Ego-Shooter sind mittlerweile auch auf der PS3 ausreichend vorhanden. Umso schwieriger ist es für Entwickler mit neuen Spielen Akzente zu setzen. Damit man sich schon im Vorfeld von den zahlreichen Weltkriegsshootern und Sci-Fi Gedöns abheben kann, muss man schon tiefer in die Trickkiste greifen. Insofern fällt das Szenario von „Turning Point: Fall of Liberty“ überraschend frisch aus. Denn anstatt zum tausendsten Mal die Landung in der Normandie nachzuspielen, gilt es nun, die bösen Nazis aus New York und Co. zu vertreiben. Wieso und warum? Ganz einfach weil die Deutschen eine Invasion gegen die Vereinigten Staaten von Amerika gestartet haben.
Held der Arbeit
Das Spiel beginnt mit dem Angriff der Nazis auf New York. Der Spieler selbst schlüpft in die Rolle eines stinknormalen Arbeiters, der gerade auf einem Stahlgerüst dabei hilft, ein neues Hochhaus aufzubauen. Plötzlich ziehen gigantische Zeppeline vorbei, Messerschmidt Jagdflugzeuge rauschen durch die Häuserschluchten und Fallschirmspringer sind in Scharen am Himmel auszumachen. Dieses plötzliche Chaos muss der Spieler nutzen, um erst einmal von dem stählernen Sarg herunterzukommen. Unterwegs macht er dabei mit zwei/drei Feinden kurzen Prozess und erbeutet erste Waffen. Da wir in den USA sind, kann natürlich jeder Dämlack mit einer Knarre umgehen! Kurz darauf stößt man zum Widerstand, der weitere Aufträge verteilt. Mehr als lineare Standardkost wird jedoch nicht geboten. Macht man nicht genau das, was gerade verlangt wird, treten bestimmte Ereignisse nicht ein und es geht nicht weiter. Das wäre vielleicht noch zu verkraften, wenn der Spielablauf dementsprechend atmosphärisch und spannend inszeniert wäre, aber das ist zu keinem Zeitpunkt der Fall. Ihren Anteil haben daran auch sicherlich die Aufgaben, die der Spieler im weiteren Verlauf erledigen muss. Halte die Stellung, Sabotiere den Panzer – alles ziemlich unorginell und bereits in hundert ähnlichen Spielen bereits totgetreten.
Einzig das etwas andere Szenario – zumindest in der ersten Spielhälfte – verleitet noch zum Weiterspielen. Denn wenn man sich durch die Hinterhöfe vom Big Apple und Washington DC kämpft, ist das schon eine etwas andere Erfahrung, als diejenige, die man in verdreckten Schützengräben sammelt. Dennoch kommt man auch hier nicht umhin, sich lauthals über die stupide „Intelligenz“ (wenn man es als solche bezeichnen mag) der Gegner und Verbündeten aufzuregen. In Deckung gehen ist gänzlich unbekannt und manchmal ballern die CPU Figuren sogar nur auf normale Häuserwände. Mehr schlecht als Recht funktioniert übrigens auch das Missbrauchen der Gegner als Schutzschilde. Wenn es gelingt, hat man etwas Schutz vor feindlichen Patronen und darf sich mit der Pistole verteidigen. Wenn ein Scherge dagegen in der Hocke sitzt, kann man ihn noch nicht einmal ergreifen. Eine weitere merkwürdige Designentscheidung findet sich bei den sinnfreien Geschicklichkeitspassagen wie dem Hangeln oder Leitern hinaufsteigen wieder. Zu welchem Zweck schaltet die Kamera bei solchen Sachen immer in die Außenperspektive? Weitere Minuspunkte gibt es für die Steuerung. Mal wieder wurde Feuern auf die hinteren Triggertasten gelegt und anstatt eine vernünftige Alternative im Optionsmenü anzubieten, wird lediglich eine nichtige Funktion beim alternativen Tastenlayout getauscht. Aua! Bevor ich es noch vergesse, einen Mehrspielermodus für bis zu acht Spieler gibt es auch noch. Deathmatch und Teamdeathmatch sind aber genauso wenig berauschend, wie der Rest des Spieles und dürften dementsprechend auch nicht gerade allzu viel Zulauf haben. Einen Splitscreenmodus gibt es nicht.
Unreal 2
Nee Quatsch, am Anfang des Spieles prangt doch groß und fett das Unreal 3 Logo, also muss die Grafik schon aus Prinzip ein Fest für die Augen sein. Doch weit gefehlt, unfähige Entwickler können auch mit einer leistungsstarken Engine nichts Gescheites auf die Beine stellen. Schon der Anfang macht deutlich: So recht wussten die Programmierer nicht, wie man die vielen Ressourcen nutzen sollte. Der vermeintlich bombastische Einstieg wirkt billig inszeniert und zeigt schon die ersten Probleme des Spieles. Karge Umgebungen, einfache Texturtapeten, fehlende Lichteffekte und heftige Framerateeinbrüche beim Nachladen eines Levelteilstücks. Richtig übel sind auch die hölzernen Animationen und die zahlreichen Clippingfehler – als Ausgleich dafür gibt es immerhin eine passable Kantenglättung. Aber das ist eindeutig zu wenig, insbesondere im übervollen Genre der Ego-Shooter. Die deutsche Sprachausgabe könnte schlimmer ausfallen, ist aber dennoch recht annehmbar geworden. Der orchestrale Soundtrack kann dagegen nur selten Akzente setzen und die Soundeffekte wirken manchmal auch ziemlich billig.
FAZIT:
Wäre der zweite Weltkrieg anders ausgegangen, wenn die Nazis die Amerikaner auf ihrem eigenen Grund und Boden angegriffen hätten? Vielleicht – vielleicht aber auch nicht, wer kann das schon so genau sagen? Platz für Spekulationen bleibt aber dennoch. Erst recht bei einem Videospiel, dem eben dieses Szenario zu Grunde liegt. Schade nur, dass die Entwickler von Spark Unlimited dieses Potential nicht genutzt haben und am Ende nur einen standardmäßigen 0815 Ego-Shooter abgeliefert haben. Die veraltete Spielmechanik und die mäßige Präsentation locken heutzutage nämlich niemanden mehr vor dem Ofen hervor. Somit sollte es auch niemanden sonderlich schwer fallen, dieses schwache Videospiel im Regal liegen zu lassen.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Mal ein etwas anderes Szenario
- Passable deutsche Sprachausgabe
- Mieser Mehrspielermodus ist besser als gar keiner, oder doch nicht?
Minuspunkte:
- Veraltete Spielmechanik
- Maue Präsentation
- PS3 Festplatte wird dank Installation schneller voll