Was haben Baldurs Gate: Dark Alliance I+II, Fallout: Brotherhood of Steel, Champions of Norrath und Champions: Return to Arms gemeinsam? Alle genannten Spiele zählen zur Genreart der Action-Rollenspiele und bieten kooperatives Zusammenspiel und natürlich reichlich Hack & Slay Action. Jedoch teilen sich alle genannten Titel neben den positiven auch die negativen Eigenschaften, wie zum Beispiel eine wenig spannende Story und repetives Gameplay. X-Men Legends bildete da vor gut einem Jahr keine Ausnahme und bot bis auf die bekannten X-Men Mutanten nichts Außergewöhnliches, oder gar Neues. Ob das der schnell nachgeschobene Nachfolger ändern kann, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test.
Abstruse Story
Da X-Men Legends II direkt an den Vorgänger anschließt, müsste man meinen, die Entwickler hätten so etwas wie eine Rückblende eingebaut, um den Spieler noch einmal die jüngsten Ereignisse ins Gedächtnis zu rufen. Aber nichts da, mit gerade mal zwei läppischen Sätzen wird die Vorgeschichte im Handbuch abgetan. Das ist jedoch noch nicht einmal das Schlimmste, in den folgenden zehn Sätzen wird nämlich auch gleich noch die Geschichte zu X-Men Legends II erzählt. Falles es noch niemand den Entwicklern verraten hat, so zerstört man Atmosphäre und baut keine auf. Zwar startet der Titel trotzdem mit einer Rendersequenz, die Magneto, Wolverine und ein paar andere Mutanten als Gruppe vereint zeigt, wie sie gerade Professor Xavier aus einem Hochsicherheitsgefängnis retten, die Ereignisse, die dazu führten, werden jedoch nur am Rande behandelt. Vielmehr wird der Spieler mitten in den Kampf gegen den Supermutanten Apocalypse geworfen, der die Welt zu unterjochen versucht. Das ist auch der Grund, warum Magneto, der Anführer der dunklen Bruderschaft, mit den X-Men zusammenarbeitet. Alleine hat nämlich keine der Gruppierungen eine Chance gegen den Oberfiesling.
Die überladene Story wird zwischen den Kapiteln mit wenigen Videosequenzen weiter getragen und im eigentlichen Spiel nur durch ausufernde Frage/Antwort Gespräche erzählt. Schnell ist der nicht comicerprobte Spieler mit all den Ereignissen, Spielorten und Supervillians überfordert. So werden plötzlich aus heiterem Himmel ehemalige Verfechter des Guten zu Schergen im Dienste von Apocaylpse. Die Begründungen oder besser gesagt die Argumente, die die Mutanten vorbringen, stellen sich dann meist als unrealistisch und vor allem unglaubwürdig heraus. Überhaupt ist der Verlauf der Hintergrundgeschichte äußerst abgehoben und wirkt viel zu überdreht und aufgeblasen. Normalerweise ist ja solches Popkornkino nicht unbedingt schlecht, wenn man wenigstens Spannung und Atmosphäre bieten würde. Im Fall von X-Men Legends II passiert das jedenfalls nicht.
Vier Mutanten
Wenige Überraschungen erwarten den Spieler beim Gameplay. Ihr stellt in gewohnter Manier eure Truppe aus verschiedenen Mutanten zusammen und absolviert lineare Missionen. Zwar besitzt jedes einzelne Teammitglied verschiedene Attribute und Werte, jedoch sind diese kaum spielentscheidend. Überhaupt erreicht die fitzelige Menüführung beim Inventar und den Charaktereigenschaften zu keiner Zeit das durchdachte System der „Champions“ Spiele. Dementsprechend ist es eine Qual, insbesondere mit mehren menschlichen Spielern, die Helden auszustatten. Es gibt weder Bilder der Ausrüstungsgegenstände, noch eine große Anzahl an unterschiedlichen Items und die Schriftgröße der Beschriftungen ist viel zu klein. Das sind aber nur einige Punkte, die bei der Heldenverwaltung negativ auffallen. Neben der Menüführung ist das eigentliche Spielprinzip auch nicht sonderlich berauschend. Denn trotz hunderter Mutantenkräfte, verkommt das Spielgeschehen in der Regel zum pausenlosen „One Button Smash“. Von den besonderen Fähigkeiten der Charaktere wird fast nie Gebrauch gemacht, da in den meisten Fällen der Standartangriff vollkommen ausreichend ist. Schade, denn gerade die Vielzahl der Mutantenkräfte hätte den Titel entscheidend von der Fantasy Konkurrenz abheben können.
