Obwohl sich die PS2 Ära mit großen Schritten ihrem Ende nähert, bekommen wir noch heute unzählige Highlights spendiert, die sogar einige der so genannten Next Generation Games problemlos in den Schatten stellen. Eines dieser herausragenden Spiele ist das von Square Enix entwickelte Rollenspielmeisterwerk Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs. In unserem ausführlichen Test klären wir auf, warum jeder Rollenspielliebhaber an diesem Titel nicht vorbei kommen wird und versuchen herauszufinden, ob das Spiel sogar das Zeug dazu hat, die eigene Konkurrenz (Final Fantasy) in den Schatten zu stellen.
Dragon Quest Superstar
Während der Name „Dragon Quest“ in Deutschland noch recht unbekannt ist, besitzt die Marke in Japan einen immens großen Status, der sogar noch die berühmte Final Fantasy Reihe übertrumpft.. Am Besten lässt sich dies an einigen Fakten belegen:
Die in Japan erschienenen Dragon Quest Spiele (26 an der Zahl), konnten sich seit 1986 ca. 40 Millionen Mal verkaufen
Innerhalb von nur zwei Tagen verkaufte sich Dragon Quest VIII über 2 Millionen Mal in Japan
Sämtliche Dragon Quest Spiele erscheinen nur am Wochenende, da man Angst davor hat, dass zu viele Arbeiter und Schüler aufgrund der Veröffentlichung blau machen würden
Wie ihr sehen könnt, haben wir es hier nicht mit irgendeinem No Name Produkt aus dem fernen Osten zu tun. Ganz im Gegenteil – Dragon Quest ist eine der Videospielerfolgsgeschichten aus Asien. Leider hat es jedoch bislang nur ein einziges Spiel der Serie nach Deutschland geschafft und zwar der Pokemon Klon „Dragon Quest Monster“ für den Game Boy Color. Deswegen verzichtet Square Enix auch auf eine Nummerierung hierzulande, da man die Marke in Europa erst testen und langsam aufbauen möchte. Trotzdem handelt es sich bei Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs um eine 1:1 Umsetzung des japanischen Originals Dragon Quest VIII. Wer jetzt aber befürchtet, ähnlich wie bei Xenosaga II, ins einskalte Storywasser geworfen zu werden, kann beruhigt aufatmen. Schließlich handelt es sich bei jedem Teil der Serie um ein eigenständiges Spiel. Nichtsdestotrotz gibt es hier und da einige stilistische Merkmale, die alle Titel gemeinsam haben (zum Beispiel das Monsterdesign). Ähnlichkeiten zur Final Fantasy Serie bestehen natürlich nur rein zufällig, aber es hat schon etwas Ironisches, wenn man bedenkt, dass die einst härtesten Konkurrenten (Squaresoft und Enix) nun unter einer Flagge vereint sind.
Story ohne „Deluxe“
Obwohl die Hintergrundgeschichte nicht ganz das Niveau eines typischen Final Fantasy Spiels erreicht, zeichnet sie sich vor allem durch die unterhaltende Erzählweise, sowie den fantastischen Charakteren, denen man im Verlauf des Abenteuers über den Weg läuft, aus. Die unzähligen charismatischen Figuren stammen dabei aus der Feder des japanischen Starmangaka Akira Torijama, der sich im Vorfeld bereits durch seine unzähligen Dragonball Manga einen Namen machen konnte. Aber auch bei Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs zeigt der alte Herr, dass er es einfach drauf hat: Zwar könnten die einzelnen Charaktere unterschiedlicher nicht sein, doch wirken sie stets sympathisch und durchweg gut entworfen. Lediglich der namenlose Held des Spiels hinkt im Vergleich zu den anderen, oftmals bizarren, Persönlichkeiten etwas hinterher, was allerdings auch an der nicht vorhandenen Synchronstimme liegen kann. Stattdessen ist es ganz allein am Spieler, sich ein eigenes Bild vom Hauptcharakter zu machen. Doch zurück zur Story: Wie der Untertitel schon vermuten lässt, geht es bei Dragon Quest um die abenteuerliche Reise eines verwunschenen Regenten. Dieser wurde nämlich hinterrücks von seinem eigenen Hoffnarren in einen kleinen mickrigen (und noch dazu grünen) Gnom verwandelt, als dieser die Macht über ein magisches Zepter errang. Gleichzeitig übernahm Dhoulmagus (so der Name des