Bevor dank Harmonix der große Boom der Musikspiele im Jahre 2005 mit “Guitar Hero” begann und jede Party damit überrollt wurde, führte das Genre eher ein Nischendasein und Fans wurden vor den 2000er Jahren mit teils obskuren Titeln hauptsächlich aus Fernost bedient. Neben Spielen wie “Beatmania”, “Dance Dance Revolution” und “Samba de Amigo”, wo Zusatzhardware von Vorteil war, gab es noch andere Rhythmusspiele wie “Bust a Groove”, “Vib Ribbon”, “PaRappa the Rapper” oder “Gitaroo Man”, welche man mit einem handelsüblichen Controller steuerte. Ein weiterer Titel der kurz vor der Jahrtausendwende erschien und in diese Kerbe schlug, war “Space Channel 5” aus der Feder des genialen Tetsuya Mizuguchi für Sega´s glücklosen Dreamcast. Fleißigen Lesern meiner Reviews wird der Name sicher nicht unbekannt sein, schwärme ich doch gefühlt in jedem zweiten Review von ihm. Zuletzt bei “Rez Infinite” und “Tetris Effect”. Daher sei auch auf diese zwei Reviews verwiesen, will man mehr Lobeshymnen über ihn lesen. Bei “Space Channel 5” (wurde wie der Nachfolger später auch auf die PS2 portiert) handelt es sich ganz nebenbei auch um das erste Spiel von Mizuguchi, welches direkt auf einer Heimkonsole erschien (er war vorher ausschließlich in der Arcade zu Hause) und Sega wollte, dass es sich vorrangig an Frauen und Casual Gamer richten sollte.
Ulalaaaa <3
Oh ja - Ulala. So heißt nicht nur die Spielfigur in “Space Channel 5“. Es dürften auch die ersten Worte sein, die sich im Gehirn des Spielers bilden, wenn man die flotte Reporterin das erste Mal in Bewegung sieht. Ulala - Selten gab es damals eine solch geschmeidig animierte und detaillierte virtuelle Figur auf dem Bildschirm. Hinzu gesellte sich ein Soundtrack, der den jazzigen Big Band Sound der 1960er atmete und einfach famos ins Ohr ging, sowie eine stilsichere Präsentation im futuristischen Retro Look.
Aber der Reihe nach…
Das originale “Space Channel 5” war ein typisches Rhythmusspiel seiner Zeit, wo der Sinn darin bestand mittels Controllereingaben (hoch, runter, links, rechts, Feuerknopf) die Bewegungen der Charaktere im Takt nachzumachen. Sprich, ein Charakter zeigt dem Spieler eine Abfolge von Bewegungen, die es anschließend nachzuahmen gilt. Kommt man aus dem Takt oder vergisst eine Bewegung, verliert man Energie oder muss die Szene oder den Level von neuem angehen. Damals war das Fenster einer korrekten Eingabe zudem sehr klein bemessen, weshalb das Original recht schwer war und wohl nur wenige Gelegenheitsspieler das Ende des ca. einstündigen Abenteuers sahen.
Bei der Neuauflage in VR verzichtet man nun auf den Standard Controller als Eingabegerät und lässt beim Spieler nun nicht mehr nur die Finger tanzen, sondern den ganzen Körper. Benötigt werden bei “Space Channel 5 VR: Kinda Funky News Flash!” zwingend Move Controller und Körpereinsatz, um die Bewegungen nachzuahmen. Dies bringt viele Vorteile, aber auch wenige Nachteile mit sich. Der Vorteil ist ganz klar, dass das Spielkonzept jetzt um einiges intuitiver daherkommt, da man die Bewegungen nun 1:1 mit dem eigenen Körper nachahmt. Der Nachteil ist allerdings, dass das Spiel dadurch extrem leichter geworden ist, da auch das Fenster der Abfrage gefühlt sehr großzügig verlängert wurde. Man muss schon ein sehr schlechtes Taktgefühl besitzen, um hier Fehler zu begehen. Eher vergisst man einen Move, statt ihn im falschen Takt auszuführen. Das einem zudem neue Herzen spendiert werden, wenn man Abfolgen korrekt wiedergibt, ist ebenfalls kontraproduktiv, denn all das sorgt dafür, dass das Vergnügen recht schnell vorbei ist. Bezahlt man nämlich den Originalpreis von 45 Euro, ist man bei einem Verhältnis von 1:1 zur Spielzeit. Sprich 1 Euro für 1 Minute Spiel. Ulala - Das ist schon arg frech.
