Aus Sicht der Gamer war die goldene Zeit von Rockstar Games irgendwo zwischen 2000 und 2010 – da wurden bahnbrechende Open World Abenteuer quasi im Jahrestakt veröffentlicht. „Grand Theft Auto III“ und dessen Nachfolger, die „Midnight Club“ Serie und natürlich „Red Dead Redemption“, ein Wild-West Abenteuer, das eindeutig auf der bewährten GTA-Formel aufbaute. Okay, genau genaugenommen gab es mit „Red Dead Revolver“ bereits einen Teil zuvor, aber der war ein (für diese Zeit typischer) Third Person Shooter und bei weitem nicht so gelungen, wie eben „Red Dead Redemption“. Dummerweise konnte man bislang den Titel weder auf der PS4 noch auf der PS5 spielen. Denn keine der Konsolen verfügt über eine Abwärtskompatibilität mit der PS3 und genau darauf erschien damals „Red Dead Redemption“. Doch damit ist jetzt Schluss, Rockstar Games spendierte dem Spiel eine richtige PS4 Fassung. Diese haben wir uns genauer angesehen und klären in unserem Review, wieviel Mühe sich bei der Umsetzung gegeben wurde.
Sünden der Vergangenheit
Das Spiel beginnt mit einer Zugfahrt. Unser Protagonist, John Marston, wird von zwei Männern zum Bahnhof gebracht. Sein Auftrag: Den berüchtigten Kriminellen Bill Williamson aufspüren und erlegen. Erst später wird klar, dass auch Marston vor langer Zeit Mitglied der Bande rund um Dutch van der Linde war. Ebenfalls eine Person, die der amerikanischen Regierung ein Dorn im Auge ist. Und so bleibt Marston nichts Anderes übrig, als den Befehlen zu folgen. Immerhin hängt das Wohlergehen seiner Frau und seines Sohnes davon ab.
Nachdem der erste Kontaktversuch mit Williamson kläglich scheitert, schlüpft man selbst in die Cowboy-Stiefel und reitet in bester „GTA“-Manier durch die Gegend und nimmt verschiedene Aufträge an. Reiten ist ein elementarer Bestandteil des Spiels, ähnlich dem Autofahren in „GTA“. Nur eben ohne Radio, dafür aber mit einer wesentlich natürlicheren Landschaft. Unterwegs erlebt man auch Begegnungen mit fremden Personen. Diese lockern die vielen Story-Missionen auf. Ansonsten darf man sich ebenso an zahlreichen Minigames versuchen. Poker, Blackjack, Würfeln, aber auch Armdrücken, Hufeisen werfen und Pferde zureiten stehen zur Wahl. Wem das nicht reicht, der kann auch noch auf Verbrecherjagd gehen, oder den Job eines Nachtwächters annehmen. Wer dagegen lieber in der Wildnis sein will, darf hinter zahlreiche Wildtieren herjagen. Diese dann häuten und mit deren Fellen und Innereien wertvolle Dollar verdienen. Damit kauft man sich wiederum bessere Waffen und Pferde. Das Jagen ist an der Stelle recht simpel, einfach mit dem Gewehr draufhalten und fertig. Was auf Dauer stört, ist dagegen die „Ausweidesequenz“, bei der Marston dem armen Viech das Fell abzieht und man einige Sekunden zum Zuschauen verdammt wird.
Steuerung bleibt ein Kritikpunkt
Bei der Steuerung darf man keine Wunder erwarten. Sie ist funktional und orientiert sich an den „GTA“-Spielen. Eine optionale Zielhilfe macht es leichter, die Gegner anzuvisieren und via Knopfdruck springt Marston hinter eine Deckung. Zum Rennen (oder Galoppieren) muss man dagegen wiederholt die X-Taste drücken. Das war alles damals schon keine Meisterleistung und im Vergleich mit anderen Actiongames wesentlich steifer und schwerfälliger. Letztlich hätte sich hier, dass meiste Potential für eine Verbesserung angeboten. Trotzdem zählt die Steuerung in „Red Dead Redemption“ noch zu den besseren in den unzähligen Open World Spielen von Rockstar Games.
