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Fallout 76
9. Dezember 2018

Die Leute von Bethesda hatten in den letzten zehn Jahren echt einen guten Lauf. Spiele wie Fallout 3, Fallout 4 und Skyrim haben die amerikanische Spieleschmiede rund um Todd Howard zu einem echten Big Player in der globalen Videospiel-Industrie gemacht. Doch wer nach den Sternen greift, kann sich auch ganz schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen wiederfinden. Denn bereits die Beta zu Fallout 76, mit dessen Vollversion wir uns beschäftigen, wie ihr es sicher bemerkt habt, verhieß nichts Gutes. Zocker aus der ganzen Welt beschwerten sich über viel zu viele Bugs und langweilige Missionen. Ob Bethesda die Vollversion dennoch noch retten konnte, oder ob das neuste Fallout-Abenteuer am Besten in einer nuklearen Pilzwolke verglühen sollte, erfahrt ihr in den kommenden Zeilen.

Alles hat einen Anfang

In der Welt von Fallout haben wir seit der Geburt der Serie aufm PC vor vielen, vielen Jahren etliche Abenteuer durchlebt, Dutzende von interessanten Charaktere kennengelernt und unzählige unglaubliche Geschichten mitverfolgt. Doch mit Fallout 76 haben die Entwickler die Zeit nun ganz weit zurückgedreht. Denn wir schlüpfen in die Haut der ersten Vault-Bewohner, die nach dem großen Krieg und dem Fall der Atombomben ihre Kämmerchen als erstes verlassen haben. Demzufolge ist in Appalachia, ein riesiges Gebiet im östlichen Teil der USA, bislang kaum etwas los. Während man in den alten Fallout-Teilen auf lebendige Städte und große Menschen- bzw. Mutanten-Mengen traf, ist dieses Land auf dem ersten Blick fast leer. Doch auf dem zweiten Blick stellt man fest, dass nicht alles so ruhig ist, wie man anfangs vermutet hat. Während man nämlich durch die dichten Wälder und über die zerbröselten Straßen geht, trifft man auf allerlei Wesen, die die Apokalypse überlebt haben bzw. erheblich von ihr beeinflusst wurden, wie zum Beispiel zweiköpfige Kühen, riesige Nagetriere, die so groß wie Hunde sind, und grässliche Mutanten. Zusätzlich trifft man aber auch auf zahlreiche heruntergekommen Schauplätze. Egal ob verweste Kleinstädte, verlassene Flughäfen, oder gespenstige Shopping-Malls. Diese Orte haben definitiv Charakter und passen absolut zum unheimlichen Grundgefühl von Fallout 76.

Doch was in dieser Welt komplett fehlt, sind weitere Menschen. Auf der einen Seite macht dies zwar Sinn, weil wir es mit dem ersten Tag nach der Öffnung der Vaults zu tun haben, auf der anderen Seite fehlt jegliche Spur von Überlebenden, die es entweder außerhalb der Vaults geschafft haben, oder die bereits vor euch in das Land zurückgekehrt sind. Stattdessen gibt es neben den Serien-bekannten Riesenmutanten nur noch die sogenannten Scorched. Hierbei handelt es sich um Menschen, die im Krieg nicht durch die Bomben gestorben sind, sondern durch eine mysteriöse Krankheit, der man im Laufe dieses Abenteuer auf die Spur geht. Dieser Mangel an lebendigen Kreaturen hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Story, da es Quest-Geber im altbekannten Sinne nicht mehr gibt. Stattdessen ist man nur noch von Kassetten, Computer-Terminals oder Robotern abhängig, die einem von Punkt A nach Punkt B schicken, um dort entweder irgendeinen Gegenstand zu suchen, oder irgendwelche Monster zur Strecke zu bringen. Dieses recht geradlinige Prozedere ist anfangs noch erträglich, wird aber später schnell langweilig. Gelegentlich gibt es Missionen, die durch überraschende Wendungen oder neuartige Gegnerformen etwas Spannung in den postapokalyptischen Alltag bringen, aber größtenteils wird man nur mit langweiligen Fetch-Quests abserviert. Hier fehlt mir eindeutig die Kreativität aus vergangenen Serienablegern.

Miteinander oder gegeneinander

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass Fallout 76 ein Online-Spiel ist? Ja, in der Tat. Erwartet jedoch kein Rollenspielepos a la World of Warcraft. Denn was das Ausmaß der Online-Konnektivität angeht, befindet sich Fallout 76 auf einem recht überschaubaren Level. Ähnlich wie in Destiny betritt man die Welt stets mit bis zu 24 anderen Spielern, die auf der Map als kleine weiße Punkt dargestellt werden. Was das Miteinander angeht, kann man mit den anderen Zockern entweder gemeinsam Quests nachgehen und sogar Waren handeln. Wer möchte kann sich auch in der direkten Konfrontation miteinander messen, wobei der Angegriffene diesem erst zustimmen muss. Falls er das nicht macht, kann man zwar weiterhin angeschossen werden, aber der Schaden ist derart gering, dass er nicht wirklich weiter auffällt. Dennoch bleibt oft ein Gefühl der Einsamkeit. Laut Bethesda besitzt das Spiel die größte Fallout Map aller Zeiten. Dies bedeutet im Umkehrschluss dann auch, dass man aufgrund der überschaubaren Anzahl von 24 Charakteren nur selten auf andere Gesichter trifft. Selbst in Destiny, welches ebenfalls in einer postapokalyptischen Welt spielte, hat man mehr Kontakt zu anderen Spielern, was das Geschehen etwas interaktiver macht. Und apropos Destiny: Wie auch bei Activisions Sci-Fi Shooter gibt es hier und da spezielle Live-Events, wo man mit mehreren Leuten diverse Missionen erfüllen muss, um coole neue Gegenstände zu bekommen. Aber auch hier herrscht kaum Kommunikation. Man warpt sich zum Ort des Events, erledigt seine Mission, und geht wieder seinen eigenen Weg. Ebenso enttäuschend ist die fehlende Dauerhaftigkeit des eigenen Online-Daseins. Da man nach jedem Spielstart einen neuen Server betritt, können Elemente, wie zum Beispiel die eigene Basis jederzeit aufgelöst und wieder in eurer Inventar befördert werden. Dank Blaupausen kann man diese Camps jedoch recht schnell wiederaufbauen. Alles in allem bleibt halt die Frage, ob dieser Online-Fokus wirklich von Nöten war. Natürlich kann man die Missionen gemeinsam mit Freunden bestreiten, was definitiv Spaß macht, aber hätte man dies nicht auch in einer riesigen Online-Kampagne machen können, die in ihrer Struktur mehr den vorherigen Teilen ähnelt? Es scheint einfach so, als hätte man einfach auf den Survival-Games Zug aufspringen wollen. Und anstatt dabei, dass Meiste aus dem Fallout-Universum zu ziehen, haben die Entwickler meiner Meinung nach nur nach das Nötigste unternommen, um dem Namen gerecht zu werden. Schlussendlich fehlen mir halt klassische Aspekte, wie zum Beispiel unterhaltsame NPCs oder Dialogoptionen, die aus diesem Spiel noch mehr hätten machen können.

Schuss in den Ofen?

Was das Gameplay angeht, fällt zunächst einmal das miserable Waffen-Handling negativ ins Auge. Man hätte meinen können, dass Bethesda in diesem Bereich inzwischen mehr Erfahrung haben sollte, aber falsch gedacht. Im Vergleich zu Call of Duty or Destiny ist das Zielen der Waffe eine Farce, und oftmals ungenau und schwammig. Selbst wenn man sich in unmittelbarer Nähe zum Gegner befindet, ist es äußerst schwer genau auf die Schwachstellen des Kontrahenten zu zielen. Zur Abhilfe gibt’s wenigstens die Rückkehr des VATS-Systems. Da Fallout 76 jedoch in einer Online-Welt stattfindet, läuft es etwas anders ab als in den Offline-Titeln. Statt die Zeit anzuhalten, fungiert VATS als eine Art Zielhilfe, deren Laufzeit von der Menge eurer Ausdauer abhängt. Ist die Ausdauer weg (und das ist sie oft in Fallout 76) lässt sich auch VATS nicht mehr benutzen. Das System ist zwar nicht perfekt, aber hilft einem dabei, den postapokalyptischen Alltag etwas angenehmer zu gestalten, da das Zielen ohnehin schon sehr schwierig ist. Komplett neue Features sucht man jedoch umsonst. Wie auch in anderen Fallout-Spielen liegt der Fokus darin, allen möglichen Schrott einzusammeln, neue Waffen zu bauen, die riesige Welt zu besichtigen, und den Kampf gegen allerlei Monster zu gewinnen. Trotz aller Kritik muss ich jedoch zugestehen, dass ich ab und an schon etwas Spaß mit dem Spiel hatte – vor allem nach der kurzen Eingewöhnungsphase. Es ist einfach die Fehler zu sehen, aber ich kann nicht verleugnen, dass das Bewandern der riesigen Welt schon Spaß machen kann. Vor allem wenn man auf Orte oder Gebäude trifft, die mit besonderen Quests versehen wurden. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich mich in den letzten Jahren so gut wie kaum mit Fallout und Survival-Games beschäftigt habe, wodurch ich nicht komplett ausgebrannt war. Auch wenn nicht alle Quests sonderlich unterhaltend sind, oder das Lesen von Texten oder das schleppende Zuhören von Audiotapes irgendwann ermüdend wirkt, habe ich mich dennoch dabei ertappt, jeden Abend zurück in die Welt von Fallout 76 zu reisen (es sei denn die Wartungsarbeiten haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht). Denn ähnlich wie auch in Red Dead Redemption 2 kann sich auch das Herumschlendern durch die verschiedenen Umgebungen von Fallout 76 recht entspannend anfühlen, sofern man nicht gerade von Mutanten attackiert wird. Mitunter habe ich es wirklich genossen, einfach nur umherzuwandern, und mehr über die verschiedenen Ortschaften kennenzulernen, oder herauszufinden wie es dort vor den Bomben war. Was dieses Gefühl jedoch meist unterbrochen hat, war das ständige Aufpoppen eures Durst- oder Hungermeters. Ja klar, dies ist halt ein fester Bestandteil von Survival-Games, aber vor allem zu Beginn ist es relativ schwer halbwegs gute Hilfsmittel zu bekommen, ohne direkt vergiftet oder verstrahlt zu werden. Ein weiteres Problem liegt auch darin, dass man zur Herstellung von Medikamenten, Waffen, Möbeln und Chemikalien die dazugehörigen Blaupausen zur Herstellung der jeweiligen Werkbänke suchen muss. Anderenfalls ist man davon abhängig die jeweiligen Stationen inmitten der zahlreichen Städte zu suchen. Wer möchte kann zwar auch echtes Geld verwenden, um weitere Blaupausen zu erwerben, aber angesichts des zu geringen Gegenwerts und der ansonsten zweifelhaften technischen Qualität des Spiels, würde ich jedem davon abraten.

