Viel im Kopf haben, ist - sofern man dem Volksmund glauben schenken mag - eine gute Sache. Aber was ist, wenn man statt Grips einfach nur viele Köpfe besitzt? Eine Frage die offenbar auch die Programmierer von Vicious Cycle schwer beschäftigt hat. Die Antwort: „Dead Head Fred“ - ein unterhaltsames Action-Adventure mit viel schwarzem Humor, aber auch ein paar Mängeln.
Etwas kopflos…
…findet sich Frank Neumann vor, als er ohne Erinnerungen im Labor des durch geknallten Professor Friedrich Steiner aufwacht. Nun ja – kopflos trifft es wohl nicht ganz. Denn anstatt seiner gewohnten Birne mit der geschniegelten Frisur sitzt nur noch ein Marmeladenglas mit Gehirn und zwei Augen auf seinem Hals. Der Professor ist natürlich stolz auf seine Arbeit, aber Frank findet das nicht ganz sooo witzig. Immerhin hilft Dr. Steiner dem Kopfgeschädigten dabei, seine Erinnerungen aufzufrischen. Er ist…nein, er war…nein er ist…irgendwie immer noch Privatdetektiv und sein letzter Fall war eine große Nummer. Etwas mit Atomreaktoren und der Mafia – offenbar aber eine zu große Nummer, denn Frank wurde exekutiert, sein Kopf entfernt und der Rest auf dem Müll geschmissen. Dort fand ihn der Professor, nahm ihn mit nach Hause und möbelte ihn so gut eben ging wieder auf. Unter anderem mit einem Marmeladenglas als Kopf. Wie dem auch sei, der Professor hat natürlich ganze eigene Pläne und Frank ist, zu recht, stinksauer und will seinen echten Kopf zurück. Los geht’s!
Twisted-Noir
Der Spieler steuert Fred durch das Städtchen und die Umgebung von „Hope Falls“, einer verpennten US-Kleinstadt. Das ganze Setting erinnert stark an alte Detektivfilme oder besser gesagt, an so genannte „Film-Noir“ Epen - nur wesentlich abgedrehter. Im ausgedehnten Adventure-Part erkundet man die weitläufigen Umgebungen, treibt spezielle Gegenstände auf, redet mit Leuten, löst kleine Rätsel und erfüllt (zum Teil optionale) Missionen, immer auf der Suche nach Freds echtem Kopf. Dabei spielt der Titel seine wirkliche Stärke aus: Die schwarz-humorigen, fast schon boshaften Dialoge und die abgedrehten Charaktere auf die Fred recht häufig trifft, sorgen dafür dass der Spieler die PSP nicht so schnell aus der Hand legt. Natürlich muss Fred bei seiner Suche immer wieder neue Hindernisse überwinden. Entweder stellen sich ihm ein paar Schurken in den Weg, oder es gilt mit viel Geschick und vor allem Geduld ein paar Sprungpassagen zu bewältigen. Geduld braucht man vor allem deshalb, da die Kameraführung alles andere als gelungen ist. Sie reagiert viel zu langsam und das Nachjustieren nimmt viel zu viel Zeit in Anspruch. Insbesondere in den Kämpfen kostet das eine Menge Nerven. Oft muss man sich deshalb auf sein Glück verlassen! Schade, denn abgesehen von den Kameraproblemen ist die Steuerung mit dem Analog-Nub recht präzise. Das Kampfsystem mit den simplen Faust- und Tritt Combos könnte dagegen etwas mehr Tiefe vertragen. Zwar lockern nett inszenierte Konter- und „Finishing“ Moves mit Minispielen ala „God of War“ die Action auf, aber die Prügeleinlagen sind trotzdem kein Highlight des Spieles.
Reine Kopfsache
Der große Clou an Freds neuem Kopf ist, dass er gegen andere Schädel ausgetauscht werden kann. Im Spielverlauf findet man immer wieder neue Köpfe, die Fred besondere Fähigkeiten verleihen. Der lapprige Leichenkopf kann sich beispielsweise um ein Vielfaches ausdehnen, so dass man ihn als Wasserspeicher nutzen kann, um an anderer Stelle ein Feuer zu löschen. Mit dem Totenschädel kann man hingegen an Wänden entlang klettern. Insgesamt acht verschiedene Köpfe kann Fred im Verlauf des Abenteuers einsammeln. Mit den neu dazu gewonnenen Fähigkeiten, muss man auch in bereits bekannte Abschnitte zurück, da sich dort neue Wege und Möglichkeiten ergeben. Dafür lassen sich aber die Fähigkeiten der Schädel erweitern – in den „Headshops“ bekommt Fred reichlich Hilfe, allerdings nur wenn er gerade ein paar besondere Gegenstände oder Bares im Gepäck hat.
Grafisch gut!
Auch wenn „Dead Head Fred“ spielerisch nicht ganz überzeugen kann, zumindest die Optik ist ziemlich gelungen. Die Charaktere sind fein ausmodelliert, die Texturen sind sehr scharf und das Spiel läuft stets flüssig. Das Design ist zudem recht stylisch und liebevoll erdacht. Etwas ärgerlich sind dagegen die vielen kleinen Ladezeiten, die ständig den Spielfluss unterbrechen. Zum düsteren Setting durchaus passend, gibt es musikalisch ein bisschen seichtes Jazz-Gedudel dazu, das nur in den Kämpfen von monotonen Gitarren-Riffs verscheucht wird. Hier wäre etwas mehr Abwechslung wünschenswert gewesen. Dafür besitzt die englische Sprachausgabe aber eine Menge Witz und Charme. Schade nur, dass die deutschen Untertitel da nicht mithalten können und nur selten einen Spruch gut einfangen.
FAZIT:
Wenn ich Fred wäre, würde ich das Hauptquartier von Vicious Cycle stürmen und ein paar ordentliche Kopfnüsse verteilen. „Dead Head Fred“ hätte mit etwas mehr Feinschliff ein echter Kult-Hit werden können! Aber die monotonen Kämpfe, die miese Kamera und die ständigen Ladezeiten sind Anfängerfehler, die sich ein Genre-Primus wie „Daxter“ nicht erlaubt. Somit reicht es nur für einen Platz im vorderen Mittelfeld. Wer auf schräge Ideen steht, sollte dennoch ein Auge riskieren.
[ Review verfasst von Seph ]
Pluspunkte:
- Cooler Hauptdarsteller, böser Humor, nettes Setting
- Acht Köpfe zur Auswahl – das gibt’s sonst nirgends!
- Tolle englische Sprachausgabe
Minuspunkte:
- Schlechte Kamera
- Viele Ladezeiten
- Monotone Kämpfe