Zu 32-Bit Zeiten waren First Person Shooter auf Konsolen für lange Zeit nur eine Randerscheinung. Vor allem Zocker aus dem PC Lager belächelten die Konsoleros aufgrund der vielen, halbherzig dahin geschluderten Ego-Abenteuer. Neben der Technik war sicherlich auch die Steuerung mit dem Controller für viele ein Kritikpunkt. Doch gegen Ende der PSone Ära änderte sich die Situation plötzlich: Die beiden überragenden Medal of Honor Spiele von Electronic Arts überzeugten nicht nur in Sachen Grafik und Atmosphäre, sondern waren auch noch ausgezeichnet spielbar. Als dann die ersten Demos und Videos von PS2 Shootern auftauchten, waren nicht nur die Sony-Fans hin und weg. Sollten Ego-Shooter doch noch den Durchbruch auf den Heimkonsolen schaffen? Der erste Vertreter dieses Genres auf der PS2 war Free Radicals TimeSplitters, welches pünktlich zum Lauch der neuen Sony Konsole in den Regalen stand. Allerdings hatte die pünktliche Veröffentlichung auch einen Haken, denn wie nahezu alle anderen Launch Titel entstand TimeSplitters unter enormen Zeitdruck, was man im späteren Spielverlauf leider auch sehr oft merkt…
Ähm…Story???
Klar, Ego-Shooter sind, bis auf wenige Ausnahmen, nicht gerade Spiele, die für ihre mitreißenden Storys bekannt geworden sind. Dem hat sich Free Radical scheinbar voll und ganz angeschlossen, denn die Hintergrundgeschichte von TimeSplitters ist schnell erzählt. Die namensgebenden TimeSplitters sind Wesen aus einer fernen, fremden Welt. Nun haben sie ein Dimensionstor geöffnet und fallen auf der Erde ein, um die Menschheit zu versklaven. Sie reisen durch die Zeit und versuchen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft zu manipulieren. An und für sich gar nicht mal so einfallslos. Dummerweise ist es nur so, dass ihr nicht mit einem festen Charakter durch die Zeit reist, sondern in jedem Level einen neuen Charakter steuert. Dadurch wirken die rund 20 Levels vollkommen zusammenhanglos und man kann überhaupt keine Bindung oder Sympathie zu den Spielfiguren entwickeln. Ihr schießt euch durch einen Level nach dem anderen, um so mit der Zeit neue Waffen, Karten und Charaktere für den Mehrspielermodus frei zuschalten. Hier sieht man das erste Mal leider sehr deutlich, dass die Entwickler nicht allzu viel Zeit hatten, um den Titel pünktlich zum PS2 Launch fertig zustellen. Den Solospieler erwartet hier nämlich nicht gerade eine Offenbarung. Spielt ihr auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad, dürftet ihr keine Probleme mit den Aliens haben und das Spiel ist recht schnell durchgespielt. Eure Gegner sind meistens nur pures Kanonenfutter - von einer ausgefeilten künstlichen Intelligenz ist leider gar nichts zu sehen. Habt ihr euch durch die ersten Gegner Heerscharen gemäht, geht es darum, die sehr simpel gestrickten Aufgaben zu erledigen. Diese „Aufgaben“ bestehen lediglich daraus, einen Gegenstand zu finden und ihn zum Anfang des Levels zurück zu transportieren, was nach wenigen Missionen bereits ziemlich langweilig wird. Nach dem ersten Durchspielen schaltet ihr allerdings weitere Schwierigkeitsgrade frei, wo es mehr zu entdecken gibt. Positiv muss man übrigens auch die äußerst flotte Grafikengine erwähnen. Schon im Einzelspielermodus trachten euch oft zehn oder mehr Gegner gleichzeitig nach dem virtuellen Leben und trotz allem geht die Engine zu keiner Zeit in die Knie. Selbst wenn Explosionen, Rauch und berstende Scheiben hinzukommen, das Spielgeschehen bleibt durchweg flüssig.
Schräges Feinddesign
TimeSplitters ist ein Spiel, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt, insbesondere bei den Figuren, welche ziemlich aberwitzig entworfen wurden und äußerst ausgefallen wirken, wie bei kaum einem anderen Vertreter des Genres. In Verbindung mit dem abgefahrenen Design haben die Entwickler auf ein schnörkelloses und unkompliziertes Spielprinzip gesetzt. Davon zeugen auch die „Herausforderungen“ im Einzelspielermodus. Dort stehen euch fünfzehn kurze Aufgaben, wie z.B. „Köpfe 30 Zombies in 3 Minuten“ zur Auswahl. Wer zudem genau aufpasst und die Augen offen hält, wird einige Seitenhiebe auf andere Spiele wie „Resident Evil“ oder „Tomb Raider“ entdecken. Trotzdem sollte man dem Modus nicht zu viel Gewichtung zu kommen lassen, denn müsste man im Einzelspielermodus nicht erst die meisten Charaktere und Karten frei spielen, könnte man auf diesen Modus auch gut und gerne verzichten.
