Als „Test Drive Unlimited Solar Crown“ vor einigen Jahren angekündigt wurde, horchten vor allem Rennspiel-Fans erstmal richtig auf, da die letzten beiden Unlimited-Ableger der Serie vor allem zu PS2 (ONPSX Test) und PS3 Zeiten enorm viele Fans dazu gewonnen haben und sich größter Beliebtheit erfreuten. Dies lag damals insbesondere am großen Umfang sowie an den noch recht neuen und spannenden Online-Features. Dennoch wurde es im Anschluss extrem ruhig um die Serie, was sicherlich auch mit dem Wegfall des Entwicklerstudios Eden Games zu tun hatte, deren kreative Überreste inzwischen irgendwo zwischen Mobile- und Blockchain-Spielen herumschwirren. Aber nun gut - Mit KT Racing hat sich ein neues Studio an die angestaubte Franchise herangewagt. Und ob die Neuauflage etwas taugt, erfahrt ihr in den kommenden Zeilen!
Welcome to Hong Kong
„Test Drive Unlimited Solar Crown“ führt uns in eine Metropole, die leider viel zu selten in Videospiel-Form auftritt - natürlich ist die Rede hier von Hong Kong. Und auf den ersten Blick scheint es den Entwicklern auch gelungen zu sein, eine fast hundertprozentige Kopie der ehemaligen britischen Kolonie zu erschaffen. Doch umso mehr man sich mit der ungemein großen Karte beschäftigt, desto mehr beginnt die Fassade zu bröckeln. Zum einen muss ich zugeben, dass die Stadt erschreckend leer wirkt. Während man mit seinem Fahrzeug durch die Gegend fährt, kommen aufgrund der leeren Straßen und der so gut wie nicht vorhandenen Menschenmassen eher Erinnerungen an die traurige Lockdown-Zeit wieder auf. Und selbst wenn die Nacht über die Stadt zieht, kommt nicht ansatzweise die Atmosphäre auf, die Hong Kong in der Realität auszeichnet, da die Gebäude mit ihrer minimalistischen Lichtfassade nur in geringem Umfang an das bunte Treiben der asiatischen Weltstadt rankommen. Selbst das virtuelle Hong Kong aus „Sleeping Dogs“ - welches wohlgemerkt schon über 10 Jahre alt ist - schafft es noch heute, eine bessere Atmosphäre auf den Bildschirm zu zaubern. Was der traurigen Umgebung allerdings gegenübersteht, ist die Tatsache, dass die umfangreiche Karte viele verschiedene Renn-Gebiete zur Verfügung stellt. Während man zum Beispiel Time-Attacks und klassische Wettrennen auf den Schnellstraßen im Stadtinneren zelebrieren kann, bieten sich die kurvigen und matschigen Pfade in den ländlichen Regionen dazu an, auch mal den Offroad-Modus einzulegen. Es lässt sich jedoch feststellen, dass „Test Drive Unlimited“ in Sachen Renn-Modi nur wenig Neues zu bieten hat. Erwähnenswert ist hier höchstens der neue Domination-Modus, wo der Gewinner am Ende daraus ermittelt wird, wer die meiste Zeit an der Spitze lag. Stattdessen legt das Spiel enorm viel Wert auf das allgemeine Erkunden der Map. So bringen die vielen Kilometer-Meilensteine nämlich ungemein viele Erfahrungspunkte mit sich. Darüber hinaus lassen sich in der Umgebung euch Geheimnisse und Geldpreise wiederfinden. Neben den Einzelrennen wird also auch enorm viel Wert auf simples Cruisen gelegt.
Das Solar Crown ruft
Umgarnt wird das virtuelle Hong Kong vom namensgebenden Solar Crown Wettbewerb, wo es darum geht, sich über verschiedene Fahrzeugklassen hinweg zum besten Fahrer des Turniers zu entwickeln. Dies geschieht unter anderem durch verschiedene Wettbewerbe, die nicht nur in Klassen unterteilt sind - zum Beispiel basierend auf einen speziellen Fahrzeugtyp oder ein PS-Limit - sondern auch durch Level-Ränge, die man entweder durch erfolgreiche Rennen oder durch das bloße Erkunden der Insel nach und nach verbessern kann. Zwischendurch trifft man dabei nicht nur auf die Organisatoren des Solar Crown-Wettbewerbs, die euch regelmäßig über neue Updates zum Turnier in Kenntnis setzen, sondern auch auf zwei rivalisierende Banden, denen man sich nach Belieben anschließen kann. Dazu zählen unter anderem die Sharps, die zur High Society der Insel gehören, und die Streets, die eher einen Hang zur rebellischen Untergrund-Kultur pflegen. Je nach Level lernt man dann ein bisschen mehr über die jeweiligen Banden kennen, wobei ich sagen muss, dass sämtliche Interaktionen eigentlich so gut wie irrelevant sind und kaum Mehrwert aufweisen. Wichtig ist es dennoch, sich einer der Gruppierungen anzuschließen, da sie euch nach und nach weitere Rennen zur Verfügung stellen, die zum Aufwerten eures Levels von großer Wichtigkeit sind. Es fällt nämlich schnell auf, dass einzelne Rennen merkwürdigerweise in nicht allzu großer Menge zur Verfügung stehen. Und gerade angesichts der langen Entwicklungszeit und dem schieren Ausmaß der befahrbaren Umgebung ist es schon schockierend, dass nicht mehr Wettbewerbe zur Verfügung stehen. Leicht verschönert wird die schockierend geringe Anzahl an Rennen lediglich durch wiederkehrende Tagesaufgaben, wo es zum Beispiel darum geht, eine gewisse Kilometerzahl hinzulegen oder ein paar Speed-Traps auszulösen. Aber dennoch wird einem relativ schnell klar, dass Mannigfaltigkeit beim Content fast kaum vorhanden ist. Stattdessen bleibt einem eigentlich nichts Anderes übrig, immer wieder dieselben Rennen zu fahren, um mehr Geld zu verdienen und weitere Erfahrungspunkte zu sammeln. Nur so lassen sich die höheren Level erreichen, die dann wiederum neue Renn-, Fahrzeug- und Zubehör-Klassen freischalten. Damit steht das Spiel unter anderem im starken Kontrast zu anderen Open-World-Rennspielen, wie zum Beispiel „Forza Horizon“, wo unterschiedliche Rennen, Fahrzeuge und Wettbewerbe eigentlich an jeder Ecke winken.
