Ehrlich gesagt, stand ich Total Overdose anfangs noch äußerst skeptisch gegenüber. Bei der Ankündigung des Spiels (damals noch ohne EIDOS als Publisher) hatten mich die ersten Screenshots sogar regelrecht verschreckt. Doch je mehr ich über das Projekt las und sah, umso mehr gefiel mir das Spiel und der eigenwillige Stil. Jetzt da ich die finale Version in den Händen halte, muss ich mir jedoch eingestehen, dass meine in die Höhe geschraubten Erwartungen nicht ganz erfüllt werden konnten. Warum ich nicht vollkommen zufrieden mit Total Overdose bin, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Review.
Viva la Mexico
Schon die beiden Introvideos vom Publisher- bzw. Entwicklerlogo wissen durch witzig gehaltenen mexikanischen Charme zu gefallen. Leider kann dagegen die eigentliche Einführung zum Spiel nicht so recht überzeugen. In einem äußerst unspektakulären inszenierten spielbaren Einführungslevel, rennt ihr mit einem alternden Agenten durch eine Dschungelbasis und müsst vor etlichen Feinden entkommen – nur um dann mit anzusehen, wie der Mann von seinen Kollegen verraten wird. Als nächstes schlüpft ihr in die Rolle seines Sohnes, der auch ein Geheimagent der Regierung ist und versucht den Mord (davon ist er nämlich überzeugt) an seinem Vater aufzuklären. Dummerweise verkalkuliert er sich bei dieser Mission und landet mit Verletzungen im Rollstuhl. Damit die heiße Spur nicht abkühlt, ruft er kurzer Hand seinen erst gerade aus dem Knast entlassenen Bruder Ramirez an und überzeugt ihn, seine Rolle einzunehmen und weiter nach Informationen über den Tod ihres Vaters zu suchen. Erst jetzt beginnt eigentlich das richtige Spiel...
El Morte
In der Rolle von Ram (die verblüffende Ähnlichkeit mit meinem Internetnicknamen ist rein zufällig) besucht ihr den Ort, an dem euer Bruder zu letzt seinen unschönen Unfall hatte. Das Ram nicht gerade zu den zart besaiteten Menschen auf der Welt zählt, dürfte schon in den ersten Minuten klar werden. Bewaffnet mit Pistolen, Gewehren, Heugabeln und was er sonst noch so findet, mischt er den Laden kräftig auf. Nach dem kurzen Intermezzo und der Befreiung eines Informanten geht es auf das riesige Grundstück eines mexikanischen Großgrundbesitzers, der zahlreiche Pflanzen anbaut, die nicht unbedingt legal sind. Hier muss Ram versuchen, die Anlage still zu legen und nebenbei für seinen Gangsterboss einen Sportwagen klauen, damit er als Undercoveragent in der Verbrecherhierarchie aufsteigen kann.
Tanz der Toten
Die Entwickler lassen euch beim Erledigen der Missionen erstaunlicherweise ziemlich viel Freiraum. Klar, es gibt auch Aufträge, die nach Schema F abgearbeitet werden müssen, aber größtenteils liegt es am Spieler, wie er vorgeht und die Aufgaben erfüllt. Dadurch erhöht sich nicht nur der Wiederspielwert, sondern der Spielspaß beim ersten Durchzocken ist auch ziemlich hoch. Ähnlich wie bei der Konkurrenz betrachtet ihr dabei das Geschehen aus einer dreidimensionalen Perspektive, wobei Ramirez als Polygonmodell immer zu sehen ist. Die Steuerung wurde dafür perfekt an den Dualshock 2 Controller angepasst und sollte niemanden vor größere Hindernisse stellen. Selbst das Zielsystem ist weitaus besser gelungen, als bei den GTA Titeln. Per Zeitlupensprung könnt ihr die Gegner in aller Ruhe auch im größten Getöse anvisieren und abschießen. Das dabei eine Menge Blut spritzt verwundert nicht, immerhin hat Total Overdose ein „ab 18“ USK Rating bekommen. Erstaunlicherweise behindert die relativ gute Kameraführung euch kaum beim ballern. Davon können sich ruhig einige andere Titel auch eine Scheibe abschneiden. Im Laufe des Spiels könnt ihr zudem verschiedene Bonuszeichen aufsammeln. Diese Items erhöhen eure Gesundheit, oder gestehen euch mehr Munition zu. Letzteres ist nämlich ein großer Mangel, denn oft steht man nur noch mit einem Stock oder Ast bewaffnet einer Horde Banditen gegenüber. Etwas freigiebiger hätten die Entwickler schon sein dürfen, immerhin ist Total Overdose kein Schleichspiel, sondern bietet kompromisslose Action. Beweis dafür sind unter anderem die zahlreichen Specialmoves, die Ram im Laufe der Zeit erlernen kann. Mit diesen furiosen Zuschaustellungen von Waffengewalt, räumt der Undercoveragent in null Komma nix mit seinen Feinden auf. Doch nicht nur auf Waffengewalt kann sich Ramirez verlassen, zusätzlich kann er zahlreiche Fahrzeuge benutzen, die in den Missionsarealen herumstehen. Zwar ist die Fahrzeugsteuerung nicht ganz gelungen (man driftet viel zu schnell und zu oft), aber wirkliche Probleme dürfte niemand dabei haben.