Money for value?
Wobei das schon sehr großzügig ist, da bei mir bereits nach guten 30 Minuten der Abspann über die Linsen flimmerte. Moment, schrieb ich zwei Absätze weiter oben nicht etwas von einer Stunde? Tja, “Space Channel 5 VR: Kinda Funky News Flash!” ist keine 1:1 Umsetzung eines der Originale, sondern besteht aus Versatzstücken des ersten und ein paar Elementen des zweiten Teils. So wurde nicht nur der Cameo von Michael Jackson gestrichen, sondern auch ganze Level und Spielabschnitte. Zwar gibt es weiterhin vier Level, doch ist der Umfang dieser sehr eingeschränkt, was die Abwechslung innerhalb der Levels betrifft. Im Gegensatz zu den ersten beiden Abenteuern sind die Level nun statisch, spielt nur auf einer “Bühne” und bewegt sich nicht auf vorgegeben Bahnen zum nächsten Tanz-Battle.
Ulala - Abermals mehr als frech.
Abseits der vier Level umfassenden Story gibt es nur noch eine 100 Level Challenge in einer eher tristen Umgebung, wo man einfach nur ohne großes Drumherum die Bewegungen des Charakter Jaguar nachahmt. Das war’s auch schon, sieht man von ein paar Steckbriefen der Charaktere, einem Anfänger Mode (den keiner braucht) und einem Cinema Mode ab. In letzteren könnt ihr die Story aus drei verschiedenen Blickwinkeln verfolgen, aber nicht eingreifen.
Kurz noch einen Abstecher zur Story. Man selbst spielt in der VR Interpretation nicht Reporterin Ulala, sondern einen Frischling bei Channel 5. In einem kurzen Tutorial wird einem schnell das Gameplay erklärt, bevor einem die Nachricht ereilt, dass in einem Raumhafen eine Invasion stattfindet und Aliens (sogenannte Morolians) die Menschen zum Tanzen zwingen. Neben den Raumhafen führt uns das Abenteuer noch in einen intergalaktischen Fahrstuhl, durch einen Asteroidengürtel und abschließend in einen futuristischen Konzertsaal. Technisch ist der Titel übrigens sehr durchschnittlich. Ulala schaut noch immer bezaubernd aus und bewegt sich stilvoll durch die Szenerie, die Animationen der restlichen Charaktere sind jedoch lange nicht mehr Up to date und auch die Level sind nicht sonderlich detailliert oder liebevoll gestaltet. Der Retro Chic kommt im Prinzip nur im ersten Level zur Geltung. Immerhin bleibt man von Schwindel und Übelkeit verschont, da man sich die ganze Zeit auf der gleichen Position befindet und sich nichts weiter auf dem Bildschirm tut. Übel wird einem nur, wenn man an die in den Wind geschossenen 45€ denkt.
FAZIT:
Puh, ich hatte mich echt auf “Space Channel 5 VR: Kinda Funky News Flash!” gefreut und auch als ich das Spiele startete, die Musik hörte und Ulala erschien hatte ich echt gute Laune. Doch als ich nach 30 Minuten den Abspann sah, war ich schon etwas geschockt. Ich hatte mega viel Spaß, der Soundtrack geht weiterhin ins Ohr (und nun auch in die Beine) und auch der Stil ist noch immer cool, doch hätte ich dafür 45€ geblecht, wäre ich echt sauer. Letztendlich ist die VR Interpretation von Space Channel 5 nicht mehr als ein Appetizer (sprich News Flash *ha ha ha*) und längere Demo, welche nicht mehr als 15€ kosten dürfte. Hinzu kommt, dass vieles was die Originale ausmachten einfach weggekürzt wurde. Die Szenarien sind statisch und auch das ganze Drumherum in Sachen Präsentation und Story ist eher dünn. Es gibt zwar kryptische Zwischensequenzen, doch sind diese nur wenige Sekunden lang und ergeben zum Ende hin keinen Sinn. Es tut mir in der Seele weh, den Titel derart abstrafen zu müssen. Schade um sexy Ulala, den tollen Soundtrack und zeitlosen Stil. Ich hoffe zumindest, dass der kommende DLC mit dem Hatsune Miku Crossover kostenlos sein wird, um die Fangemeinde wenigstens etwas zu besänftigen.
[ Review verfasst von Shagy ]
[ Gespielt auf der PlayStation 4 Pro und PlayStation VR ]
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