Und auch die Online-Connectivity des Spiels hilft nur bedingt dabei, Langzeitspaß aufkommen zu lassen. Klar ist es möglich, sich mit anderen Fahrern entweder organisiert oder beliebig in den Rennen zu messen, aber ein wirklicher Game-Changer für die Langlebigkeit des Spiels ist es nicht. Das Problem ist allerdings die Tatsache, dass der Zwang zur Online-Anbindung einen erheblichen Einfluss auf den Einzelspieler-Modus hat. Angefangen mit der Tatsache, dass es sich hierbei um ein Spiel handelt, welches eine dauerhafte Verbindung voraussetzt. Und gerade im Zuge meiner Review bin ich auf zahlreiche Probleme gestoßen, die sich erheblich auf den Spielspaß ausgewirkt haben. Angefangen mit unzähligen Problemen beim Login, wodurch ich das Spiel in der Early Access Phase oftmals nicht mal starten konnte. Und als dann im Laufe der Zeit mehr und mehr Spieler dazu kamen, erreichten auch die Server schnell ihr Limit, wodurch es immer wieder zu unvermeidbaren Abbrüchen kam. Und während ich persönlich beim Speichern meines Fortschritts glücklicherweise noch ungestraft davonkam, haben sich zum Veröffentlichungszeitpunkt genügend Spieler über verloren gegangene Autos oder sogar Speicherstände beschwert. Was ich persönlich allerdings am Nervigsten fand, waren die unvorhergesehenen Serverabbrüche, wenn man zum Beispiel gerade auf dem ersten Platz lag. Und hier komme ich zu einer weiteren Schwäche - und zwar den hohen Schwierigkeitsgrad. Während man die ersten Rennen nämlich noch relativ leicht gewinnen kann, zieht die Härte der Gegner bereits nach kurzer Zeit enorm an. Und was dies so unfair macht, ist die Art und Weise, wie dies geschieht. So lässt sich beispielsweise ein gewisses Rubberbanding eurer Kontrahenten nicht von der Hand weisen. So sind sie euch nicht nur stets auf der Lauer - auch der kleinste Fehler seitens des Spielers wird oft gnadenlos bestraft. Und wenn sie dann einmal an euch vorbeigezogen sind, ist es fast unmöglich, wieder an die Gegner heranzukommen. Ähnliches zeigt sich auch bei den Offroad-Strecken, wo eure Kontrahenten einen derart starken Grip haben, der es ihnen ermöglicht, fast schon über den Matsch zu gleiten, während man selber alles Mögliche versucht, um nicht von der Klippe zu fallen. Und da wir es hier mit einem Online Only Spiel zu tun haben, gibt es auch keine Wiederholungsfunktion. Fehler - egal ob beabsichtigt oder nicht - werden also knallhart bestraft, und laufen meistens auf einen Renn-Neustart hinaus.
Not Fast, Not Furious
Trotz aller Probleme ist jedoch nicht alles schlecht bei Solar Crown. Ein Lob verdient unter anderem das Gameplay, welches eine gute Mischung aus Arcade und Simulation bietet. Und auch das Geschwindigkeitsgefühl, welches vor allem bei den höherrangigen Fahrzeugen zum Vorschein tritt, trägt einiges zum angenehmen Fahrgefühl bei. Umso nerviger ist es also, dass das Gameplay aufgrund der oben genannten Faktoren leider kaum zur Geltung kommt. Denn angesichts der überschaubaren Anzahl an Rennen, der lieblosen “Hintergrundgeschichte”, der nervigen Online-Anbindung und der unfairen Gegner verliert man relativ schnell die Lust an Solar Crown. Und da hilft es auch nicht, dass zahlreiche serienbekannte Features, wie zum Beispiel die Casinos, die Liefermissionen oder die eigenen Häuser aus den Vorgänger-Titeln einfach entfernt wurden. Das Lifestyle-Gefühl, welches vor allem Unlimited 1 und 2 ausgezeichnet hat, sucht man vergebens. Stattdessen wirken die Kaufhäuser oder Werkstätten, wo man neue Fahrzeuge kaufen oder bereits erworbene Wagen aufwerten kann, enorm steril und langweilig. Macht es wirklich Spaß, im Schneckentempo durch ein Kaufhaus zu laufen, nur um sich ein neues Auto zu kaufen? Natürlich nicht. Hier hätte eine simple Menüführung eventuell ausgereicht. Sämtliche Interaktionen mit den Shops, den Veranstaltern des Solar Crowns oder den Mitgliedern der Streets bzw. Sharps schreien nach “Style over Substance”. Dem Spiel fehlt eine gewisse Natürlichkeit. Alles wirkt sehr strukturiert und lieblos. Man farmt von einem Level zum Nächsten. Und das Ganze in einem Hong Kong, welches jeglichen Charme vermissen lässt.
Grafik & Sound
Und jetzt kommen wir leider zum traurigsten Teil meiner Review. Ich erinnere mich nämlich noch ziemlich gut daran, dass die Trailer vor dem Release des Titels ein ziemlich farbenfrohes Spiel mit guter Optik präsentiert haben. Die Realität ist allerdings eine ganz andere. Angefangen mit einer traurigen Version von Hong Kong, auf die ich bereits zu Beginn meiner Review kurz eingegangen bin. Während es auf der einen Seite echt beeindruckend ist, dass man so eine solch große Karte auf die Beine gestellt hat, ist es ziemlich schade, dass die Atmosphäre dieser Stadt einfach nicht rüberkommt. Egal, ob tagsüber oder in der Nacht. Egal, ob es regnet oder die Sonne scheint. Die Umgebungen, einschließlich aller Wolkenkratzer und Straßenelemente, sind schockierend langweilig, texturarm und zu steril. Und was dann leider noch den Vogel abschießt, ist die miserable Framerate, die selbst im Performance-Modus heftige Einbrüche aufweist. Manchmal auch so stark, dass es sich auf das Fahrverhalten eures Autos auswirkt. Und auf den Quality-Modus möchte ich eigentlich fast gar nicht eingehen, weil das Fahrgefühl mit 30 FPS fast schon unspielbar ist. Um ehrlich zu sein, hätte ich Solar Crown in dieser Form nicht auf den Markt gebracht. Insbesondere, wenn man dann auch noch die Netzwerk-Probleme hinzuzieht. Wenn man jedoch etwas positiv anmerken möchte, sind es insbesondere die relativ kurzen Ladezeiten, die sowohl beim Spielstart auftreten als auch bei der Verwendung der Fast Travel-Funktion. Was die Fahrzeugmodelle angeht, sind diese zwar durchaus in Ordnung, aber weit weg von sämtlichen Referenzmodellen (zum Beispiel „Gran Turismo 7“). Zugegebenermaßen vermittelt das Spiel den Eindruck, dass wir es hier noch mit einem Cross Gen Titel zu tun haben. Überraschenderweise ist dies jedoch nicht der Fall. Abschließend möchte ich noch auf den Sound eingehen. Denn hier klingen wenigstens die Motorengeräusche ziemlich gut und authentisch. Und auch die Radiostationen bieten einen guten Mix aus verschiedenen Genres. Weniger positiv fand ich Synchronstimmen der In-Game Charaktere, die allesamt extrem fake wirken und nur bedingt zur Atmosphäre beitragen.
FAZIT:
„Test Drive Unlimited Solar Crown“ ist leider kein gutes Spiel. Egal, ob es um die Inhalte, die Technik oder die allgemeine Gameplay-Schleife geht. Zwar lässt sich nicht von der Hand weisen, dass unter all den negativen Elementen mit Sicherheit irgendwo ein gutes und unterhaltsames Spiel steckt, aber Fakt ist, dass das fertige Verkaufsprodukt dem hohen Preis nicht gerecht wird. Und wenn man dem Spiel dann auch noch den Namen „Test Drive Unlimited“ gibt, ist es umso enttäuschender, wenn man dann im Anschluss feststellt, dass es in Sachen Flair, Game Progression und Spiel-Inhalte nur bedingt mit den Vorgängern mithalten kann. Darüber hinaus fand ich es auch nicht allzu prickelnd, dass man dazu gezwungen wird, ein MyNacon Konto zu erstellen, um das Spiel zu starten. Alles in allem bekommt Solar Crown definitiv keine Kaufempfehlung meinerseits.
[ Review verfasst von Dimi ]
[ Gespielt auf der PS5 mit 4K HDR OLED TV ]
Pluspunkte:
Gutes Fahrgefühl
Solide Anzahl an Fahrzeugen von verschiedenen Marken
Sehr große Map mit kaum vorhandenen Ladezeiten
Minuspunkte:
Schwierige und zum Teil unfaire Gegner
Absolut enttäuschende Technik und Always Online-Zwang
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