närrischen Verräters) die Gewalt über das gesamte Schloss. Lediglich unser namenloser Held, König Trode und seine Tochter Medea (die sich unglücklicherweise in ein Pferd verwandelte) konnten sich aus dem Schrecken befreien. Dementsprechend dürfte für jeden das Tiel klar ersichtlich sein. Als Leibwächter des Königs müsst ihr den gefährlichen Narren Dhoulmagus dingfest machen, um nicht nur den König und seine Tochter zurückzuverwandeln, sondern auch den bisherigen Status Quo wieder herzustellen. Richtig interessant wird es jedoch erst im späteren Verlauf der Geschichte, wenn ihr auf weitere illustre Gesellen trefft, die euch bei dem schier unmöglichen Unterfangen, Dhoulmagus zu besiegen, zur Seite stehen werden. Natürlich ist das Drehbuch alles andere als oscarreif, doch wen interessiert das schon, wenn man gut 80 Stunden lang bestens unterhalten wird. Denn darin liegt auch die große Stärke des Spiels: Abgesehen von der eher simplen Story (die jedoch später an Fahrt gewinnt), erwartet euch eine gigantische Welt mit unzähligen Sidequests und Nebenmissionen. Das Land Fairbury besteht schließlich aus mehreren Kontinenten, die allesamt frei begehbar sind. Einziges Manko beim vielen Reisen sind die etwas zu lang geratenen Fußmärsche, die ihr jedoch gegebenenfalls mit Hilfe von Items abkürzen könnt. Auf jeden Fall ist es jedoch immer wieder ein Genuss, durch die riesigen Landschaften zu wandern. Unterstützt wird das Spielgeschehen zudem durch einen beeindruckenden Tag und Nachtwechsel. In Sachen Ambiente haben sich die Entwickler im Übrigen am Mittelalter orientiert, was man vor allem an den schlichten Häusern und den pompösen Schlössern erkennt.
Darf ich bitten, my Lord?
Wie nicht anders zu erwarten war, präsentiert sich das Kampfsystem von Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs ganz im Stile eines klassischen Japano-Rollenspiels. Das heißt, dass ihr euch auf ein traditionelles rundenbasiertes Kampfsystem gefasst machen müsst. Die Kämpfe an sich wurden dabei jedoch recht einfach gehalten. So aktiviert sich zu Beginn einer jeden Auseinandersetzung ein Menü, aus dem ihr zwischen den Befehlen Kampf, Zauber, Ability und Items auswählen könnt. Habt ihr euch schließlich für eine Aktion entschieden, heißt es abwarten und Tee trinken, da die nächste Runde erst mit dem Ende des Angriffsdurchlaufs beginnt. Während man die einzelnen Zauber im Laufe der Zeit noch automatisch erlernt, bekommt ihr die Abilities mit Hilfe des simplen Jobsystems. Je nach dem auf welche Waffe ihr euch spezialisiert, werden diverse Attacken frei geschalten, auf die ihr dann unter dem Punkt Ability zurückgreifen könnt. Trotz des simplen Kampfsystems sind die Kämpfe allerdings alles andere als einfach geraten. So zeichnen sich vor allem die stärkeren Gegner durch ihre hohe Durchschlagskraft aus. Damit aber auch ihr kräftig zuschlagen könnt, haben die Entwickler ein neuartiges Aussetz-Manöver hinzugefügt. Umso mehr Runden ihr auf euren Angriff verzichtet, desto stärker wird der am Ende resultierende Schaden, wenn ihr zur finalen Attacke ausruft. Die Anzahl der Zufallskämpfe wurde Gott sei dank relativ fair gehalten, wodurch sich auch Einsteiger schnell zu Recht finden sollten. Ein weiteres Feature ist das Trainieren von eingefangenen Monstern. Die Entwickler haben sich nämlich nicht lumpen lassen und eine so genannte „Monster Rufen“ Funktion eingebaut. So könnt ihr euch an jedem beliebigen Ort freiwillig in einen Kampf verwickeln lassen. Lediglich die zähe Steuerung des Menüs (von wo aus das Feature aktiviert wird) sorgt für ein wenig Zähneknirschen beim Spieler. Kommt jedoch einmal der Zeitpunkt, an dem ihr einfach keine Lust mehr aufs Kämpfen habt, könnt ihr immer noch auf die altbekannte Flucht Funktion zurückgreifen. Das funktioniert allerdings nicht bei den Bosskämpfen, die von Zeit zu Zeit zu bestreiten sind. Dort heißt es: Alles oder nichts.
