Es gibt Spiele, über die kann man unendlich viele Seiten schreiben oder über mehrere Stunden lang sprechen. Manchmal gibt es dann aber auch wieder Titel, wo einem wirklich die Spucke weg bleibt. Zu Letzterem gehört unser anderem Babylon’s Fall, welches im März 2022 von Square Enix für PS4 und PS5 veröffentlicht wurde. Warum das Spiel trotz großer Namen im Hintergrund leider am Ende nur eine kleine Wertung bekommen hat, erfahrt ihr in den kommenden Zeilen.
Game of Babylon?
Ich erinnere mich noch gut, wie Babylon’s Fall im Sommer 2018 im Rahmen der E3 Konferenz von Square Enix angekündigt wurde. Beworben als ein partnerschaftliches Projekt zwischen Platinum Games und Square Enix sah das Spiel dank eines gelungen CGI Trailers zunächst wie ein interessanter Mix aus Nier und Game of Thrones aus. Aber so plötzlich wie das Spiel ans Licht kam, verschwand es danach auch wieder. Ein Wiederaufleben des Titels fand dann erst wieder im Jahr 2021 statt, wo Babylon’s Fall als GAAS-Titel (Game as a Service) erneut für PS4, PS5 und den PC angekündigt wurde. Ein durchaus mutiges Projekt, wenn man bedenkt, dass mit einem solchen Live-Titel enorm viel Arbeit mit einhergeht. So muss das Spiel nicht nur von Anfang an das Interesse der Gamer gewinnen, sondern selbiges im Anschluss auch wieder mit zahlreichen Add-Ons und Updates neu entfachen. Und während Square Enix mit FF14 bereits ein großer Erfolg in diesem Bereich gelungen ist, zeigen andere Titel wie Marvels Avengers, dass ein Happy End nicht immer garantiert ist.
Destiny für Arme
Doch wie schaut es mit Babylon's Fall aus? Ähnlich wie in Destiny gibt es zu Beginn erstmal eine ausführliche Exposition über die Welt von Babylon’s Fall. Als Spieler schlüpft man in die Rolle der sogenannten Sentinels (bzw. Wächter in der dt. Version), deren Aufgabe es ist, den naheliegenden Turm von Babylon zu erstürmen und dabei eine Reihe von mehr oder weniger mächtigen Bestien zu erlegen. Umgarnt wird dieser simple „Gameplay-Hook“ mit einer noch simpleren Story, in der man nach und nach die Geheimnisse des Turms sowie der Sentinels selbst offenbart. Zu keiner Zeit hat mich die Erzählung jedoch wirklich gepackt. Die Charaktere weisen kaum Tiefe auf und die ab und zu auftretenden Story-Wendungen sind kaum der Rede wert. Erzählt wird die Geschichte außerdem in langweiligen und oftmals statischen Zwischensequenzen - wo die Charaktere meist nur leblos rumstehen - sowie in noch langweiligeren Bilder-Galerien, die in einem solchen Titel eigentlich nichts zu suchen haben. Epische CGI-Sequenzen a la Final Fantasy sucht man beispielsweise vergebens. Und eigentlich ist die Story rund um den Turm von Babel nur Mittel zum Zweck. Im Grunde geht es nämlich einfach nur darum, nach und nach die Stufen des Monuments zu erklimmen, wo verschiedene Monster auf euch warten. Die Level an sich wurden dabei recht linear gehalten und bieten nur wenig Entdeckungsspielraum an. Stattdessen rennt man nur schnurstracks von einer Battle-Arena zur Nächsten. Am Ende eures Weges wartet dann schließlich immer ein Boss auf euch, ehe das Spiel einem dann in bester GAAS-Manier nach Kampfende zurück in die Hub-Welt befördert. Die Hub-Welt selber erinnert dabei an typische Genre-Vertreter wie zum Beispiel Destiny, wo man innerhalb eines kleinen geschlossenen Bereiches auf verschiedene Händler und Quest-Geber trifft. Und das war es auch schon. Interessante NPCs oder verschiedene Ebenen zum Entdecken hat die Hub-Welt nicht zu bieten. Ganz streng gesehen, hätte man dem Spieler auch einfach nur ein simples Obermenü zur Verfügung stellen können, da der eigentliche Hub-Bereich eh nichts anderes zu bieten hat, außer die Möglichkeit mit ein paar langweiligen NPCs ein paar Worte zu wechseln, Missionen anzunehmen und In-Game-Herausforderungen abzuschließen.