Ausgangspunkt einer jeden Mission ist das Basislager, in dem ihr euch Missionsbeschreibungen abholen könnt, neue Items und Anzüge kauft und mit anderen Charakteren redet. Diese verhelfen euch zu dem einen oder anderen Nebenquest, das euch mit zusätzlichen Erfahrungspunkten belohnt. Zuviel solltet ihr jedoch nicht erwarten, da die Nebenmissionen meistens parallel zu der Hauptaufgabe verlaufen. Zwischen den einzelnen Abschnitten trefft ihr dann immer wieder auf besondere Gegner, die euch als Zwischenbosse das Leben schwer machen wollen. Wirklich fordernd sind die wenigsten. Das gilt auch für die riesigen Endgegner, die immer nur mit einer bestimmten Strategie besiegt werden können. Neue Spielfiguren gibt es im Laufe der Story keine mehr dazu, es sei denn, ihr rechnet die versteckten Geheimcharaktere dazu. Um mit ihnen zu spielen, müsst ihr jedoch vorher bestimmte Aufgaben erledigen. Diese reichen vom Sammeln von Datendisketten und Meistern der Gefahrenräume, bis hin zum Erobern von Rüstungsteilen. Damit auch Anfänger die Geheimcharaktere erspielen können, staffelt sich der Schwierigkeitsgrad in drei Kategorien: Leicht, Mittel und Schwer. Wirklich fordernd ist jedoch nur Schwer, die anderen beiden laden eher zum gepflegten Speedrunning der Levels ein.
Multiplayer Madness
Eines der Argumente, die für X-Men Legends II sprechen, ist mit Sicherheit der kooperative Multiplayermodus. Bis zu vier menschliche Spieler können das Spiel gemeinsam durchspielen. Dabei ist es egal, ob man alleine anfängt und die anderen erst später einsteigen, das Spiel hat damit keine Probleme. Auch über das Internet kann man sich Mitspieler suchen. Nur die Inventar- und Fertigkeitenverwaltung ist genauso umständlich wie im Singleplayermodus.
Bunt, Bunter, X-Men Legends II
Anstatt durch immer düstere Dungeons zu ziehen, führt man seine Gruppe in X-Men Legends II durch größtenteils knallbunte Levels. Abwechslung wird großgeschrieben. So reist unsere Heldentruppe über die verbrannten Wüsten von Genosha, durch die Dschungel des Wilden Landes, bis in geheime High-Tech Einrichtungen, die tief unter der Erde versteckt sind. Mit Details und Effekten wurde dabei nicht gespart. So sind gerade die Mutantenkräfte teilweise sehr schön in Szene gesetzt worden. Leider ging das zu Lasten der Framerate, die immer wieder einbricht. Besonders krass zeigt sich das beim Bosskampf gegen Abyss, bei dem die Bildwiederholrate unerklärlicherweise auf ein absolut unzumutbares Level sinkt, obwohl optisch kaum etwas geboten wird. Baldurs Gate: Dark Alliance hat schon vor Jahren gezeigt, wie man solche Spiele nicht nur grafisch umwerfend, sondern auch mit einer anständigen Framerate programmiert. Die „goldene Banane“ verdient sich Activision aber mit der ultra miesen Auflösung der Rendervideos. Wer zum Teufel hat so was durch die Qualitätskontrolle gelassen? Riesige Pixelkanten lassen das ursprüngliche kleine Format erahnen. Das gibt Abzug, schließlich ist auf der DVD genügend Platz für Zwischensequenzen in DVD Qualität!
Die deutsche Sprachausgabe erreicht bestenfalls Mittelmaß. Zwar sind nicht alle Sprecher schlecht, aber oftmals passen weder die Stimmen, noch der Ausdruck, mit dem die Texte vorgetragen wurden. Besonders ärgerlich, da die englische Version (ebenfalls auf der DVD enthalten) mit weitaus besseren Sprechern daherkommt und sogar mit Patrick Stuarts als Professor Xavier glänzen kann. Musikalisch untermalen aufreibende Melodien das Geschehen relativ passend. Den Soundtrack des Jahres sollte man allerdings nicht erwarten.
FAZIT:
X-Men Legends II macht sicher nichts Grundlegendes verkehrt, kann sich jedoch auf der anderen Seite auch nicht von der Konkurrenz abheben. Letztlich ist es nämlich egal, ob man mit Schwert und Zauberstab, oder Adamantium Krallen und Magnetkräften kämpft, das Spielprinzip ändert sich in keiner Weise. Wem das, so wie mir, mittlerweile zu eintönig geworden ist, der wird auch mit X-Men Legends II keine große Freude haben. Fans des Vorgängers und Die Hard Verfechter von Action Rollenspielen, sollten allerdings mit dieser Standartkost ausreichend bedient werden.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
Minuspunkte: