Die V-Rally-Serie hatte ihre Höhepunkte auf der PS1. Der erste Teil schwamm auf der damaligen Euphorie um den Rally-Sport mit und wurde ein überraschender Verkaufserfolg. Der Nachfolger verbesserte das Spiel in allen Belangen deutlich und gilt bis heute als bester Serien-Titel. Teil 3 erschien erst im Jahr 2002 für die PS2 und bot vor allem einen prächtigen Detailreichtum. Gameplaytechnisch war das Spiel aber Sonys „WRC“ und Codemasters „Colin McRae“-Reihe unterlegen. Danach war erst einmal Schluss, da die verantwortlichen Eden Studios sich mit „Test Drive Unlimited“ dem Open World Rennspielgenre zuwandten. Nun ist die Serie mit neuem Publisher und Entwickler zurück, wir klären, ob das Comeback gelungen ist.
Alles auf Anfang?
Wirklich viel Vertrauen erweckt der neue Entwickler, Kylotonn Racing, nicht. Deren „WRC“ Spiele sind ziemliches Mittelmaß und das arcadige „Motorcycle Club“ war und ist absolutes Desaster. Doch nach einer Handvoll Rennspielen, müssen die Franzosen ja mal den Dreh raushaben, oder? „V-Rally 4“ präsentiert sich äußerst schlicht. Von der Vergangenheit keine Spur. Auch der neue Fokus besteht nicht mehr auf konsolentauglichen Aracde-Handling, sondern auf einem Pseudo-Simulations Gefühl. Zwar kann man das Spiel immer noch gut mit dem Joypad steuern, aber griffig fühlt sich das Fahrverhalten nie an. Dazu kommt die merkwürdige Physik, die einerseits realistisch wirken soll, anderseits auch zu absurden Abflügen von der Strecke führt. Die verschiedenen Untergründe sind – in Anbetracht des Gebotenen – ordentlich umgesetzt. Asphalt bietet ungemein viel Grip, Schotter weniger und Schnee bzw. gefrorenes Eis bietet ausreichend Gefahr zum Schlittern. Wirklich zum Tragen kommt das aber nur bei den Rally-Events. Die restlichen Modi wirken dann doch eher ergänzend, aber niemals gleichberechtigt.
Einmal rund um die Welt
Herzstück sind wie gesagt die Rally-Etappen und da gibt es in „V-Rally 4“ mehr als genug inkl. verschiedener Untergründe und Tageszeiten. Man startet im Grand Canyon, dann geht es durch das staubige Kenia, über Schneepisten in Sibirien und enge Straßen in Japan bis zu den tropischen Schlammwegen in Malaysia. Die Länge der Strecken ist angenehm und grafisch wird viel Abwechslung geboten. Nur manchmal wäre eine deutlichere Kennzeichnung der Pisten wünschenswert gewesen, zumal der Beifahrer seine Ansagen mitunter zu spät vorliest (vor allem vor engen Kurven). In den Rally-Cross Rennen tritt man auf abgesteckten Kursen gegen KI-Gegner an und muss die Rennen gewinnen. Dabei sollte man die extra-Verlängerung (Joker-Runde) strategisch einsetzen. Mitunter verkommen diese Events aber zu Destruction Derby Karambolagen und sind mit 6 Runden viel zu lang. Am meisten Spaß machen die Bergrennen. Hier rast man ohne Beifahrer und Streckeninfos in einem schnellen Flitzer über extrem-lange Etappen den Berg rauf bzw. runter und versucht Zeit-Rekorde aufzustellen. Der Untergrund ist immer asphaltiert, weswegen das Auto über einen sehr guten Grip verfügt. Das Geschwindigkeitsgefühl ist perfekt und die Umgebungen (USA, China, Rumänien) sind äußerst exotisch. Die Buggy-Herausforderungen sind dagegen nur okay, hier wäre vor allem kursmäßig mehr drin gewesen und die Gymkhana Rennen, in denen man auf Zeit schwierige Kurse absolvieren muss, ohne Hütchen umzustoßen, sind in meinen Augen besser umgesetzt, als in den „Dirt“-Spielen von Codemasters, aber auf Dauer auch eintönig. Diesen beiden Modi fehlt es einfach an Umfang und somit an Tiefe.
Der ewige Krampf
Die Kampagne ist relativ offen gestaltet. Man stellt ein Team von Ingenieuren ein, kauft ein lizenziertes Auto in der jeweiligen Kategorie und bestreitet diverse Events. Der Schwierigkeitsgrad ist strikt vorgegeben, Mit einem Kategorie 1 Fahrzeug braucht man keine Drei-Sterne Rennen zu bestreiten. Da hat man trotz fehlerfreien Fahrens keine Chance. Selbst wenn man sein Auto aufmotzt – ohne das passende Fahrzeug kann man es sich schenken, die lohnenswerteren Meisterschaften anzugehen. Dementsprechend dümpelt man anfangs bei den einfachen Events herum und spart sich ein entsprechendes Auto zusammen. Natürlich machen sich Schäden am Fahrzeug bemerkbar (und werden vom Preisgeld abgezogen) und die Crew will auch bezahlt werden, sodass man einen Gameplay-Loop vorfindet, der fahrerisches Können nicht wirklich fördert. Den Schwierigkeitsgrad kann man bei den einzelnen Herausforderungen zwar anpassen, aber nicht bei den Meisterschaften. Auch verwunderlich ist das System, wann die Meisterschaften auftauchen, oder Events überhaupt – so kann es passieren, dass man eine Zeitlang keine Rally oder Buggy-Rennen bestreiten kann, weil diese auf der Karte nicht auftauchen. Insgesamt ist der Karriere-Modus dadurch ziemlich gewöhnungsbedürftig und wird übermäßig aufgeblasen, um den Spieler eine Vielzahl von Möglichkeiten vorzugaukeln. Daneben gibt es noch ein paar Mehrspielermodi und ein paar Autos als kostenpflichtigen DLC – letzterer lohnt sich aber nicht.
Achtung Abhang!
Grafisch reißt der Titel keine Bäume raus, läuft aber mit seinen 30 Bildern pro Sekunde mittlerweile auch auf der normalen PS4 ziemlich stabil. Lediglich die Bildqualität könnte besser sein. Das Bild wirkt insgesamt etwas matschig und einzelne Pixelkanten flimmern auf einigen Strecken. Die Ausleuchtung ist zum Teil auch verbesserungswürdig, da die Umgebungen oftmals dumpf und flach wirken. Schade ist zudem, dass man pro Fahrzeug gerade einmal eine Lackierung geschenkt bekommt, oder man plagt sich mit dem umständlichen Editor herum. Die optionale Cockpitperspektive gewinnt auch keinen Schönheitspreis, ist aber spielbar. Die Wettereffekte hätten dagegen schon etwas detaillierter ausfallen können (wenn das ein Schneesturm sein soll, dann herrscht in Deutschland jedes Jahr ein Jahrhundertwinter – Ha!) Beim Sound nerven die Asphaltquietscher und der in Dauerschleife abgespielte Song im Menü. Der Rest geht soweit in Ordnung und der dt. Beifahrer macht einen passablen Job.
FAZIT:
So richtig gelungen ist die „Wiedergeburt“ nicht. Anstatt die dreihundertste Rally-Simulation zu programmieren, hätten die Entwickler lieber den Fokus auf ein vernünftiges Arcade-Handling legen sollen. Denn genau das hat die Serie ausgemacht. Immerhin gibt es genügend Abwechslung und einen gewissen Spielspaß kann man „V-Rally 4“ auch nicht absprechen – interessanter als die trockenen WRC-Spiele ist es allemal. Trotzdem bleibt der Titel bestenfalls für Rennspielfans interessant und das auch nur zum Budgetpreis.
[ Review verfasst von .ram ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 und einem 1080p TV ]
Pluspunkte:
Abwechslung durch unterschiedliche Spielmodi
Viele Fahrzeuge
Bergrennen machen echt Laune
Minuspunkte:
Karrieremodus aufgeblasen und nicht wirklich fordernd
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