Was die Missionen an sich angeht, verfügt jede Stufe des Towers über mehrere Abschnitte, die man nach und nach absolvieren muss. Lobenswert ist die Tatsache, dass man jedes Level mit bis zu vier Spielern angehen kann. Und um ehrlich zu sein, kann ich ein gemeinsames Angreifen auch nur empfehlen, da es die Gegner schon relativ früh im Spiel ganz schön in sich haben, und man alleine schnell Probleme bekommt, da die Masse an Feinden im Alleingang ziemlich schwer zu schlagen ist. Wer überraschenderweise jedoch keine Freunde mit einer eigenen Kopie von Babylon’s Fall besitzt, kann immerhin noch auf die Online-Matchmaking-Funktion zurückgreifen. Doch selbst in der Woche der Veröffentlichung war das Matchmaking mit enormen Wartezeiten verbunden, was für die Langlebigkeit des Titels schon ein wenig besorgniserregend ist. Ein gemeinsamer Angriff mit bis zu vier Spielern war zum Beispiel nur selten möglich - stattdessen war ich oftmals schon froh darüber mit einem oder zwei weiteren Spielern, die Missionen beginnen zu können. Und das obwohl das Spiel sogar Crossplay zwischen PlayStation und PC-Zockern unterstützt, was durchaus lobenswert ist. Und nervig ist auch die Tatsache, dass einem das Spiel nach einer gewissen Zeit des Wartens automatisch alleine in die Mission schickt, was angesichts des knackigen Schwierigkeitsgrades schon nervig ist. Habe ich keine Lust auf den Multiplayer-Aspekt, reicht ein Betätigen der Dreiecks-Taste, um das Level zu beginnen. Aber jedes Mal automatisch das Level betreten zu müssen - weil es Matchmaking gescheitet ist - nur um es dann wieder manuell zu beenden, ist einfach uncool.
Gameplay von der Stange?
Wenn man bedenkt, dass Babylon’s Fall eine ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Platinum Games und Square Enix ist, kommt man erstmal auf den Gedanken, dass zumindest beim Gameplay absolute Profis am Werk sein sollten. Und um ehrlich zu sein, ist das Gameplay auch das geringste Problem von Babylon’s Fall. In bester Nier und Bayonetta Manier schnetzelt man sich nämlich wie gewohnt durch die verschiedenen Gegnerwellen. Als Spieler kann man dabei sowohl auf physikalische Waffen setzen, die mit den Action-Buttons betätigt werden, aber auch auf zwei spektrale Waffen, die mittels der Schultertasten aktiviert haben, und deren Nutzung von einer Ausdauer-ähnlichen Energieleiste abhängt. Als Spieler muss man dabei also immer einen guten Rhythmus finden, wobei der Kampf am Ende doch oftmals nur in wildes Button-Smashing ausartet, da aufgrund der hohen Gegneranzahl häufig einfach zu viel auf dem Bildschirm los ist und auch die Kamera meist nicht mit dem Chaos mithalten kann. Neben dem simplen Eindreschen empfiehlt es sich aber auch gekonnt auszuweichen. Dieses Ausweichen erinnert dank der Zeitverlangsamung sehr an Bayonetta, was zeigt, wie viel Potential so ein Multiplayer-Brawler von Platinum eigentlich hätte. Stattdessen metzelt man sich durch zahlreiche Gegnerhorden, die zwar nicht sehr intelligent sind, aber immerhin relativ gut anzuschauen sind. Hier merkt man definitiv, dass wenigstens die Monster-Designer ihre Kreativität frei entfalten konnten. Weniger kreativ war man hingegen beim Loot, welches man nach Ende jeder Kampfrunde in großen Mengen einsammelt. Die Kostüme und Waffen werden zwar nach und nach immer stärker und resistenter, aber wirklich gut aussehen tun sie nicht. Weitere kosmetische Aufwertungen