Ich
zähle jetzt einfach mal ein paar Spiele auf, die alle über eine
Gemeinsamkeit verfügen: Phantasy Star Online, Puyo Pop, Chu Chu Rocket,
NIGHTS into Dreams, Samba de Amigo und Burning Rangers. Na, erraten?
Richtig, verantwortlich für all diese Spiele zeichnet sich das Sonic
Team, eines der erfolgreichsten Entwicklungsstudios von SEGA. Doch
damit nicht genug - ich
habe nämlich einfach mal Sonic the Hedgehog unterschlagen - denn auch
der blaue Igel entstammt den kreativen Köpfen von Yuji Naga und Co. Mit
Astro Boy erwartet uns das neueste PlayStation 2 exklusive Abenteuer
der Programmierlegenden. Oder sollte ich besser sagen, deren neuester
Anschlag...
Tezuka Osamu forever!
Wie
schon beim letzten Sega-Spiel „Blood will Tell" musste auch bei Astro
Boy, die Lizenz eines Tezuka Osamu Comics herhalten. Der
Handlungsinhalt ist dabei recht schnell zusammengefasst. Ihr schlüpft
in die mechanische Haut des Roboters Astro. Ursprünglich wurde Astro
von Dr. Tenma als mechanisches Ebenbild von Tobio, seinem verstorbenen
Sohn geschaffen. Da Tenmas Verstand durch den Tod seines Sohnes jedoch
etwas Schaden genommen hat, sollte Astro nicht nur die Stelle seines
Sohnes ausfüllen, sondern gleichzeitig der König der Roboter werden.
Der Rest der Roboteringenieure konnte da natürlich nicht tatenlos
zusehen, so dass man Tenma kurzerhand aus der Wissenschaftsvereinigung
ausschloss und die Vollendung Astros in die Hände von Dr. O'Shay legte.
Dieser glaubt fest an ein friedliches und vor allem freundschaftliches
Zusammenleben von Menschen und Robotern. Astro soll ihm dabei
behilflich sein, Menschen und Roboter vor Bedrohungen zu beschützen.
Doch Dr. Tenma ruht solange nicht, bis Astro seiner ursprünglichen
Bestimmung gerecht wurde.
Angestaubte Comics
Das
Gameplay ist simpel wie einschläfernd. Dr. O'Shay schickt euch immer
wieder in den Kampf, um amoklaufende Roboter aufzuhalten oder
ungewöhnliche Verbrechen aufzuklären. Zwischendurch darf man je nach
Belieben und erlangten Fähigkeiten Mini-Quests erfüllen, die einem in
Summe über 80 verschiedene Karten einbringen. Diese schalten entweder
3D-Modelle der Figuren oder diverse Spielszenen frei. Sowohl die
reguläre Handlung als auch die kleinen Quests entpuppen sich als
völlige Langweiler und sind so spannend wie Kartoffeln schälen. Bis auf
ein paar kleine Ausnahmen besteht auch die Handlung nur aus aneinander
gereihten Bosskämpfen. Eingeschobene Rätselpassagen verlangen lediglich
stupides Herumlaufen und Leute befragen, was mit selbst ablaufenden
Dialogen die Intelligenz des Spielers so richtig „fordert". Außerhalb
dieses dünnen Handlungsrahmens kann man höchstens noch versuchen, die
Mini-Quests zu erfüllen oder versteckte Karten zu finden. Zum freien
Erkunden lädt die Welt nämlich nicht wirklich ein. Einziger Lichtblick
für Fans sind wohl die 30 Wissensfragen zur Serie, die in einem der
Aufträge gestellt werden. Unwissende dagegen wird es schier zur
Weißglut treiben, denn jedes Mal wenn man eine falsche Antwort
abgegeben hat, dauert es eine Ewigkeit, bis man wieder von vorn
anfangen darf. Wer nun glaubt, das wäre alles noch zu verschmerzen,
lernt jetzt erstmal die technischen Schwächen des Titels kennen.
Astro-nomisch schlechte Grafik
Grundsätzlich
wird die Grafik des Spiels dem Zeichenstil schon gerecht - ruckelt aber
nur öfters, wird in der Entfernung stellenweise extrem unscharf und hat
in etwa so viele Details aufzuweisen, wie ein nackter Raum. Knallbunt
und detailarm lässt sie nicht nur die Orientierung vermissen, sondern
reizt auch keineswegs dazu, die „riesigen 3D-Welten" (Vorsicht: Ironie)
zu erkunden. Nur Metro City ist groß genug, damit man nicht gleich nach
3 Schritt an der nächsten unsichtbaren Barriere entlang schrammt.
Übergänge zwischen diesen Abschnitten sind mit farbigen Ringtunneln
markiert und glücklicherweise auf der Übersichtskarte eingetragen.