Wann kommt eine neue Grafikengine?

Auch bei der Technik zeigt sich Fallout 76 von seiner negativen Seite. Rein grafisch holt das Spiel nämlich nicht viel aus der PS4 Pro raus. Hier und da gibt’s einige sehenswerte Momente - wenn zum Beispiel die Sonne durch die Blätter der dichten Wälder scheint - aber abseits davon gibt es meist nur matschige und hässliche Texturen zu sehen. Bodentexturen, oder auch Innenräume sind nicht sehr hoch aufgelöst, und wirken schlicht und einfach nicht mehr zeitgemäß. Ganz schlimm sind auch die Ruckler ausgefallen, die vor allem bei Spielstart vorkommen, und das Spiel zu einer Dia-Show verkommen lassen. Dieser Zustand nimmt zwar nach einer gewissen Zeit ab, aber komplett ruckelfrei bleibt das Geschehen dennoch nie. Ebenso merkwürdig ist das Spawn-Verhalten von Gegnern. So ist es mehrmals vorgekommen, dass ich ein Gebäude betreten haben, und plötzlich von einer riesigen Menge an Gegnern attackiert wurde, und nicht den Hauch einer Chance hatte. Dies kann das Abenteuer schon erschweren. Darüber hinaus mangelt es den Gegnern an einem guten Physik-System, da es abgesehen von einer kleiner werdenden Lebensanzeige kaum Feedback für die eigenen Attacken gibt. Was den Sound angeht, gibt es überraschenderweise wenig zu bemängeln. Sämtliche Synchronsprecher geben eine gute Leistung ab, ohne jedoch großartig aufzufallen. Dies ist zugegebenermaßen aber auch schwierig, wenn man ihre Geschichten nur durch Audiotapes vorgelegt bekommt. Hier und da gibt es doch noch einige melodische Melodien, die vor allem in den ruhigen Momenten sehr gut zum Geschehen passen.

FAZIT:

Fallout 76 könnte mal ein gutes Spiel werden. Unter den vielen Schichten von Müll, Bugs und miserablen Texturen liegt ein Spiel, welches durchaus überzeugen kann. Derzeit bleibt jedoch nur ein übler Beigeschmack übrig. Denn Fallout 76 ist weder die langerwartete Fortsetzung, die sich Serien-Fans gewünscht haben, noch ist es der neue Standard im ohnehin längst überfüllten Survival-Genre. Es wäre einfach das Spiel als „Cash Grab“, auf Deutsch: eine schnelle Geldeinnahme mittels einer beliebten Marke oder eines beliebten Genres, zu bezeichnen. Dennoch lässt sich in diesem Mischmasch ein grundsolider Kern erkennen, der mit vielen Patches theoretisch noch hervortreten könnte. Aber sollte man für die Hoffnung „eines irgendwann mal guten Spiels“ tatsächlich einen Preis zwischen 30 bis 60 Euro ausgeben? Definitiv nicht.

[ Review verfasst von Dimi ]

[ Gespielt auf der PlayStation 4 Pro mit 4KTV ]

Pluspunkte:

  • Eine große Spielwelt
  • Viel Loot
  • Ein paar interessante Missionen hier und da

Minuspunkte:

  • Viele Bugs und Abstürze
  • Grafisch enttäuschend
  • Einsame Online-Welt



Infos zum Spiel
NameFallout 76
SystemPlayStation 4
PublisherBethesda Softworks
EntwicklerBethesda Softworks
GenreRollenspiel
USKkeine Jugendfreigabe
PEGI18+
Preis69,99 €
PlatinumNein
Release
 14.11.2018
 14.11.2018
 15.11.2018
Spielerzahl1-24
SpracheDeutsch
Englisch
TexteDeutsch
Englisch
MehrspielermodusJa
Online spielbarJa
Online FunktionenJa
Speicherbedarf43.94 GB
HeadsetJa
720pJa
1080pJa
PlayStation 4 ProJa
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Screenshot Galerie
Fallout 76
Gameplay
6.5
Atmosphäre
6.0
Grafik
5.5
Sound
6.0
Spielspass
5.5
 

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