den Levels selbst. Nur Warhammer40K-Fans dürften sich wirklich für das interessieren, was dort geredet wird. Für den Rest ist die ganze Warhammer-Terminologie schlichtweg unwichtig und schnell wieder vergessen. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass ich von so einem Titel keine Knaller-Story erwarte. Aber ein bisschen interessanter wäre schön gewesen.
Post-Industrielle Gotik in Vollendung
Wenn die Story schon nichts hergibt, dann sind Atmosphäre und Gameplay doch sicherlich Bombe! Nun... ja und nein. Was Deathwing wirklich sehr gut transportiert, ist die Atmosphäre. Das Innere der Schiffe besteht aus vielen engen, verkommenen und desolaten Gängen im dunklen futuristischen Design, unterbrochen von größeren und hohen Hallen mit Reaktoren, Kathedralen, Bibliotheken und anderer Bombastarchitektur im WH40K-typischen gotischen Stil. An den Wänden hängen Reinheitssiegel, um die Maschinengeister des Space Hulk zu besänftigen, riesige Maschinen verrichten ihre Arbeiten und eine gigantische Glocke füllt ein Skriptorium aus (inklusive einem dumpfen Laut, wenn ich auf sie schieße), das voller alter Bücher liegt. Hier und da verstecken sich hinter riesigen, prunkvollen Portalen Computerterminals und Kontrollräume oder riesige Statuen vergangener Helden säumen große offene Hallen. Und alles ist mehr oder weniger im Halbdunklen versunken, so dass es dem Scheinwerfer meiner Rüstung bedarf, um Licht ins Dunkel zu bringen. Das führt uns zu dem, was in der Dunkelheit auf mich und meine beiden KI-Waffenbrüder wartet...
Die Xenos sind Legion!
Die Xenos sind die Tyraniden, eine Rasse von fiesen Biestern, die nicht nur ein bisschen an H.R. Gigers Alien und die dazugehörigen Filme erinnern. Und sie kommen von überall. An jeder Ecke verzeichnet meine Minimap mögliche Spawnpunkte, das sind zum Beispiel offene Rohre und Luftschächte oder Löcher in der Decke. Ebenfalls an Alien erinnert mein Bewegungssensor, der mir die grobe Richtung anzeigt, in der Bewegungen stattfinden. Und wenn mich dann ein kleiner Schwarm Tyraniden aus der Dunkelheit anspringt, steigt die Anspannung schon an, denn die Bedrohung ist nie vorüber. Die Gegner spawnen unendlich neu, es gibt tendenziell wenig Ruhe und auch Erkundungszüge durch das Level sind und bleiben so gefährlich, trotz meiner eigentlich überlegenen Ausrüstung. Aber genauso bietet diese Mechanik auch Nervpotenzial, denn im Laufe des Levels muss ich auch viel Backtracking betreiben und durch bereits bekanntes Terrain zurücklaufen. Und hier immer auf Schritt und Tritt von neuen Wellen attackiert zu werden, ist irgendwann zu viel, so dass man einfach nur noch das Level beenden möchte, obwohl in der ein oder anderen unerforschten Ecke noch Artefakte auf mich warten.
Damit kommen wir zum nächsten großen Punkt: Der Ausrüstung. Terminatoren sind die schwersten Rüstungen, die ein Space Marine tragen kann. Sie sind riesig, langsam und sehr schwer. Springen, ducken, in Deckung gehen – das ist alles nicht drin. Ist auch nicht nötig, denn eigentlich ist ein Terminator selbst die Deckung. Auf der einen Seite bleibt man damit dem Quellmaterial treu, auf der anderen Seite sind das Standards, die von den meisten Spielen heutzutage verlangt werden. Ich persönlich finde es gut, dass man sich an das Original gehalten hat. Zudem verfügt meine Spielfigur noch über zauberspruchähnliche Psyker-Fähigkeiten wie Blitze und Feuersäulen. Zu guter Letzt kann ich auch noch Geschütztürme hacken und Türen verrammeln, so dass ich den Gegnern den Weg abschneiden kann und nicht von hinten überrascht werde. In der Praxis fällt das allerdings zu wenig ins Gewicht, vor allem die Türme sind absolut nutzlos.
