„Karateka“ erschien bereits vor Äonen auf dem Apple II Heimcomputer und wurde danach auf unzählige weitere Systeme portiert. Das Spiel gilt als eines der ersten Kampfspiele und wurde eher nebenbei von dem Universitätsstudenten Jordan Mechner entworfen. Jener Kreative sollte später noch ganz andere Perlen erschaffen.
Auf ein Wort
Persönlich habe ich keine Verbindung zu den ganzen uralten Videogames. Wie auch? Ich war damals zu jung und in der DDR gab es auch keine westlichen Videospiel-Systeme. Meine Zeit begann Anfang der Neunziger auf dem PC (damals schon mit bunter VGA-Grafik). Deshalb kann ich auch nichts mit den ganzen 8bit Sachen anfangen. Meine rosarote Brille wirkt erst bei „Civilization“, „Red Baron“, „Indiana Jones“ usw. Aber das dürfte anderen Gamern genauso gehen. Entweder man steht auf diese antiken Sachen oder man hat die Zeit selbst miterlebt und dadurch schöne Erinnerungen.
Aber ich interessiere mich für Videospielgeschichte und ich lese gerne über die Ursprünge meines Hobbies inkl. der ganzen bahnbrechenden Klassiker. Und genau an diesem Punkt setzt „The Making of Karateka“ an. Anstatt einfach nur ein paar Roms auf die aktuellen Systeme zu bringen, bekommt man hier pixelgenaue Fassungen der Originale geboten und dazu eine umfangreiche Dokumentation rund um die Entstehung des Spiels. Durch die multimediale Aufbereitung wirkt das sogar wie ein interaktives Museum und Hand aufs Herz, das ist nun mal besser als jeder Artikel in der Retro Gamer.
Wir schreiben das Jahr 1984.
„Karateka“ zieht seine Inspiration aus japanischer Geschichte, Bruce Lee und diversen Disney-Filmen. Das Besondere war schon damals, dass es mehr bot, als typische Arcadegames zu dieser Zeit - nämlich eine Story und Zwischensequenzen. Dieser cineastische Aspekt sollte sich später in anderen Mechner Spielen wie „Prince of Persia“ fortsetzen und in „The Last Express“ gipfeln – einem durchaus innovativen Abenteuer, das jedoch eher Film statt Spiel war.
„Karateka“ verbindet dagegen spannende Karate-Kämpfe (wie der Name schon sagt) mit Elementen aus dem Plattformer-Genre (z.B. Fallen). Die Story war und ist natürlich simpel: Ein namenloser Held muss die Festung des Schurken Akuma stürmen, um die hilflose Prinzessin Mariko zu retten. Stirbt man bei dem Versuch, geht es von vorne los. Checkpoints existierten damals noch nicht. Die Steuerung ist simpel, aber verhältnismäßig komplex. Man bewegt den Karateka vorwärts oder rückwärts und kann mit dem ersten Button Schläge und mit dem zweiten Knopf Tritte verteilen und das nach oben, geradeaus und nach unten. Je nach Portierung unterscheidet sich die Steuerung. Auf dem Apple II System gibt es die beschriebene Steuerung mit zwei Tasten, auf den Atari 8bit Systemen kann man dagegen zwischen 1 Knopf Steuerung (kurzes und langes Drücken lösen Schläge / Tritte aus) und 6 Knopf Steuerung (3x Schläge und 3x Tritte) wählen. Das ist wohl am Präzisesten, obwohl auch damals die Framerate eine Rolle spielt. So pfiff die Originalversion bereits auf dem letzten Loch und spätere Variante waren mitunter deutlich besser. So oder so unterschieden sich die Varianten durchaus stark voneinander.
Made in 2023
Das brandneue Remaster bringt das Abenteuer dagegen in die heutige Zeit, ohne den Geist des Originals zu vernachlässigen. Neben besserem Sound und 16:9 Grafik mit wesentlich mehr Farben wartet die Neuauflage auch mit hoher Framerate, Kombos und optionalen Leben auf, was das Durchspielen deutlich vereinfacht. Allerdings bleiben Gegner wie Aufbau gleich, sprich auch hier attackiert euch später Akuma's Falke zwischen den Duellen. Diese können sich auch mal länger hinziehen, da Spieler wie Gegner über eine Ausdauerleiste verfügen und diese muss erstmal dezimiert werden. Schafft man es und besiegt den Schergen, wartet ein Happy End auf den Spieler. Ansonsten ist der Twin Stick Shooter „Deathbounce: Rebounded“ noch erwähnenswert, der blitzschnelles Arcade-Gameplay bietet und sich an Genre-Größen wie „Asteroids“ und „Space Invaders“ orientiert. Hier hat Digital Ecplise wirklich ganze Arbeit geleistet, denn die Vorlage war nicht mehr als ein Prototyp und den kann man ebenfalls anspielen.
