Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als Capcom den ersten Trailer zu „Exoprimal“ veröffentlicht hat. Denn wer denkt beim Anblick einer rothaarigen Protagonistin und einer Horde von Dinosauriern nicht zuerst an eine mögliche Ankündigung eines lang erwarteten „Dino Crisis“ Sequels. Umso größer war dann die allgemeine Verwunderung, als der Schriftzug „Exoprimal“ über den Bildschirm lief. Nun gut, nicht das, was wir erwartet haben, aber schon ganz cool. Wo sonst kämpft man schließlich gegen Horden an Dinosauriern in diesen Tagen? Und nachdem das Spiel im März 2022 erstmals vorgestellt wurde, folgte nun im verregneten Sommer 2023 die Veröffentlichung der Vollversion. Ob der Multiplayer-Action-Shooter allerdings gut genug ist, um sich in diesem dicht besiedelten Genre einen Namen zu machen, erfahrt ihr in unserem neuesten Review.
Und sie kamen aus dem Nichts
Obwohl „Exoprimal“ im Grunde ein reiner Multiplayer-Shooter ist, wurde das Spiel mit einer kleinen Story ausgestattet, die dem ganzen Geballer (etwas mehr oder weniger) Sinn gibt. So spielt die Handlung in naher Zukunft, wo Dinosaurier aller Art - von Raptoren bis zum T-Rex - aus dem Nichts durch Portale in die moderne Zeit gelangt sind, wo sie jede Menge Schaden angerichtet haben. Um diesen Monstern entgegenzutreten, wurden die Exofighter geschaffen, die mittels ihrer mächtigen Kampfanzüge in der Lage sind, den Horden von Dinos den Garaus zu machen. Im Rahmen einer solchen Auslöschungs-Mission wird eure Truppe allerdings selber in eines dieser Portale geschleudert. Auf der anderen Seite angekommen findet sich eure Mannschaft schließlich in einer alternativen Zeitlinie wieder, wo man quasi gezwungenermaßen immer wieder an sogenannten Wargames – also Kriegsspielen - teilnehmen muss, um einer unterhaltungs-bedürftigen KI neue Kampfdaten zu übermitteln. Und auch hier bestehen eure Gegner aus den anfangs angesprochenen Dinosauriern, die quasi wie Dauerregen auf euch prasseln. Ich möchte mich an dieser Stelle jedoch kurzfassen: Denn die Story ist mehr Beilage, um den aneinander gereihten Missionen etwas Tiefgang zu vermitteln. Nach einer gewissen Anzahl an Missionen folgt dann immer eine kleine Zwischensequenz, die die Geschichte vorantreibt und weitererzählt. Die meisten Inhalte bekommt man jedoch im Hauptmenü des Spiels vermittelt, wo Story-Passagen in Form von Codec-ähnlichen Standbildern und Gesprächen erzählt werden, wie man sie zum Beispiel auch bei der „Metal Gear Solid“ Reihe hatte. Und selbst als großer MGS Fan muss ich zugeben, dass diese Art von Story-Telling schon sehr altbacken ist. Und obwohl ich nichts gegen trashige Geschichten habe – Hey, „Dino Crisis“ war jetzt auch kein Oscar-Anwärter, aber dennoch jederzeit spannend – muss ich zugeben, dass mich „Exoprimal“ zu keiner Zeit wirklich gepackt hat. Es hilft auch nicht, dass sämtliche Hauptprotagonisten absolut keinen Charme besitzen und man nur in geringfügigem Maße an ihrer Mission interessiert ist.
Bis die letzte Hülse fliegt
Doch was hilft meistens, wenn die Story enttäuscht? Richtig, gutes Gameplay! Und hier muss ich durchaus zugeben, dass „Exoprimal“ definitiv seine Stärken hat. Was die Missions-Struktur angeht, erinnert das Spiel auf den ersten Blick an so Titel wie Earth Defense Force, wo es darum geht, nach und nach Horden von verschiedenen Dinosauriern zu erledigen. Statt weiträumiger Open World offenbart das Spiel lediglich lineare Level, wo man entweder in bester Horde-Manier etliche Dinos abschlachten muss, um weiter im Level voran zu schreiten, oder man einen bestimmten Punkt für eine gewisse Zeit verteidigen muss. Zugegebenermaßen sind das Schemata, die man aus vielen anderen Multiplayer-Games kennt. Allerdings kämpft man nicht nur gegen den Computer. Da es sich bei „Exoprimal“ um einen PvEvP-Shooter handelt, kämpft man gleichzeitig auch gegen ein anderes Team aus echten Spielern, die ebenfalls versuchen, die jeweiligen Missionen so schnell wie möglich zu erledigen. Während man sich also im Vierer-Trupp durch die Horden an Dinos ballert, endet jede Mission mit einem finalen Aufeinandertreffen beider Squads, wo einem nicht nur die Dinosaurier auf der Lauer sind, sondern auch die anderen Spieler. Und was die Story angeht, ist es egal, ob man den Kampf verliert oder gewinnt, da lediglich die Anzahl der absolvierten Missionen zählt. Gewinnt man den Wettkampf allerdings, warten am Ende nicht nur mehr Erfahrungspunkte, sondern auch mehr Goodies auf euch, mit denen ihr zum Beispiel eure Rüstung umgestalten könnt. Was das Gameplay von „Exoprimal“ jedoch so interessant macht, ist die Tatsache, dass das Spiel eine Vielzahl an Klassen bietet, aus denen man jederzeit wählen kann – und zwar selbst im Rahmen von bereits gestarteten Missionen. So kann man beispielsweise als Angreifer starten, wo das Hauptziel darin besteht, möglichst viel Schaden anzurichten. Allerdings kommt es manchmal vor, dass man im Laufe des Spiels merkt, dass eure Mannschaft eventuell nicht über genügend Healer verfügt, wodurch man seine Klasse jederzeit schnell wechseln kann. Vor allem diese Flexibilität hat mir enorm gefallen, da man im Rahmen der 10 bis 15 Minuten langen Kämpfe nicht nur auf eine Rolle fokussiert ist.