Nach jeder Mission darf ich je nach gefundenen Artefakten und meiner sonstigen Performance Punkte in drei Skill-Bäumen verteilen. Einer macht mich stärker, der zweite meine KI-Kämpfer und der dritte schaltet neue Psyker-Skills frei. Es gibt nicht genug Punkte, um alles freizuschalten, ich muss mich also entscheiden. Und dann sind da natürlich noch die Waffen. Ganz WH40K-typisch sind sie riesig, großkalibrig und machen ordentlich Radau. Deathwing ist wohl das einzige Spiel, welches eine Option besitzt, um die Intensität des Mündungsfeuers einzustellen. Kenner lassen sie natürlich auf Maximum, denn es trägt viel zur Atmosphäre bei, wenn der Sturmbolter dumpf sein Magazin durchrattert und ich für einige Augenblicke nichts Anderes mehr sehe als das riesige Mündungsfeuer, die Körper und Gesichter der Tyraniden, die stroboskopartig aufblitzen und dann meistens in einer Fontäne von Blut wieder verschwinden. Zur Verfügung stehen eine Haupt- und eine Nahkampfwaffe: Vom Sturmbolter über Autokanonen, Plasmakanonen mit sechs Läufen, Flammenwerfern, Blitzklauen und einer Schwert / Schild-Kombination ist alles dabei und lässt sich so auf den eigenen Spielstil und die Gegner anpassen.
Zusammen in die Schlacht, Waffenbrüder!
Neben dem neun Missionen umfassenden Singleplayer gibt es auch noch Spezialmissionen. Das sind Missionen auf den Karten der Kampagne mit zufällig generierten Zielen und leichten Änderungen der Karte, z.B. sind hier und da Gänge blockiert und ich muss eine (meist längere) Route zum Ziel nehmen. Das sorgt zumindest für einige Stunden für mehr Wiederspielwert. Natürlich gibt es auch einen Multiplayer. Auch hier habe ich die Möglichkeit, die Singleplayer-Karten oder die Spezialmissionen zu spielen, allerdings mit maximal vier Spielern und nicht nur zwei KI-Kumpel wie im Singleplayer. Hier kommen die verschiedenen Klassen ins Spiel. Offline bin ich auf den Bibliothekar festgelegt, Online gibt es noch weitere Klassen, jede mit eigenen Fähigkeiten und Waffenbeschränkungen. Zusätzlich lassen sich die Klassen noch personalisieren mit Rüstungen, Verzierungen und Fähigkeiten. Bezahlt werden diese Anpassungen über Lootkisten und Valor, einer Währung zum Kauf von Ausrüstungsteilen. Für jede gespielte Mission verdiene ich XP und beim Levelaufstieg erhalte ich eine Lootbox mit einer Anpassung und einer Summe Valor, die ich für weitere Dinge ausgeben kann. Das motiviert ein wenig, aber auch nicht ewig, obwohl die Missionen mit drei anderen Spielern sehr viel mehr Spaß machen als allein. Auch wenn ab und zu die Performance zu wünschen übrig lässt, wenn es hoch her geht, tut es dem Spielspaß keinen Abbruch.
FAZIT:
Alles in allem ist „Deathwing“ nicht der erhoffte große Wurf, aber um Längen besser als der letzte Ego-Shooter im WH40K-Universum (Tau Firewarrior). Wer mit Warhammer 40K nichts am Hut hat, dürfte nur wenig Spaß haben, alle anderen können sich hier 10 Stunden im Singleplayer und etliche mehr im Multiplayer gut unterhalten und vor allem die Atmosphäre auf sich wirken lassen.
[ Review verfasst von Sanguinis ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 auf einem 1080p TV ]
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