2003, Leipzig, Games Convention: In einer kleinen, versteckten Ecke auf dem Big Ben Stand entdeckte ich damals ein Spiel der deutschen Entwicklern Neon Studios und verliebte mich sofort. Legend of Kay`s Grafik und chinesisches Setting haben mich sofort angesprochen, leider gab es aber Probleme mit dem Vertrieb und das Spiel verschwand kurzzeitig von der Bildfläche. Eigentlich hätte der Titel nämlich schon vor einem Jahr, Anfang 2004 erscheinen sollen. Auf der G|C im August 2004 kam das Spiel jedoch wieder zum Vorschein. Diesmal allerdings auf dem Stand von JoWood und ich merkte, dass ich immer noch verliebt war. Im Februar 2005, also mit rund einem Jahr Verspätung, hat das Spiel endlich den Weg in meine PS2 gefunden und ich war gespannt, ob mich das Spiel nach so langer Zeit immer noch begeistern würde.
Es war einmal in einem fernen Land...
Und ja...ich bin immer noch genauso begeistert wie damals. Die Geschichte um das mystische Land Yenching wo die Völker der Katzen, Frösche, Hasen und Pandas friedlich und nach alten Lebensweisheiten zusammenleben, fasziniert von der ersten Sekunde an. Durch gewisse magische Brunnen aus Singendem Stein und dem magischen Wasser darin - welches Körper und Geist stärkte - glaubten alle an „Den Weg" und das Gute in jedem. Doch mit der Zeit wurden die Völker selbstgefällig und „Der Weg" geriet in Vergessenheit. Als dann die Brunnen versiegten und das Böse in den Lebewesen wuchs, sahen die Gorillas ihre Chance, verbündeten sich unter anderem mit den Ratten und fielen über das Land her. Als die Gorillas auch noch die Kampfschule im Katzendorf schließen, platz unserem Kater Kay der Kragen und er macht sich auf eine lange Reise, um das Böse zu vertreiben. Aber nur wenn die Völker auf den Pfad ihres alten Glaubens finden, kann die Finsternis endgültig besiegt werden. Das ganze Abenteuer wird dabei immer anhand von sehr schön gezeichneten und teilweise animierten Panels über mehrere Seiten erzählt, wodurch eine tolle Atmosphäre entsteht.
Nachdem man sich von seinem Meister etwas langatmig in die Kampfkunst einweihen lies, macht sich Kay auf in die fernöstliche Welt und reist von seinem Dorf aus nacheinander in die Dörfer der anderen Völker. Leider ist alles sehr linear gehalten und der Weg fest vorgeschrieben. So gibt es zwar einige Nebenmissionen, doch diese beschränken sich meist darauf geheime Schalter zu finden und so entweder an viel Geld, Waffen oder Rüstungen zu gelangen. Auch ist es sehr schade, dass man nicht mehr in ältere Abschnitte zurückkehren darf, falls man z.B. etwas vergessen hat. Die eigentlichen Missionen sind zudem sehr „old schoolig" gehalten und ihr müsst eigentlich immer nur einen Schlüssel, Edelstein oder Schalter finden, um die Aufgaben zu lösen. Richtige Rätsel hab ich bis auf ein paar Schiebeaufgaben nicht entdecken können. Das soll uns gleichzeitig als Überleitung zum nächsten Punkt dienen, dem Schwierigkeitsgrad. Auf „Leicht" braucht man das Spiel eigentlich gar nicht erst anzufangen, da man hier eindeutig unterfordert wird (so verlor ich kein einziges Leben im gesamten Spiel). Selbst wenn man in einen Abgrund fällt oder ertrinkt (unser Held kann nur begrenzte Zeit schwimmen), bekam ich immer nur einen Energiepunkt abgezogen und durch die sehr guten Rücksetz- und Speicherpunkte fielen lange Laufwege ebenfalls aus. Ebbe in der Kasse herrscht auch nie, wodurch ich mich regelmäßig mit schönen Rüstungen, Waffen und Kraftverstärkern eindecken konnte. Selbst die Endgegner machten mit der richtigen, leicht zu findenden, Strategie keinerlei Probleme, wie auch die Jump & Run Einlagen. Einzig an den verschiedenen Wildschweinrennen (alternativ auch mit Wölfen und Drachen) kam ich öfter ins Schwitzen. Diese Einlagen sorgen jedoch für Abwechslung und passen auch gut in das restliche Spielgeschehen. So slidet man im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Wildschwein oder Wolf durch enge Kurven oder räumt mit dem Drachen und seiner Feuerattacke Mienen aus dem Weg.
Jak von Persien ist unterwegs in Hyrule und trifft Dante
Während man beim Setting neue Wege ging, bedient sich das eigentliche Spielkonzept an etlichen anderen Spielen aus den verschiedensten Genres. So turnt unser Kay ähnlich wie der Prinz von Persien an Stangen durch die Lüfte und setzt den Gegnern mit Schwert, Krallen oder Hammer - wobei man alle Waffen mit Upgrades verbessern kann - in ausgefallenen Combos zu. Dabei funktioniert das Zielsystem bedeutend besser als bei dem Ubi Soft Action Adventure. Sobald man einen Gegner erledigt hat, erscheint eine Comboanzeige auf dem Bildschirm und Pfeile die auf alle Gegner zeigen. Nun braucht Ihr nur noch die „Dreieck" Taste und den Analogstick in die entsprechende Richtung zu drücken und unser Kay nimmt sich den dort warteten Gegner mit einem Salto zur Brust. Dies funktioniert auch in der Luft und wie Dante (Devil May Cry) metzelt ihr euch von Gegner zu Gegner. So könnt Ihr übrigens auch an versteckte Orte gelangen, indem man immer den nächsten Gegner der über einem ist anvisiert. Falls jemand strategisch an die Kämpfe herangehen will, so kann sich dieser alá Link (Zelda) um die Feinde rollen und so von hinten attackieren, oder zum Wurf ansetzten und zwischen den einzelnen Waffen im Kampf schnell hin und her schalten, um die beste Wirkung zu erzielen. Aber nicht nur Gegner können „missbraucht" werden, um entlegene Orte zu erreichen, an vielen Stellen befinden sich auch so genannte Zongs. Um weiterzukommen müsst ihr diese Glocken zerschlagen und die jeweils nächste anvisieren, wieder zerschlagen und so weiter. Hier kommt allerdings das Problem hinzu, dass man während des Fluges teilweise die Waffe wechseln muss, da einige Zongs nur mit dem Schwert, der Kralle oder dem Hammer zerstört werden können. Die Steuerung in den Kämpfen ist wie gesagt einfach perfekt gelungen und so macht es „tierisch" Spaß sich durch die Horden von Ratten, Gorillas, Krokos und Schildkröten (tolle Ninja Turtels Homage) zu metzeln. Bei der Vielzahl von Feinden verlässt sich aber nur ein Naivling allein auf seine Waffe. So könnt ihr beim Händler noch einige Gimmicks wie Bomben, Kraftverstärker oder Hornissenbehälter kaufen. Mit der L2 Taste schalte man im Kampf schnell durch das Menu und mit der L1 Taste aktiviert Ihr den Gegenstand. Natürlich gibt es beim Händler noch andere nützliche Sachen wie Herz-/Magiecontainer, Auffrischer für Lebens- und Magieenergie, sowie ein Wässerchen welches euch für 10 Sekunden das Bild färbt und ihr somit versteckte Dämonentore ausfindig machen könnt. Hinter diesen Toren verstecken sich Geld und Gegenstände. Auch recht nützlich ist eure Magieattacke, welche die Lebensenergie aller nächstliegenden Feinde absaugt und einfach durch halten der Angriffstaste betätigt wird. Nebenbei bleiben die Gegner sogar liegen, wenn man sie erledigt hat und in späteren Levels türmen sich dadurch die Leichen in einigen Abschnitten ziemlich hoch. Apropos Abschnitt, wenn ihr einen Raum/Abschnitt mit Gegnern betretet kommen diese nicht einfach auf euch zugestürmt, sondern es kommt erst mal zu einem kleinen und zumeist sehr witzigen Dialog. So ist die deutsche Stimme von Kay nicht nur aus der Serie Futurama (Fry) bekannt, sondern hier ist die Stimme genauso frech und Wortgewand wie eben Fry und da ja alle Charaktere aus dem Tierreich kommen, werden auch extrem viele Tierwitze gerissen, überhaupt kommt der Spaß in den Dialogen nicht zu kurz. So sagt einem z.B. ein Hase: "Mein Name ist Hase und ich weis von nichts.", oder bei einem Kampf kommt von Kay schon mal ein trockenes: "Ich bin der Rattenfänger von Hameln!".
Technik anno 2003
Aber nicht nur Kay hat eine tolle deutsche Stimme erhalten, auch bei den anderen Charakteren haben sich die Entwickler nicht lumpen lassen. So bekommt man etliche bekannte Stimmen zu Gehör und abgefahrene Dialekte. So reden die Frösche - wie sollte es auch anders sein - Französisch, die Drachen in höflichem Britisch und die Schildkröten in Hessisch. Das verleiht dem Spiel einen ganz eigenen, tollen Charme. Ebenfalls zur Stimmung trägt der Soundtrack bei, der wunderschöne fernöstliche Melodien besitzt und zum mitschwingen einlädt. Das Grafikgrundgerüst von Legend of Kay basiert auf der Renderware Engine (Burnout) und ist leider etwas zwiespältig ausgefallen. Auf der einen Seite sind die Animationen sehr liebevoll umgesetzt, der Hauptdarsteller besitzt zudem eine schöne Mimik und bewegt sich sehr geschmeidig (wie es sich für einen Kater eben gehört) und auch die restlichen Charaktere werden detailliert dargestellt. Auch an Effekten wie Funken, Flammen und Lichteffekten gibt es nichts auszusetzen und es wird viel fürs Auge geboten. Selbst die Levelgrafik überzeugt durch abwechslungsreiche Settings und einer großen Farbpalette. Auf der anderen Seite, ist die Sichtweite besonders in den Sümpfen und Wäldern störend gering und die Framerate geht regelmäßig in die Knie. Bei den Kämpfen bleibt jedoch alles flüssig, wodurch ich eher denke, dass die Slowdowns durch eine schlechte Optimierung des Streaming Verfahrens enstehen.
FAZIT:
Besser gut geklaut als schlecht selbst erfunden. So wurde spielerisch zwar viel von bekannten Titeln übernommen, hervorragend in das eigene Spiel eingefügt und mit eigenen Ideen erweitert, trotzdem wirkt hier rein gar nichts aufgesetzt oder hingeschludert. Besonders die sehr gute Steuerung, das tolle Gameplay und die liebevolle Inszenierung haben es mir angetan und ich kam nicht mehr vom Spielen weg. Für mich war Legend of Kay seit dem ersten Anspielen damals, mein persönlicher „Most Wanted" und ich wurde letztendlich auch nicht enttäuscht. Wer ein wunderschönes, leicht verdauliches Adventure mit Charme, Witz und deftigen Prügeleinlagen sucht, wird hier auf jeden Fall sehr gut bedient werden! Mein ganz persönlicher Geheimtipp aus deutschen Landen, der hoffentlich auch die Anerkennung bekommt, die das Spiel verdient. Hier merkt man noch deutlich, dass die Programmierer Spaß an der Sache hatten und sich in die Arbeit richtig reingekniet haben.
[ Review verfasst von Shagy ]
Pluspunkte:
- Grandiose Steuerung
- Tolles Setting und Atmosphäre
- Hochklassige deutsche Sprachausgabe
Minuspunkte:
- Framerateeinbrüche
- Sehr linear
- Zu leicht