Unser neuestes Review befasst sich mit dem heiß erwarteten vierten Teil der „Devil
May Cry“ Reihe. Aber eines gleich vorweg: Nachdem man sich mit Dante durch drei
fantastische Abenteuer auf der PlayStation 2 gekämpft hat, ist es nun an der
Zeit das Schwert weiterzureichen. Und zwar an Nero, einen sturköpfigen jungen
Draufgänger. Er mag vielleicht nicht ganz so cool sein wie Dante, wird aber
dennoch im weiteren Spielverlauf äußerst sympathisch. Was sich sonst noch so
geändert hat und welche Verschlimmerungen / Verbesserungen es gibt, klären wir auf
den folgenden Zeilen.
Dieser Teufel trägt mit Sicherheit kein Prada
Mit dem Glauben ist das so eine Sache: Entweder man hat ihn, oder man hat ihn
nicht. In dem kleinen Küstenstädtchen Fortuna jedenfalls ist er sehr stark
vertreten und wird durch den heimischen Orden des heiligen Schwertes auch noch
gefördert und geschürt. Anbetungsgegenstand Nummer 1 und Inhalt von zahlreichen
Predigten ist dabei Sparda, der als Erlöser und sogar als Gott angesehen wird. Kenner
der Serie wissen, dass der dunkle Ritter alles andere als ein Engel war.
Vielmehr handelte es sich um einen Dämonen, der gegen andere Teufel kämpfte und
die beiden Brüder Dante und Vergil zeugte. Den jungen Draufgänger Nero kümmert das
nur wenig, denn er hat nur Augen für eine hübsche Sängerin des Ordens namens Kyrie.
An einem schicksalhaften Tag werden beide Zeuge eines brutalen Anschlags auf
den Hohenpriester Sanctus, der wieder einmal ein Loblied auf Sparda anstimmt.
Überraschenderweise stellt sich heraus, dass der Attentäter einem ehemaligen
Helden (Dante) verdammt ähnlich sieht. Doch was steckt hinter diesem
heimtückischen Angriff? Und welche Rolle spielt Nero in dem Ganzen? Fragen über
Fragen, die es in den nächsten zwanzig Kapiteln aufzuklären gilt. Die
Geschichte fällt im Großen und Ganzen OK aus. Sie wartet zwar nicht mit vielen
Handlungswendungen auf, ist aber besser in Szene gesetzt worden, als die
Ereignisse in Teil 3. Klar auch hier wird mit ausreichend oberflächlichen
One-Linern der Marke „Ich werde dich retten, egal was passiert“ um sich
geschmissen, aber dank der genialen (und häufig überzogen skurrilen)
Zwischensequenzen dürfte das kaum jemanden stören. Die Präsentation ist nämlich
ein weiteres Mal allererste Sahne!
Bring me the Devil!
Wenn es um Actionspiele geht, sind ein durchdachtes Kampfsystem und ein motivierendes
Gameplay das A und O. Schließlich kämpft man sich für die nächsten zehn bis
zwölf Stunden durch unzählige Gegnermassen. Bei einer überschaubaren Anzahl von
Moves und Aktionen kann das schnell langweilig werden (siehe „Dynasty Warriors“
Serie). Capcom ist es jedoch in „Devil May Cry 4“ gelungen, die Steuerung der
Vorgänger auf die nächste Ebene zu hieven. Grund dafür ist unter anderem die
neue Spielfigur Nero, der sich in vielerlei Hinsicht von Dante unterscheidet. Den
Auffälligsten findet man an seinem Arm: Der so genannte Devil Bringer erlaubt
es Nero, Gegner herumzuschleudern, fort zu schlagen und zurückzuholen. Aber
auch das Beschwören von Dämonenenergie wird damit möglich. Nebenbei besitzt der
Neuling auch noch ein mächtiges Schwert (Red Queen), sowie eine schlagfertige
Pistole (Blue Rose). Beide Komponenten können im Laufe des Spiels aufgewertet
werden. Um dies zu erledigen, bedarf es spezieller Punkte, die es im Anschluss
einer jeden Mission gibt. „Devil May Cry 4“ verzichtet somit auf einen
kohärenten Spielablauf, wodurch die Umgebungen, wie auch schon im dritten Teil
in einzelne Abschnitte unterteilt sind. Dementsprechend kann man jeder Zeit
frei wählen, von wo man nun beginnen möchte. Damit es dafür auch genug Anreiz gibt,
wird nach jeder abgeschlossenen Stage eine Bewertung vorgenommen. Je besser die
Note desto mehr Punkte gibt es schließlich aufs Konto, wo wir wieder beim
Gameplay wären. Combos sind in „Devil May Cry 4“ so wichtig wie noch nie zuvor.
