Ich muss zugeben, seit der Ankündigung vor zwei Jahren, ist mein Interesse an „Assassins Creed“ stetig gestiegen. Neben der prächtigen Grafik konnte ich mich vor allem für das unverbrauchte Ambiente begeistern. Einen Assassinen zu Zeiten der Kreuzzüge im Heiligen Land zu spielen, bot damals wie heute großen Reiz. Nach etlichen Verschiebungen steht das Spiel nun endlich in den Läden und wider Erwarten muss ich meine Meinung nochmals überdenken. Wieso und warum – das erfahrt ihr in unserem neuesten absolut kritischen Test.
Multimedia Attentäter
Huch, was ist denn mit dem Setting passiert? Anstatt in Jerusalem oder Damaskus zu erwachen, zeigt sich mir ein futuristisches Labor. Plötzlich kommt mir ein schrecklicher Gedanke: Oh nein – bitte kein weiteres 08/15 Sci-Fi Zeitreise Gedöns. Nach einigen Spielminuten folgt dann jedoch eine gewisse Erleichterung. Es gibt im Spiel keine Zeitreisen, aber ganz ohne Epochenwechsel kommt auch „Assassins Creed“ nicht aus. Im Grunde ist die Geschichte in der heutigen Zeit angesiedelt, wo ein mysteriöses Großunternehmen versucht, mit Hilfe des DNA Erinnerungsentschlüsselungsgerätes Animus an Informationen aus einer längst vergangenen Zeit zu kommen. Um was es sich dabei handelt, wird anfangs nicht verraten. Warum auch, denn das Versuchskaninchen ist lediglich ein einfacher Barmann. Allerdings war das nicht immer so. Die Vorfahren von Desmond Miles gingen als Assassine ihrem Handwerk nach und Mr. Miles ist ihr legitimer Nachfahre. In der Rolle seines Ahnen Altaïr Ibn La-Ahad erlebt man in dem Simulator verschiedene Erinnerungsfragmente, die sich nach und nach zu einem erschreckenden Ganzen zusammenfügen. Insgesamt ist die Hintergrundgeschichte zwar nicht unbedingt das, was ich mir erhofft habe, aber interessant ist sie dennoch. Schade nur, dass der Großteil der Zwischensequenzen steif und langatmig präsentiert wird und somit richtige Spannung nur zum Schluss aufkommt- kurz bevor man von einem äußerst lahmen Ende enttäuscht wird. Hier wurde augenscheinlich zugunsten eines möglichen Nachfolgers viel Potential verschenkt und ich hätte mir eine bessere Ausarbeitung der Geschichte gewünscht.
Immer wieder das Gleiche
Insgesamt neun Persönlichkeiten muss Altaïr im Laufe des Spieles eliminieren. Einer nach dem anderen, immer der Reihe nach. Vor jedem Attentat ist jedoch erst einmal die Erkundung eines neuen Stadtteiles angesagt. Dazu klettert man unbemerkt auf hohe Bauwerke, späht nach zusätzlichen Aufgaben und belauscht, verprügelt oder bestiehlt Handlager, um an Informationen über sein Ziel zu kommen. Das ist in der ersten Stunde noch interessant, doch spätestens beim dritten Anschlag fängt das Konzept an zu langweilen. Denn und das ist ein wichtiger Minuspunkt: Finesse wird bei den Tötungen nie verlangt. Prinzipiell läuft jedes Attentat also nach dem gleichen Muster ab. Man rennt zum Zielort, schaut sich eine Videosequenz an und macht sich daran, die jeweilige Person im Schwertkampf auszuschalten. Danach flüchtet man, vornehmlich über die Dächer, zurück zum Außenposten der Assassinengilde. Und fertig! Wenn ich an ähnliche Titel wie „Thief – der Meisterdieb“ (PC) denke, wo man bestimmte Gegenstände heimlich klauen musste, dann tun sich hier riesige Abgründe auf. Während bei dem alten PC Spiel Geschick und lautloses Vorgehen gefragt waren, macht es bei „Assassins Creed“ schlichtweg keinen Unterschied, ob man das Subjekt klammheimlich oder in aller Öffentlichkeit tötet. Wichtig ist nur, dass man es eliminiert und danach entkommt. Der einfache Spielablauf wird durch die Tatsache, dass sich die Entwickler nur auf ein paar Waffen konzentriert haben, auch nicht spannender. Neben einem Fingermesser, Schwert und Wurfmessern kann Altaïr auf keine anderen Gegenstände zurückgreifen. Eine Armbrust (wird im Trailer zu sehen) sucht man genauso vergebens, wie Gifte oder spezifische Verkleidungen. Das schränkt die Möglichkeiten zur Ausschaltung der Opfer ziemlich stark ein und trägt nur noch weiter dazu bei, dass ein Auftrag dem anderen ähnelt. Dazu kommt noch, dass das eigentliche Erkunden der verschiedenen Städte (insgesamt 10 Bezirke) die meiste Spielzeit verschlingt. Aber auch hier macht sich die fehlende Abwechslung bemerkbar. Irgendwann hat man einfach keine Lust