findet man darüber hinaus sowohl im angebotenen Battle-Pass als auch im Ausrüstungs-Store in der HUB-Welt, wo man entweder gegen In-Game-Währung oder auch gegen Bargeld weiteres Equipment beschaffen kann. Letzteres würde ich an dieser Stelle jedoch definitiv nicht empfehlen, da die hässlichen Items ihr Geld einfach nicht wert sind. Alles in allem ist es einfach enttäuschend, dass ein solches Spiel trotz zahlreicher Experten im Hintergrund einfach nicht über den Status eines simplen Button-Smashers hinaus kommt. Etwas Abwechslung beim Gameplay gibt es höchstens durch die elementaren Unterschiede in den einzelnen Umgebungen - zum Beispiel muss man in einigen Gebieten aufpassen, dass man beim Kampf nicht in heiße Lava reinfällt - sowie bei den Bullet-Hell-ähnlichen Zwischengegnern, die mit Ihren Partikelgeschossen ein wenig an die Monster von Returnal und Nier erinnern. Ab und zu funkt halt tatsächlich dieses besondere Etwas von Platinum auf - aber in der Gesamtbetrachtung leider viel zu selten.
Grafik & Sound
Babylon’s Fall sieht aus wie ein PS3 Spiel.
Nein, das ist keine Übertreibung, sondern eine Tatsache. Abgesehen von ein paar Partikel-Effekten, die vielleicht noch das PS4 Niveau erreichen, sieht das Spiel absolut grauenhaft aus. Anscheinend haben sich die Entwickler bei der grafischen Aufbereitung des Titels für einen Pinsel- bzw. Pastellton entschieden, aber was es am Ende ist, ist ein überraschend unausgereiftes und technisch wenig anspruchsvolles Produkt von einem der bekanntesten (und eigentlich auch fähigsten) Entwicklungsstudios der Welt. Hätte man am Ende eventuell nur eine PS4 Version veröffentlicht, hätte man diesen grafischen Flop vielleicht noch auf mögiche Entwicklungs- oder Hardwareprobleme schieben können, aber angesichts der Tatsache, dass wir hier eine richtige PS5 Version des Spiels erhalten haben, verstehe ich einfach nicht, was sich die Entwickler hier bei diesem Pixel-Brei gedacht haben. Das einzig Positive ist die relativ stabile Framerate und das gute Matchmaking, welches ohne große Probleme von Statten läuft (abhängig natürlich von der Anzahl an Spieler online). Die Ladezeiten hätten in Anbetracht der schnellen PS5 Festplatte hingegen etwas zackiger sein können. In Sachen Sound umfasst das Spiel immerhin noch einen eigens komponierten Soundtrack, der oftmals recht episch klingt und auch gut anzuhören ist. Und bis auf einige Ausnahmen - wo manch ein Akzent meiner Meunung nach etwas zu übertrieben präsentiert wird - kann man auch den Synchronsprechern nichts Böses vorwerfen.
FAZIT:
Satz mit X, das war wohl nichts. Babylon’s Fall ist ein simpler GAAS-Titel, bei dem weder Gameplay, Story noch die Grafik nur annähernd überzeugen können. Ambitionslos beschreibt den Titel noch am Besten. Angesichts der uninspirierten Optik und des eintönigen Gameplays, in dem man eine Monsterhorde nach der nächsten zur Strecke bringt, erscheint auch das allgegenwärtige Anbieten von Microtransactions und Season-Passes fast schon zynisch. Zwar ist es in der Vergangenheit vielen GAAS-Spielen gelungen, aus einem grausigen Start im Laufe der Zeit noch etwas Gutes herauszuholen, aber wenn man bedenkt, dass selbst Marvels Avengers sehr schnell in Square Enix’ Ungnade gefallen ist, erwarte ich auch bei Babylon’s Fall keine Besserung in der nahen oder fernen Zukunft. Aus diesem Grund: Finger Weg!
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