Dank der eingängigen Steuerung, sowie der Hülle und Fülle an Moves kann man mit
genügend Können ganze Ketten von Angriffen aneinander reihen und die Coolness
der Zwischensequenzen Wirklichkeit werden lassen. Während die Kämpfe in den
vorherigen Teilen noch etwas hölzern und abgehackt wirkten, sehen die Bewegungen
inzwischen absolut geschmeidig aus und Combo-Akrobaten werden somit ihre helle
Freude an dem Titel haben. Gebessert hat sich gegenüber dem Vorgänger auch der
Schwierigkeitsgrad. Zu Anfang stehen schon einmal zwei Spielstufen zur Auswahl:
Mensch und Teufelsjäger. Während die Erste dazu dient, dass wirklich jeder das
Spiel erfolgreich beenden kann, ist die zweite nur ein Vorgeschmack auf kommende
Härtegrade, die man frei schalten kann. Profis sollten gleich als Teufelsjäger
anfangen. Aber Achtung, man kann nach wie vor nur während der Missionen
speichern. Zu guter letzt sollte man noch erwähnen, dass Dante auch noch einen
Auftritt haben wird und definitiv nicht zum alten Eisen zählt. Genauso wie Nero
verfügt auch er über ein umfangreiches Kampfrepertoire, das dem des Vorgängers
ähnelt. Mit Gunslinger, Swordmaster, Trickster und Royal Guard gibt es vier
Stile, die sich miteinander verbinden lassen. Dabei kommt sogar eine nützliche
Verbesserung zum tragen: Statt wie bisher umständlich über Menüs zu gehen, kann
man nun Stile und Waffen im Spiel flüssig wechseln – das wurde ja auch mal
Zeit!
Last-Gen Gamedesign
Während das Kampfsystem auch heute noch Spaß macht und um nützliche Features
erweitert wurde, sieht es beim eigentlichen Spieldesign nicht ganz so rosig
aus. Zum Beispiel fand ich es ein wenig enttäuschend, dass die Rätsel nur
Standardkost bieten (Kreiselklingen *gähn*) und nicht wirklich fordernd oder zahlreich
vertreten sind. Natürlich ist es immer schwierig, ein gesundes Mittelmaß von Denkaufgaben
und Kämpfen zu finden, aber ein wenig mehr Abwechslung hätte „Devil May Cry 4“
auch nicht geschadet. Der Fokus liegt nämlich klar auf der Kampfaction! Deshalb
fällt auch das nervige Backtracking in der zweiten Spielhälfte ungemein negativ
auf. Man bekommt dabei den Eindruck, als ob die Entwickler die Spielzeit
künstlich strecken wollten. Ähnlich verhält es sich mit den eng abgesteckten
Spielabschnitten, die immer wieder durch kurze Ladebildschirme beim Öffnen
einer Tür unterbrochen werden. Das hätte man doch sicher auch besser (zum
Beispiel durch Streaming) lösen können. Auch nicht gerade schön ist der
obligatorische Boss-Marathon am Ende des Spiels. Nochmals alle Obermotze zu
vermöbeln, macht wie das Würfelspiel, nicht unbedingt viel Laune. Aber nun gut,
wenigstens fordern die zahlreichen Schergen verschiedene Taktiken und dank der
zusätzlichen Waffen / Fähigkeiten der Helden entwickelt sich das Kampfsystem immer
weiter. Zur Sixaxis Bewegungssteuerung bleibt nur zu sagen, dass diese optional
zum Steuern der Kamera genutzt werden kann, das aber aufgesetzt und
unübersichtlich wirkt. Etwas mehr Gedanken darüber hätten sich die Japaner bei
dem ehemaligen PS3 Exklusivtitel schon machen können!