mehr, wieder einem Bürger in Not zu helfen. Genauso verhält es sich mit der Reiterei, die man optional zwischen den Missionen bewältigen kann. Nur um ein paar Flaggen einzusammeln, reite ich doch nicht jedes Mal fünfzehn Minuten von einer Stadt zur Nächsten. Aber nicht nur das Missionsdesign ist wenig berauschend, auch andere Punkte fallen negativ auf. Zum Beispiel muss man (vor allem später) permanent Langsamlaufen bzw. Reiten, um nicht aufzufallen. Das zerrt an den Nerven und wurde etwas übertrieben eingebaut. Normal gehen OK, aber immer nur Schleichen ist definitiv zuviel des Guten. Wenigstens funktioniert die Steuerung mit dem Sixaxis Controller recht ordentlich und bis auf das Klettern, das ein wenig schneller von statten gehen könnte, gibt es keine Anlässe zur Kritik. Das Kampfsystem, obwohl einfach gestrickt, reicht auch für das Gebotene vollkommen zu. Spätestens mit dem Gegenangriff kann man die meisten Gegner problemlos ausschalten. Die Motivation zum Weiterspielen, bekommt man praktisch nur durch die authentische Atmosphäre in den drei Städten geboten. Die vielen geschäftigen Menschen, die aufmerksamen Wachen und die schönen Texturen lassen die Umgebungen realistisch und irgendwie auch glaubhaft erscheinen. Das ist den Entwicklern wirklich ausgezeichnet gelungen!
Der nahe Osten ruft
Das finale Spiel ähnelt den ersten Screenshots wirklich stark, was schon einmal nicht verkehrt ist, schließlich konnten die Bilder bereits zu Anfang überzeugen. Leider hapert es jedoch bei der Framerate. Das permanente Zuckeln, teilweise sogar mit heftigen Slowdowns und zu jeder Zeit mit viel Tearing, macht flüssiges Spielen fast unmöglich. Manche mögen eventuell denken, dass ich übertreibe und unter Umständen mag das auch zutreffen, aber gerade wenn man ein solches Spiel auf einem großen Bildschirm zockt, lenken die technischen Schwächen außerordentlich ab. Gäbe es diese Unzulänglichkeiten nicht, dann könnte man die grafische Arbeit nur noch loben. Texturqualität, Weitsicht und eine wahnsinnige Liebe zum Detail lassen die Städte pulsieren und lebendig erscheinen. Auch die Animationen von Altaïr und den anderen Figuren lassen keine Wünsche offen. So elegant wie sich der Assassine an Wänden hinauf hangelt und über Dächer springt, sieht man kaum einen anderen Spielhelden agieren. Der dezente Soundtrack, sowie die passenden Umgebungsgeräusche sorgen für eine gehaltvolle Atmosphäre. Nur die mittelmäßige deutsche Sprachausgabe passt da nicht ins Bild. Anstatt einer professionellen Vertonung wie im Kino, lauscht man nur dilettantischen Sprechern, die – wie es scheint – ihre Texte im ersten Anlauf vom Blatt abgelesen haben. Schwach und wieder einmal typisch für Ubi Soft.
FAZIT:
Zu viel Hype tut keinem Spiel gut. Ein passender Beweis für diese These ist „Assassins Creed“. Im Vorfeld wurden dem Titel von Entwickler und Presse gleichermaßen, eine einzigartige Vision und ein äußerst erfrischendes Spielerlebnis zugesprochen. Doch sobald man selbst Hand anlegt, offenbart sich ein eher mittelmäßiges Abenteuer, das durch seinen monotonen und wiederholenden Spielablauf, steifer und unspektakulären Handlung und einer unausgegorenen Technik bei weitem nicht das verkörpert, was es eigentlich sollte. Versteht mich nicht falsch, man kann „Assassins Creed“ auch einige positive Seiten abgewinnen, aber den erhofften Heilsbringer verkörpert der Titel definitiv nicht. Wer „Prince of Persia“ und „Splinter Cell“ mag, sollte deshalb einen Blick riskieren, wer dagegen ein cooles Action-Adventure sucht, greift lieber zu „Uncharted: Drakes Schicksal“.
[ Review verfasst von .ram ]
Kommentar zum Update:
Kurz nach der Veröffentlichung des Spieles schob Ubi Soft bereits einen ersten Patch nach, der vor allem dafür sorgen sollte, dass „Assassins Creed“ stabiler läuft. Ich hatte vor und nach dem Update keinerlei Probleme mit Abstürzen oder Ähnlichem, trotzdem spricht diese Politik Bände für die unleugbar miese Qualitätssicherung beim französischen Publisher. Unfertige Spiele mag man vielleicht vom PC gewohnt sein, aber auf Konsolen hat so etwas nichts zu suchen!
Pluspunkte:
- Vermittelt gute Stadtatmosphäre
- Grafik sieht im Standbild gut aus
- Ordentliche Bedienung
Minuspunkte:
- Billiges Missionsdesign
- Wenig Abwechslung
- Dauerruckeln