Vor ein paar Jahren habe ich bereits erste Erfahrungen im Simulator-Genre gesammelt („Autobahn-Polizei Simulator 2“). Seitdem habe ich ein paar andere Titel ausprobiert, aber meistens sofort wieder gelöscht, da entweder zu schlecht spielbar bzw. zu kompliziert zu bedienen oder einfach zu viele Bugs vorhanden waren („Fernbus-Simulator“). Da mittlerweile aber gefühlt fast jeder Nischen-Simulator vom PC auf die PS5 schwappt, gibt es heute mehr Auswahl als jemals zuvor. Der Trailer zu „Truck & Logistics Simulator“ sah interessant aus und weckte mein Interesse. Was von meinen Hoffnungen übriggeblieben ist, erfahrt ihr in unserem neuesten Review.
Ab in den Alltag
Startet man das Spiel, hat man die Wahl zwischen drei Möglichkeiten (Einzelspieler, Mehrspieler und Optionen). Also klickt man erstmal auf den Einzelspieler und sieht verschiedene Fahrzeuggruppen zu diversen Preisen und eine Auflistung möglicher Missionen. Man muss ein Auto kaufen, um weiterzukommen! Das hätte das Spiel auch etwas schöner verpacken können. Das Geld reicht am Anfang für keine großen Sprünge. Also einen Fantasy Renault Kangoo bezahlt, kurz in Anpassungsoptionen geschielt und festgestellt, dass diese nur rudimentär vorhanden sind, es sei denn man gibt sich mit dem Lackieren von Karosserie und Innenraum zufrieden.
Und schon geht es los, man startet den Motor, fährt zu einem der bunten Kreise auf der Karte und kann eine Mission auswählen. Am Anfang ist das z.B. einen Campingwagen von A nach B zu transportieren. Also zum Hänger gefahren, diesen angekoppelt und via Navi zum Bestimmungsort gedüst. Zwischendurch noch an der Tanke gehalten, da das nagelneue Auto wenig Sprit an Bord hatte (wie auch im echten Leben). Je nach Strecke und Art des Transports bekommt man Credits und Erfahrungspunkte nach dem Abstellen des Transportguts gutgeschrieben. Keinen Plan, wofür die Erfahrung gut sein soll, denn neue Fahrzeuge kauft man sich nur mit dem verdienten Geld. Manche Wagen kann man auch auf einer Testfahrt kennenlernen. Aber am Ende ist es nur eine Frage der Zeit, bis man alle Autos erworben hat. Wobei der Monster Truck schon eine Stange Kohle kostet.
Sollte man schneller Geld brauchen, kann man in der offenen Spielwelt auch auf Erkundungsfahrt gehen und „Goldene Paletten“ einsammeln, die viele Credits einbringen. Aber nicht nur Anhänger müssen transportiert werden, manche Waren dürfen erst einmal verladen werden. Zum Beispiel Autos auf den Autotransporter, Steine in den Muldenkipper, Paletten in den Transporter usw. Das ist schon ziemlich cool gemacht und bietet auch noch unzählige Optionen für zukünftige Erweiterungen. Optional kann man für sein Fahrzeug auch ein Konvoi-Kit erwerben, mit denen man dann LKW-Fahrten absichern kann. Der Mehrspielermodus funktioniert wie die Einzelspielerkampagne, nur eben mit bis zu 24 Spielern. Die wuseln in der Welt herum und man kann mit ihnen zusammenarbeiten oder einfach in einer Kolonne fahren.
Simulation – Ja und Nein!