30 Stunden Spielspaß
Auf seiner Quest nach den Banditen lernt Marston auch noch andere Persönlichkeiten kennen. Alle besitzen einen eigenen Charakter und helfen ihm auch ab und zu. Die Dialoge triefen vor sarkastischen Bemerkungen, ähnlich wie in der „GTA“-Reihe. Die Abwechslung kommt in den Story-Missionen ebenfalls nicht zu kurz. Von Festungserstürmungen, über Begleitmissionen bis hin Zugüberfällen ist alles dabei. Die Entwickler haben dennoch zu keiner Zeit den Bogen überspannt. Selbst wenn man viele Nebenmissionen absolviert, überschreitet das Gameplay nie seinen Zenit. Lediglich die Herausforderungen zum Freischalten von zusätzlichen Kostümen erweisen sich als Zeitfresser, da auch das Ruhm / Ehre System mit reinzählt. Überhaupt sollte man sich nicht mit den Gesetzeshütern anlegen. Überfällt man Zivilisten, heften sich schnell die Sheriffs an Marstons Fersen. Zwar kann man diese relativ einfach abschütteln, ein festes Kopfgeld bleibt jedoch bestehen. Das wiederum lässt sich zwar begleichen, aber das wird auf Dauer ziemlich teuer. Wem das alles trotzdem nicht fordernd genug ist, der kann den Schwierigkeitsgrad von Normal auch auf Schwer stellen. Bei meinem aktuellen Spieldurchgang kam mir Normal fast schon etwas zu leicht vor. Einzige Ausnahme waren die Duelle, zu denen man herausgefordert wird, umso berühmter man wird. Obwohl das System (Ziehen, Zielen, Feuern) recht simpel wirkt, braucht es trotzdem eine gehörige Portion Glück, damit man bestimmte Begegnungen überlebt. Das spielte sich damals schon nicht sonderlich toll und ist heute auch immer noch ein großer Frustrationspunkt.
Untoter Albtraum
„Undead Nightmare“ war ursprünglich eine eigenständige Erweiterung. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es um Untote. Das alles handelt in einer alternativen Zeitlinie, bei der Marstons Frau und Sohn von der Plage infiziert wurden. Nun muss der Spieler ein Gegenmittel finden und zieht durch das Land. Unterwegs trifft er auf Siedlungen von Überlebenden, denen er helfen kann. Zumindest für einige Tage bleiben diese Leuchttürme der Zivilisation dann Zombie-frei. Auch existieren Nebenmissionen, mystische Kreaturen, neue Waffen und ein angepasster Grafikstil. Spaß mit den Untoten steht hier klar im Vordergrund. Die ebenfalls neuen Multiplayer-Modi sucht man vergebens. Denn wie schon der Onlinemodus im Hauptspiel, wurde auch der Onlinemodus in „Undead Nightmare“ gestrichen. Somit ist jetzt „Red Dead Redemption“ ein reiner Einzelspielertitel.