Gezieltes Navigieren wissen nämlich Kamera- und Figurensteuerung zu
verhindern. Das liegt hauptsächlich an der hinlänglich bekannten
Kamerasteuerung, von der SEGA partout nicht abweichen will. Ein Druck
auf L1 zentriert die Kamera hinter der Figur. Gleichzeitig schaltet man
mit dieser Taste auch noch die verschiedenen Zielmodi durch - insgesamt
3 verschiedene Stufen. Da ist es selbst für versierteste Spieler keine
Kunst, auf einmal in völliger Desorientierung und Planlosigkeit zu
versinken. Am Rest der Steuerung gibt es eigentlich nicht viel zu
bemängeln. Hauptproblem stellt nun einmal die Zielerfassung dar, dicht
gefolgt von der Kollisionsabfrage. Astro läuft mitunter fast durch
Wände und schleudert Gegner mal locker lässig ins nächste Gebäude, ohne
eine Tür oder ein Fenster zu benutzen.
Speak my name
Bei
den Dialogen hat man sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die
Gespräche triefen vor Kitsch, nachträglicher Einsicht und kindischer
Sätze. Für Erwachsene ist so etwas wirklich äußerst schwer zu ertragen.
Kindern dürfte es dagegen weniger auffallen. Zur Verdeutlichung habe
ich ein paar Beispiele herausgesucht: „Astro, du musst uns retten." ist
zum Beispiel eine der Standardphrasen von Dr. O'Shay. Astro`s Gegner
geben dagegen solche Perlen wie: „Ich muss dich besiegen, um zu
beweisen, dass ich der stärkste Roboter bin." von sich. Hat man ihn
dann besiegt, hört man: „Ich wollte noch soviel von dir lernen,
Astro.". Da vergeht einem echt die Lust am Spielen. Zudem wirken die
Einbindungen von Astros Fähigkeiten (supersonisches Gehör,
Röntgenblick, Fingerlaser, Armkanone, Analysefähigkeit, 1.000.000 PS,
Wirbelangriff) ein wenig verkrampft. Lediglich der Wirbelangriff ist
bei richtiger Ausführung ein recht netter Anblick. Doch bevor man sich
daran gewöhnt hat, ist das Spiel auch schon vorbei. Der eigentliche
Storymodus endet nämlich, nachdem man die verschiedenen Schergen
besiegt hat. Und bei sechs Bösewichtern, dauert das Durchspielen nicht
allzu lange - vorausgesetzt, man erträgt dieses Machwerk überhaupt bis
dahin. Und als wollte man bei einer solch schlechten Qualität
Geschlossenheit zeigen, ging auch die eigentliche Produktion des Spiels
etwas daneben. Das deutschsprachige Handbuch ist gespickt mit
französischen Seiten und das Hauptmenü im Spiel wartet mit so tollen
Punkten wie „Von vorne" anstatt „Neues Spiel beginnen" auf.
FAZIT:
Wenn
ihr das lesen könnt, gehört ihr definitiv nicht zur Zielgruppe dieses
Spiels. Um auch nur einen Hauch von Spielspaß an diesem Machwerk zu
empfinden, muss man nämlich geistig total tiefer gelegt sein. Mit Astro
Boy ist das Sonic Team am Tiefpunkt seiner bisherigen Schaffensperiode
angekommen. Für ihr erstes reines PS2-Spiel verdienen sie eigentlich
nur Prügel. Langweilig, kindisch, uninspiriert und vor allem technisch
unterdurchschnittlich umgesetzt, kann der Titel nicht einmal den
hartgesottensten Fan vor die Konsole zerren. Für mich persönlich wurde
mit Astro Boy wieder einmal der Beweis erbracht, dass Comic-Umsetzungen
zumeist in die Hose gehen. Unbedingt Abstand von dieser Lizenzgurke
halten!
[ Review verfasst von Justicer ]
Pluspunkte:
- Sammelkarten im Spiel
- 60Hz-Modus
- Oftmals Sprachausgabe zu den Dialogfeldern
Minuspunkte:
- Karge, knallbunte und extrem ruckelnde Grafik
- Kamera- und Figursteuerung überlagern sich und sind unbrauchbar
- Sehr ungenaue Kollisionsabfrage