Ein weiteres cooles Gimmick, welches den Missionen etwas Abwechslung vermittelt, ist das sogenannte Dominator-Feature. Zu einem beliebigen Zeitpunkt lässt die KI, die über die Mission wacht, nämlich einen Dominator fallen, welches einem der beiden Teams, die Möglichkeit gibt, Kontrolle über einen Dinosaurier zu erlangen. Dieser Dinosaurier, den man selber steuern kann, wird dann in das Spiel der gegnerischen Party geworfen und kann neben den computergesteuerten Dinosauriern noch mehr Chaos verursachen. So flexibel und unterhaltsam das Gameplay zu Beginn jedoch ist, desto schneller setzt die Resignation ein, da sich die Missionen vor allem zu Beginn stark ähneln und äußerst repetitiv sind. Erst zu einem späteren Zeitpunkt offenbart „Exoprimal“ neue Modi und Missions-Strukturen, die dem Spiel einen neuen frischen Wind vermitteln. Die Frage ist jedoch, ob es die meisten Zocker bis dahin schaffen.
Solide Leistung aber kein Grafik-Killer
Was den technischen Aspekt von „Exoprimal“ angeht, fallen einem da zunächst die langen Ladezeiten auf. Obwohl es sich bei dem Titel um ein natives PS5-Spiel handelt, scheint „Exoprimal“ so gut wie keine Funktionen der superschnellen PS5-Festplatte zu nutzen, da man vor jeder Mission immer wieder auf lange Ladezeiten trifft. Selbstverständlich hängt dies auch mit dem Zusammenstellen der einzelnen Online-Gruppen zusammen, aber selbst wenn alle Mann an Bord sind, folgt eine unnötige Ladezeit der nächsten, was auf Dauer schon ermüdend ist. Im Spiel angekommen, offenbart die Grafik eine solide, aber definitiv nicht bahnbrechende Leistung. So wird es beispielsweise nie langweilig mit anzusehen, wie Dutzende von Dinosauriern aus dem Nichts auf euch herunterprasseln. Die Technik dahinter ist echt gut. Auch die Framerate hält sich dabei meist wacker und zeigt höchstens bei maximaler Gegner-Darstellung und hektischen Bewegungen vereinzelte Einbrüche, die sich jedoch schnell wieder erholen. Etwas enttäuschend sind jedoch die einzelnen Umgebungen ausgefallen, die relativ unspektakulär und generisch aussehen. Alles in allem hat „Exoprimal“ ein paar coole Effekte auf Lager, aber vom Hocker reißt das Spiel definitiv keinen. Und auch die akustische Seite des Spiels ist eher Mittelmaß, da nicht nur die Musik ziemlich durchschnittlich ist, sondern auch die Synchronsprecher in ihrer Performance ein wenig zu übertrieben daherkommen. Gepaart mit dem allgemeinen Fehlen jeder Art von Charisma, konnte ich mich nur bedingt mit den Protagonisten identifizieren.
FAZIT:
Auf der einen Seite ist es schön zu sehen, dass so große Firmen wie Capcom auch mal etwas Neues probieren und mit normalerweise untypischen Genres experimentieren. Dennoch wird es „Exoprimal“ sicher nicht einfach haben, sich auf dem Markt zu etablieren. Zum einen handelt es sich hierbei um einen Vollpreis-Titel, der einzig und allein im Online-Modus spielbar ist und vor jeder Menge Konkurrenz steht. Glücklicherweise unterstützt das Spiel Cross-Play mit der Xbox-Version, wo das Spiel dank Gamepass-Support sicherlich zumindest ein paar Leute anziehen wird. Angesichts des hohen Preises und des eher hart zu verkaufenden Gameplay-Stils erwarte ich dennoch keine Langlebigkeit auf der PS5. Was den Inhalt angeht, verfügt das Spiel zwar über ein paar coole Features, aber große Begeisterung konnte es selbst bei mir – einen großen Dinosaurier-Fan – nicht auslösen. Als Shooter – wo man mal das Gehirn ausschalten kann – überzeugt es, aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt „Exoprimal“ leider nicht.
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