Zwischen den abwechslungsreichen Missionen findet man sich in der Stadt Los Toros wieder. Hier überlässt das Spiel euch komplett den roten Faden und ihr könnt neben zahlreichen Minispielen, auch viele Nebenaufträge erledigen. Das die Entwickler sich dabei was gedacht haben, dürfte jedem klar sein, denn für bestandene Missionen, winken neue Punkte und andere Upgrades. Leider ist das Navigieren durch die in mehrere Stadtviertel unterlegte City etwas umständlich, was zum einen an den vielen Ladezeiten und zum anderen an dem umständlichen Straßennetz der Metropole liegt. Hätte man wenigstens eine brauchbare Karte, wären diese Umstände vielleicht noch verschmerzbar gewesen. Da die Minikarte jedoch ein Witz ist, irrt man öfters durch die kleinen Viertel umher, um letztlich den Ausgang in das gewünschte Stadtviertel zu finden. Allerdings müssen das die Entwickler gewusst haben, warum sonst hätten sie eine Möglichkeit im Menü geschaffen, die Missionen auch per einfachen Klick zu starten?
Ariba Andale
Teilweise sorgen riesige Missionsgebiete für ordentlichen Spaß beim Zocken, denn neben vielen gelungenen Details, kann auch die stabile Framerate überzeugen. Leider sieht das in den freibefahrbaren Stadtabschnitten etwas anders aus. Hier stottert die Framerate des Öfteren und die Gebiete sind im Vergleich zu Grand Theft Auto III recht klein geraten. Somit darf man bei der Suche nach neuen Missionen immer wieder Ladebildschirme ertragen, was natürlich nicht gerade Spaß fördernd ist. Außerdem sollte man die Auto-Save Funktion deaktivieren, es sei denn man will sich nach jeder Mission eine Tasse Kaffee gönnen, denn solange braucht das Spiel nämlich zum Speichern. Im Gegensatz zu den technischen Mängeln, trumpft Total Overdose immerhin mit einem eigenen Stil auf, der die Daueraction passend widerspiegelt.
Molotov – Cocktail
Zu einem zünftigen Mexiko Flair gehört natürlich auch ein passender Soundtrack. Und hier hat Publisher EIDOS sich nicht lumpen lassen und eine explosive Mischung aus mexikanischem Crossover, Hip-Hop und Latino zusammengestellt. Damit trägt die musikalische Untermalung stark zur Atmosphäre bei und lässt Total Overdose wirklich als den Actionkracher erscheinen, der er sein will. Weniger gelungen ist die Sprachausgabe. Zwar hat man auch hier relativ gute Sprecher angeheuert, doch sowohl die deutsche als auch englische Version können nicht vollends überzeugen. Bei der englischen Version passen einfach einige Stimmen überhaupt nicht, während bei der deutschen Variante vor allem die Sprecher der Hauptfiguren stark unmotiviert wirken. Gut gelungen sind jedoch in beiden Spielen die mexikanischen Akzente der Einwohner von Los Toros.
FAZIT:
Wie so viele neue Actionspiele, möchte auch Total Overdose gerne wie Grand Theft Auto sein, kann aber die hohen Standards bei Präsentation und Spielgefühl nicht erreichen. Anstatt die Spieler mit einem unausgegorenen Free-Roaming Konzept zu ärgern, hätten die Entwickler den Titel lieber straffer und linearer gestalten sollen. Denn ohne die nervige Sucherei und die ständigen Ladezeiten hätte Total Overdose bei weitem besser in unserem Test abgeschnitten. Denn Spaß macht es schon, wie ein Irrer in der Gegend herumzuballen und auf mexikanische Art mit dem Gesindel aufzuräumen, zumindest solange man nicht ziellos durch die Stadt fahren muss, um den nächsten Storyauftrag zu finden, oder zu oft mit irgendwelchen Minimissionen abgespeist wird.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
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Mexikanisches Flair
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Action satt
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Geiler Soundtrack
Minuspunkte:
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Halbgares Free-Roaming Gameplay
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Nur bei Action gibt es Musik
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Permanenter Munitionsmangel