Das Spiel bezeichnet sich als Simulation (das Wort ist ja sogar im Namen enthalten), also erwartet man im Gegenzug auch Ansätze davon. Okay, die Physik der Fahrzeuge ist gelungen – nicht übertrieben, aber realistisch und unterschiedlich genug. Schwere LKWs fahren sich anders als ein sportlicher PKW. Auch die Transporter reagieren unterschiedlich auf die Eingaben des Spielers. Die Anhänger-Physik fällt ebenso authentisch aus. Besonders wenn man damit rückwärts einparken will, kann man Parallelen zur Realität ziehen. Überrascht war ich, wie man mit der Handbremse bei den PKWs richtige (kontrollierte) Drifts hinlegen kann. Auch bemerkenswert: Ein bulliger Ami Pick-Up zieht einen Anhänger deutlich straffer den Berg hoch, als ein untermotorisierter Kangoo. Die Baumaschinen und Gabelstapler sorgen für weitere Abwechslung. Am Ende geht die Steuerung leicht von der Hand, ohne unrealistisch zu wirken. Zudem bietet die offene Spielwelt einen dynamischen Tag und Nacht-Wechsel, Verkehrszeichen, Tankstellen und natürlich Blitzer. Die Cockpits der Fahrzeuge sind funktional, wie auch der realistische Spritverbrauch und das rudimentäre Schadensmodell. Was jedoch gar nicht geht, ist die KI der CPU Fahrer. Die kennen schlichtweg keine Verkehrsregeln / -zeichen und brettern dem Spieler ungebremst in die Karre. Auch andere Simulationsaspekte sind nicht so recht zu Ende gedacht: Autobahnauffahrten verfügen über keine separate Einfädelspur, Ortseingangsschilder sucht man vergebens, Straßen sind mitunter zu schmal und Kurven zu eng (was mit einem riesigen 40 Tonner schon zur Herausforderung wird) und die Polizei lässt sich nur als Deko-Artikel in Baustellen blicken. Wettereffekte werden zwar in einem Ladebildschirm in Aussicht gestellt (Regen), existieren im Spiel aber nicht.
Konsolenversion gelungen?
Ein großes Problem vieler Simulationsspiele ist die miserable Gamepad-Steuerung – hier tut sich der „Truck & Logistics Simulator“ aber tatsächlich positiv hervor. Die Tastenbelegung (bis auf die Handbremse mittels L1) macht Sinn und dürfte niemanden beim Beladen und Fahren der verschiedenen Fahrzeugtypen vor größere Probleme stellen. Das grafische User-Interface ist dagegen sehr einfach gehalten, aber auch damit kommt man klar. Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Verkehrszeichen im Navi erscheinen (und dadurch besser zu erkennen sind). Schade ist dagegen, dass jegliche haptischen Features beim Controller fehlen – nicht mal Rumble-Funktionen sind vorhanden. Die Grafik versucht zwar mir 60fps zu laufen, aber dank Unity-Engine wird das nur selten geschafft und meistens schwankt die Framerate zwischen 50 und 40 fps mit Ausflügen nach oben und unten. Die Ausleuchtung wurde dagegen total versemmelt. Das Bild wirkt vor allem am Tag oft ausgewaschen und sieht viel zu hell aus. Ansonsten bekommt man eine offene Spielwelt geboten, die (rein von der Grafikqualität) sogar gegen uralte PS2 (!) Titel abstinkt. Ortschaften wirken lieblos hingeklatscht, Wasser ist eine öde Textur, es gibt viel Pop Ins bei der Vegetation und die Autobahnen wirken wie schmale Highways. Wenigstens fallen die Fahrzeugmodelle ordentlich aus, auch wenn mit Scania und MAN nur zwei Lizenzmarken im Spiel vertreten sind. Der Rest ist unlizenziert, aber man kann erkennen, woher die Inspiration kommt. Der Sound ist bestenfalls akzeptabel. Ein V8 klingt wie ein Achtzylinder, Hupen tönen unterschiedlich und LKWs versprühen knatternden Diesel-Charme. Musik und Sprachausgabe sind dafür gar nicht vorhanden. Zumindest eine Radiostation mit Dudelei hätte ich erwartet.
FAZIT:
Im Laufe der Zeit entwickelte ich eine morbide Faszination für den Titel. Zuerst die Waren verladen / den Anhänger ankoppeln, dann gemütlich zum Zielort tuckern - ein äußerst chilliges Erlebnis! Im echten Leben würde ich natürlich nicht mit einem Trucker oder Paketdienst-Fahrer tauschen wollen. Denn die Realität sieht nun mal so aus: Mindestlohn und Zeitstress. Aber zurück zum virtuellen Logistik-Erlebnis: Objektiv betrachtet, ist das Spiel bestenfalls mittelmäßig. Vor allem der Simulationsaspekt enttäuscht in einigen Bereichen. Dafür kann der Titel mit einer gelungenen Gamepad-Steuerung punkten. Dagegen spricht wiederum die PS2-Ära PC Grafik und die lose Kampagnen-Struktur. Andererseits kann man im Spiel alles ohne Probleme kaufen, solange man irgendeine Mission erledigt. Geldprobleme (auch durch Strafen) sind daher kein Thema. Alles in allem also kein super-duper Port, aber – wenn man etwas für das Thema übrighat – halbwegs unterhaltsam.
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