Topspiel mit Fehlern
Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs gehört ohne Frage zu den besten Rollenspielen der letzten Jahre. Trotzdem gibt es hier und da einige Wermutstropfen, die dafür sorgen, dass dem Spiel eine perfekte Wertung verwehrt bleibt. Zum einen wäre da das altbackene Kampfsystem, welches reichlich überholt wirkt und das Genre nicht wirklich vorwärts bringt. Zum anderen fällt dann auch noch das unbefriedigende Speichersytem negativ auf. So dürft ihr euren Spielstand lediglich in den Kirchen der einzelnen Städte aufzeichnen lassen. Scheitert ihr aber zum Beispiel unverhofft in einem endlos schweren Dungeon, heißt es „Alle Mann zurück und noch mal von vorne“. Herausforderung hin oder her - so etwas sollte es in einem aktuellen Rollenspiel nicht mehr geben.
Do it yourself!
Eine der interessanteren Neuerungen des Spiels ist der so genannte Alchemietopf, den ihr für das Brauen neuer Items benötigt. Wer jetzt denkt, dass es sich hierbei nur um eine sinnlose Dreingabe handelt, wird schon bald merken, dass genau dies nicht der Fall ist. Gelingt es euch nämlich die weltweit verstreuten Rezepte einzusammeln, könnt ihr schon bald mächtige Rüstungen und andere Utensilien erschaffen. Das System erinnert dabei übrigens stark an ein weiteres Level 5 Spiel, nämlich Dark Chronicle.
Grafik & Sound
Schaut man sich die vorangegangenen sieben großen Dragon Quest Spiele einmal genauer an, wird man zwangsläufig feststellen, dass die Grafik nie zu den großen Stärken des jeweiligen Titels gehörte. Etwas anders sieht es hingegen beim ersten PS2 Ableger aus. Statt texturarmer Bitmapfiguren erwarten euch nämlich die schönsten Cel Shading Charaktere der aktuellen Generation. Lediglich die NPCs (Non Player Characters, also Figuren, die nicht spielbar sind) hätten ein wenig mehr Abwechselung verdient, schließlich trifft man in jeder neuen Stadt immer wieder auf die gleichen Personen. Deutlich besser sieht es dagegen bei den Umgebungen aus, die sich zwar einerseits verträumt märchenhaft präsentieren, aber andererseits nie unrealistisch oder zu bunt wirken. Bemerkenswert ist dabei, dass die Entwickler bei den Hintergrundlandschaften auf eine Mischung aus Cel Shading und normaler Videospieloptik gesetzt haben. Ruckler oder Kantenflimmern sucht ihr übrigens genauso vergebens, wie nervige PAL Balken. Die Jungs von Square Enix haben anscheinend aus ihren Fehlern gelernt. Lediglich die Zwischensequenzen (die nur als Videos vorliegen) ruckeln leicht, aber das kann man noch verschmerzen. Alles in allem erwartet euch aber eine lupenreine Bombastoptik, die ohne Frage mit Genregrößen, wie Final Fantasy X oder Kingdom Hearts 2 mithalten kann. Und wo wir schon bei referenzverdächtigen Spieleinhalten sind: Selbst die Akustik des Titels zählt mit zu dem Besten, was man auf der Playstation2 zu hören bekommt. Angefangen mit der grandiosen altenglischen Sprachausgabe, die zwar bestimmt nicht jedermanns Sache ist, aber dennoch perfekt zum Ambiente des Spiels passt, bis hin zu den toll übersetzten deutschen Untertiteln, die gekonnt den Witz und Charme der Vorlage interpretieren. Lediglich der etwas melodienarme Soundtrack hätte ein wenig umfangreicher ausfallen können. Nichtsdestotrotz sind die vorhandenen Lieder aber zu jeder Zeit atmosphärisch und immer noch wohl klingend.
FAZIT:
Ich muss zugeben, dass ich mich bei der Bewertung ziemlich schwer getan habe. So schwankte meine persönliche Einschätzung immer wieder zwischen 8.5 und 9.0. Das mag vielleicht auf den ersten Blick kein großer Unterschied sein, aber immerhin geht es hier ja auch um die Vergabe des heiß begehrten OnPSX Awards. Warum ich mich letztendlich doch für die bessere Wertung entschieden habe, liegt eigentlich sogar auf der Hand. Denn trotz einiger veralteter Aspekte, die man in der Form eigentlich nicht mehr in einem aktuellen Rollenspiel vermuten würde, bekommt man ein Spiel vorgesetzt, dass einen für 80 oder 90 Stunden in eine komplett andere, durchweg faszinierende, Welt versetzt. Und diese Tatsache ist die knappen 60 Euro Kaufpreis vollends wert. Deswegen habe ich zum Schluss doch den OnPSX Award verliehen. Wer also auf gute Rollenspiele steht, sollte Dragon Quest: Die Reise des verwunschenen Königs auf keinen Fall missen.
[ Review verfasst von Dimi ]
Pluspunkte:
Minuspunkte:
Harte Gegner
Mieses Speichersystem
Das Spiel hat ein Ende