Geschichte zum Ausprobieren
Das klassische „Karateka“ kann man in drei Versionen (Apple II, C64 und Atari 8bit) ausprobieren. Zudem gibt es noch einige Prototypen (inkl. Konzepte an denen Mechner zuvor schon tüftelte), sowie die beiden brandneuen Spiele („Karateka Remastered“ und Deathbounce: Rebounded“). Insgesamt gibt es also 14 Titel. Diese kann man entweder selbst spielen oder man schaut sich (zumindest bei den älteren Spielen) einen Spieldurchgang in Videoform an. Während des Spielens kann man die Klassiker auch jederzeit pausieren, Änderungen an den Anzeigeoptionen vornehmen, Speichern und Laden, sowie die Steuerung anpassen. Nur Cheats gibt es keine. Dafür aber das eine oder andere Easteregg: Steckt zum Beispiel mal bei der C64 Version die virtuelle Diskette mit der B-Seite rein.
Schritt für Schritt
Der ganze Entstehungsprozess von „Karateka“ ist in fünf große Kapitel unterteilt, die grafisch liebevoll aufbereitet wurden. Kurze Texte werden mit Bildern und Musik begleitet, Videos von Zeitzeugen und anderen bekannten Designern sorgen für Kontext. Man darf die Kapitel frei erkunden, ohne jeglichen Zwang und ohne strikte Reihenfolge. Die Bedienung ist dabei kinderleicht und alle Texte (und Untertitel bei den Videos) wurden in deutscher Sprache lokalisiert. Somit fällt es leicht, sich in der Geschichte zu verlieren. Wie war das damals? Welche Inspiration hatte Mechner? Wie viele andere Menschen hat er damit beeinflusst. Aber auch zur Technologie wird Stellung bezogen: Was ist Rotoskopie? Wie lief das mit dem Publisher „Broderbund ab? Briefe, Tagebucheinträge und allerlei Designdokumente verleihen dem Ganzen eine unheimliche Tiefe. Es macht einfach Spaß, in dieses interaktive Museum einzutauchen und die Geschichte hinter „Karateka“ zu erleben.
Deshalb finde ich den Preis von 18,99€ durchaus gerechtfertigt. Man bekommt einen vollumfänglichen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Spiels und nicht nur ein ROM, das auf der PlayStation emuliert wird. Allerdings sollte man schon ein gewisses Interesse an der Materie mitbringen. Denn spielerisch kann das Original heute niemanden mehr vor dem Ofen hervorlocken. Das liegt natürlich an der (für heutige Verhältnisse) trägen Steuerung und der sehr einfachen Grafik. Wobei die sich von Portierung zu Portierung unterschied. Die Atari ST Fassung verfügte zum Beispiel über eine wesentlich größere Farbpalette, aber diese Version fehlt hier. Genauso vermisse ich das 2013er Remake, was damals für die PS3 erschienen ist. Das verfügte über drei spielbare Charaktere und eine leicht abgewandelte Story. Auch an diesem Titel war Mechner maßgeblich beteiligt.
FAZIT:
Was unterscheidet „The Making of Karateka“ von anderen Retro-Kollektionen bzw. Spielen? Ganz klar, die interaktive Dokumentation dahinter – man bekommt nicht nur die Spiele und ein paar Flyer geboten, sondern detaillierte Einblicke in die Entstehungsgeschichte. Deshalb ist der Titel für jeden geschichtsbesessenen Videospiele-Fan eine Empfehlung wert. Ich freue mich auf die weiteren Titel der „Gold Master Series“.
Da es sich bei „The Making of Karateka“ auch um mehr als ein Spiel handelt, haben wir uns dazu entschieden, keine reguläre Wertung zu vergeben.
[ Review verfasst von .ram ]
[ Gespielt auf der PlayStation 5 mit 4K HDR TV ]
Pluspunkte:
Interaktives Museum
Deutsche Texte &Trophäen
Remaster Versionen sind auch heute noch sehr gut spielbar
Minuspunkte:
Remaster Versionen ohne Retro-Features wie Quicksave
2013er Remake fehlt, wenige originale Versionen von Karateka
Briefe wurden nicht komplett übersetzt (nur zusammengefasst)
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