4K aber ohne 60fps
Zuerst einmal, es gibt keine native PS5 Fassung. Die PS4 Variante lässt sich jedoch problemlos auf der PS5 spielen, bietet dann aber nur die Vorzüge der alten Konsolengeneration. Bedeutet, eine sauber hochskalierte 4K Auflösung mit stabilen 30fps. Bei den Skalier-Optionen hat man die Wahl zwischen zwei Methoden. Ich blieb bei AMD FSR 2.0, konnte aber jetzt auch keine eklatanten Unterschiede gegenüber FXAA ausmachen. Die Texturen, sowie die Steuerung blieben unangetastet. Am Ende bedeutet das, dank der starken grafischen Präsentation macht das Spiel mit hoher Auflösung auch heute noch was her (man muss sich nur die Pferde anschauen), aber gerade anhand der Texturen merkt man dem Titel sein Alter letztlich an. Immerhin fallen die Ladezeiten in der neuen Version deutlich kürzer aus. Ansonsten sieht das Spiel zu manchen Tageszeiten etwas zu grau und farbarm aus. Ich kann mich zwar erinnern, dass das damals auch schon so war, aber ab und an wünschte ich mir in der neuen Version einfach mehr Kontrast. Die englische Sprachausgabe ist dagegen nach wie vor spitzenmäßig und mit allerhand passenden Sprechern besetzt. Trotzdem will ich solche Blockbuster lieber in Deutsch spielen. Immerhin kann man jetzt die Untertitel ganz gut mitverfolgen. Die fielen auf der PS3 nämlich noch viel zu klein aus. Der Soundtrack unterstreicht das Western-Flair in passender Weise mit ruhigen Melodien und peitschenden Klängen – je nach Situation. War damals schon top und ist es heute noch.
Update 04.10.23: Mit dem Patch auf Version 1.03 gibt es nun einen optionalen 60fps auf der PS5 (nicht aber auf der PS4).
Redemption 1 oder 2
Mittlerweile kann man seit ein paar Jahren den Nachfolger spielen. Wobei es sich genaugenommen um ein Prequel handelt, dass die Vorgeschichte zu diesem Teil erzählt. Im Nachgang muss ich mir aber eingestehen, dass die Geschichte in Teil 1 zwar durchaus okay ist, aber die Charaktere und ihre Motivation erst Substanz erlangen, wenn man den zweiten Teil kennt. Der wiederum fällt wesentlich größer und spektakulärer aus. Viele Elemente aus dem ersten Teil wurden ausgebaut und aufgewertet. Grafisch legte Rockstar Games nochmals zehn Schippen drauf und die PS4 pfeift bei der visuellen Pracht wahrlich aus dem letzten Loch. Doch nicht alles ist besser: Die Steuerung fühlt sich eine ganze Ecke träger an (und das will schon was heißen, schließlich verfügt kein Rockstar Games Open World Spiel über eine grandiose / griffige Steuerung) und das Simulieren eines „authentischen“ Wilden Westens steht etwas zu stark im Vordergrund – und das Gameplay – das actionreiche Gameplay – zu sehr im Hintergrund. Im direkten Vergleich fällt deshalb der erste Teil wesentlich geradliniger, spannender und vor allem spielbarer aus. Zwar gibt es auch in „Red Dead Redemption“ optionale Minispiele und Herausforderungen, die eher nerven als Spaß verbreiten, aber insgesamt wirkt alles deutlich schnörkelloser und kompakter. Deshalb ist – wenn man die Wahl zwischen beiden Spielen hat – der erste Teil die bessere Option.
FAZIT:
Macht das Spiel auch heute noch Spaß? Ja, gar keine Frage – Gameplay, Story, Atmosphäre, sogar die Grafik – das alles hat sich über die vielen Jahre verdammt gut gehalten. Andererseits hätte man nach all der Zeit und zu dem Preis auch mehr erwarten können. Zum Beispiel ein paar Quality of Life Verbesserungen oder hochauflösende Texturen. Von daher ist es schwierig, ein eindeutiges Fazit zu treffen. Auf der einen Seite gibt es immer noch ein höchst unterhaltsames Wild West Abenteuer, auf der anderen Seite scheinen die 50€ für die PS4 Version dann doch etwas zu hoch angesetzt.
[ Review verfasst von .ram ]
[ Gespielt auf einer PlayStation 5 mit 4K HDR TV ]
Pluspunkte:
In 4K Auflösung sieht das Spiel durch den genialen Grafikstil immer noch gut aus
Wild West Atmosphäre wurde perfekt eingefangen
Erweiterung „Undead Nightmare“ ist mit dabei
Minuspunkte:
Keine Onlinemodi enthalten
Simpler Port mit 30fps / keine richtige PS5 Version
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