Optik = Style
„Devil May Cry 4“ zeigt eindrucksvoll, dass Capcom zu den fähigeren Entwicklern
dieser Generation gehört. Die prächtige Grafik wartet mit superflüssigen
Animationen, teilweise extrem coolen Umgebungen und bietet zudem noch solide
60fps, die nur an wenigen Stellen leicht einknicken. Dafür gibt es aber
immerhin auch kein Tearing. Besonders imposant sind jedoch die gigantischen
Bossgegner, die mitunter sogar den ganzen Bildschirm einnehmen. Und genau so etwas
will man auf der PlayStation 3 sehen! Ebenso genial wurden übrigens die unzähligen
Zwischensequenzen in Szene gesetzt, die vor Coolness und schnittigen
Kamerafahrten nur so strotzen. Schon alleine das Intro + Tutorial hat mich
umgehauen, aber auch die unglaublich schnellen und furiosen Kämpfe bringen den
Spieler immer wieder zum Staunen. Bei all dem Lob gibt es aber auch ein paar
Kritikpunkte: Für Abstriche in der B-Note sorgen vor allem die hässlichen
Schatten (Stichwort Dschungel), sowie die unvollkommene Kantenglättung. Um die
Ladezeiten kurz zu halten, muss man das Spiel zudem beim ersten Mal auf die
Festplatte installieren. An sich kein Verbrechen wenn diese Angelegenheit a)
optional wäre, b) keine 20 Minuten in Anspruch nehmen würde und c) man sich
dann nicht immer noch mit zahlreichen kurzen Ladebildschirmen herumplagen
müsste.
Kyrie... KYRIEEEEEE!!!
Der Soundtrack erinnert stark an die musikalische Untermalung aus Teil 3.
Sobald die Kämpfe beginnen, setzt auch in „Devil May Cry 4“ ein fetter
Elektro-Soundtrack ein, der mit energiegeladenen Beats und einer coolen Stimme
mächtig Arsch tritt. Schade nur, dass es nicht sonderlich viele Variationen
gibt und sich die Stücke dadurch oft wiederholen. Die englischen Stimmen gehen
soweit in Ordnung, wobei nicht jeder Sprecher gleichzeitig einen guten Job
abliefert. Nero, Sanctus und die Bosse wissen beispielsweise zu gefallen,
während Dante etwas merkwürdig klingt. Kräftigen Abzug gibt es für die viel zu
leise Abmischung der Stimmen. Sobald Musik (vor allem in den Zwischensequenzen)
zu hören ist, gehen die Sprecher komplett unter. Bloß gut, das es optionale
Untertitel gibt, auch wenn diese nicht immer optimal lesbar sind.
Online May Cry?
Erstmals gibt es in einem „Devil May Cry“ Spiel eine Onlineanbindung. Allerdings
dient diese nicht zum kooperativen Spielen - lediglich zum Abfragen von Ranglisten
kann man sich einwählen. Neben den eigenen Erfolgen und Rekorden darf man auch
die Ergebnisse der Leute aus seiner PSN Freundesliste einsehen. Die
spartanische Aufführung macht dieses Feature jedoch verzichtbar.
FAZIT:
„Devil May Cry 4“ besaß definitiv das Potenzial, das
Actiongenre neu zu definieren. So wie es Teil 1 damals auf der PS2 schaffte.
Doch nach mehrmaligen Durchspielen steht für mich fest - irgendwie habe ich
mehr erwartet. Die Gründe für meine leichte Enttäuschung liegen auf der Hand: Statt
einer Gameplayrevolution gibt es lediglich eine Evolution des Althergebrachten.
Und selbst diese ist nicht in allen Formen gelungen, was man zum Beispiel am
Backtracking und den wiederkehrenden Bossen sieht. Dadurch erinnert Teil 4 in
mehr als nur einer Hinsicht (negativ) an seine Vorgänger. Wer allerdings mit
diesen bereits rundum zufrieden war, der wird auch mit „Devil May Cry 4“ glücklich
werden! Alle anderen erwartet ein cooles Actionspiel, das jedoch etwas hinter
seinen Möglichkeiten zurückbleibt.
[ Review verfasst von Dimi ]
Pluspunkte:
- Schöne Grafik mit 60fps
- Fantastische Zwischensequenzen
- Umfangreiches Kampfsystem
Minuspunkte:
- Enormes Backtracking
- Geringfügige Neuerung, vieles wie gehabt
- Vorgeschriebene Installation