Flotter Vierer
Erst wenn ihr euch durch den „Story Modus“ gequält habt, kann das Spiel im Multiplayermodus überzeugen. Schließlich stehen euch dann knapp zwanzig statt der anfänglich vorhandenen fünf Levelkarten zur Verfügung. Sobald sich nun zwei oder mehr Spieler vor der Glotze versammeln, entwickelt sich der Titel zu einer echten Spielspaßgranate. Besonders die kleinen, engen Maps wie „Villa“ bieten Action pur. Zwar finden sich in TimeSplitters größtenteils nur Standardmodi wie „Capture the Bag“ oder „Deathmatch“, aber gerade diese Spiele machen bei weitem auch am meisten Spaß. Insgesamt kann man mit bis zu drei weiteren Spielern gegeneinander antreten, ein Team bilden und gegen den Computer kämpfen, oder sich weitere KI Gegner einladen und ein Deathmatch starten. Dank der flüssigen Grafik und der guten Steuerung war das Mehrspielergemetzel damals auf einer Konsole eine kleine Sensation. Allerdings muss man auch auf ein paar Kleinigkeiten verzichten, was aber dem Spielspaß zum Glück keinen großen Abbruch tut. So haben die Entwickler beispielsweise die herumliegenden Waffen gegen Symbole ausgetauscht, um etwas Rechenleistung zu sparen. Das sind jedoch nur kleine Änderungen, die für ein konstant flüssiges Spiel gern in Kauf genommen werden. Am Ende eines Matches bekommt ihr eure Leistung durch verschiedene Statistiken ausgewiesen und eventuell die eine oder andere Auszeichnung verliehen. Ihr habt zwar nichts davon, aber besonders in größerer Runde sorgen die Auswertungen für manchen Lacher. Sind euch und euren Freunden irgendwann die vorgefertigten Maps zu langweilig, habt ihr zudem die Möglichkeit euch eure eigenen Karten zu basteln. Der integrierte Level-Editor ist so leicht zu bedienen, dass schon der erste Versuch befriedigende Ergebnisse erzielen sollte. Die neuen Karten lassen sich natürlich zu jeder Zeit im Multiplayermodus austesten und gegebenenfalls sogar abspeichern. Durch einen Trick der Entwickler wird sogar eure Memory Card geschont. Auf der Speicherkarte werden nämlich nicht die kompletten Levels, sondern nur die notwendigsten Daten zum späteren Errechnen der Umgebungen abgespeichert. Dadurch belegt jede von euch erstellte Karte gerade einmal ein paar Kilobytes auf der Memorycard. Rein theoretisch lassen sich dadurch sogar mehr als 1000 Karten basteln und abspeichern.
Flott aber trist
Wie bereits erwähnt, hat Free Radical eine wirklich schnelle Engine auf die Beine gestellt, die selbst beim stärksten Gegneraufkommen nicht in die Knie geht. Leider merkt man auch recht schnell warum, denn die Grafik ist ziemlich trist und flimmert extrem! Die Umgebungen wurden nur mit dem Nötigsten ausgestattet und eine Interaktion mit Objekten ist bis auf zerschießbare Fenster nicht möglich. Die Texturen wiederholen sich zudem ständig, sind recht unansehnlich und farblich sehr einfach gestaltet. Selbst beim Launch des Spiels vor mittlerweile fast 5 Jahren wurde die triste Grafik bereits kritisiert. Das Spiel bietet zwar einige kleinere Spielereien wie Mündungsfeuer, Rauch und recht ansehnliche Explosionen, was aber alles schon damals nahezu jeder halbwegs anständige Ego-Shooter zu bieten hatte. Grafisch wird das Spiel der Hardware auf keinen Fall gerecht und auch die Soundkulisse wirkt etwas sehr dürftig. Der Soundtrack läuft eher unauffällig im Hintergrund und Sprachausgabe gibt es praktisch nicht. Einzig einzelne Ausrufe und Schreie der Gegner sind während des Spielens zu hören. Dialoge mit anderen Charakteren gibt es ebenso wenig, wie Zwischensequenzen, in denen man mehr über Charaktere und Story erfahren könnte. Die Atmosphäre im Spiel, zumindest im Singleplayermodus, zeigt deswegen gegen Null und man weiß zu keiner Zeit, warum man eigentlich die diversen Aufgaben erledigen muss.
FAZIT:
So bleibt von Timesplitters ein etwas zwiespältiger Eindruck übrig. Zum einen ist da die wirklich pfeilschnelle Grafik, der aber die tristen Levels und das starke Grafikflimmern gegenüberstehen. Dann gibt es noch den wirklich vorzüglichen und unkomplizierten Mehrspielermodus, dem allerdings auch ein äußerst schwacher Einzelspielerpart Paroli bietet. Timesplitters ist im Grunde kein schlechtes Spiel, aber eben auch kein wirklich gutes. Wer eher alleine spielt und Wert auf eine klasse Story sowie tolle Grafik legt, der sollte lieber zu anderen Genrevertretern greifen. Für Multiplayerfreunde ist das Spiel aber auch heute noch durchaus einen Blick wert! Hätten sich die Entwickler einige Monate mehr Zeit genommen und die Schwächen ausgebügelt, wäre Timesplitters wohl in höhere Wertungsregionen vorgestoßen. So aber, gibt es zwei extrem unterschiedliche Bewertungen für den Solo- und Mehrspielerpart.
[ Review verfasst von Redzora ]
Pluspunkte:
Minuspunkte: