Nachdem der letzte Serienableger „ProStreet" (OnPSX Review) bei den Kunden nicht sonderlich gut ankam, besinnt sich EA auf alte Tugenden zurück. Anders ausgedrückt, wärmt man das bekannte Spielkonzept von „Most Wanted / Carbon" noch einmal neu auf. Doch dass selbst bewährte Elemente kein Garant für brauchbare Spielerlebnisse sind, wird der arme Käufer von „Undercover" nur allzu schnell feststellen müssen. Warum und Weshalb, klärt unser neuestes Review.
B-Movie Charme
„Undercover" ist nicht das erste „Need for Speed"-Spiel, das auf einer richtige Hintergrundstory aufbaut. Bereits in „Underground 2", „Most Wanted" und „Carbon" hat EA versucht, dem Spielerlebnis ein wenig mehr Gehalt und Substanz zu verleihen. Im aktuellen Titel schlüpft man in die Rolle eines Undercover-Polizisten, der sich in das lokale Verbrechersyndikat einschleichen soll. Als Auftragsfahrer besiegt man Konkurrenten für die Gangster und wird nach und nach in den inneren Zirkel aufgenommen. Präsentiert wird die Geschichte mit realen Schauspielern, welche vor ebenfalls echten Kulissen agieren. Hollywood lässt sozusagen grüßen und das nicht nur durch Maggy Q, die für eine Rolle gewonnen werden konnte. Der dunkle aber nicht düstere Look verpasst dem Abenteuer einen ganz eigenen Anstrich. Dass man es letztendlich doch nur mit einem Videospiel zu tun hat, zeigen die Dialoge, welche oftmals sehr käsig herüberkommen sowie die Dauer der Zwischensequenzen. In Zwanzig-Sekunden-Clips kann man nun mal nicht viel zeigen. Auch die mittelmäßige Videoqualität spricht nicht gerade für die optimale Nutzung des Blu-ray-Mediums. High Definition Auflösung ist das nämlich mit Sicherheit nicht.
Most Wanted Version 1.01
Wer die beiden „Need for Speed" Spiele „Most Wanted" oder „Carbon" kennt, weiß was ihn in „Undercover" erwartet: Nämlich nichts Neues! Genau wie in den beiden vorausgehenden Titeln wird man auch hier in eine fiktive Großstadt versetzt, die durch Highways mit diversen Landstrichen und zwei weiteren Städten verbunden ist. In dieser freibefahrbaren Umgebung, die eigentlich nur auf fest abgesteckten Straßen befahren werden kann, darf man allerlei Rundenrennen fahren, vor der Polizei flüchten, oder auf den Autobahnen Duelle austragen, die vom Stil her den Bergabfahrten von „Carbon" ähneln. Zwischendurch motzt man sein Auto mit Leistungsupgrades und optischen Firlefanz auf, oder kauft sich gleich ein neues Gefährt. Gar nicht lustig: Hat man nicht genug virtuelles Geld, nimmt EA gerne auch reale Euros über die integrierte PSN Store Verbindung. Übrigens, wer nicht öfters seinen Untersatz wechselt, hat schnell das Nachsehen. Denn fängt die Polizei den Spieler dreimal im selben Fahrzeug, dann wird die Kiste für immer in Verwahrung genommen. Sehr motivierend! Ansonsten darf man lobend erwähnen, dass man auf der Übersichtskarte schnell die jeweiligen Events aktivieren kann. Das erspart nerviges Cruisen, zumal die Polizei im Bereich der drei Städte wohl an die fünftausend Mann stark sein muss, denn anders kann man die vielen Patrouillen im Spiel nicht erklären.
Steuerungstechnisch geht „Undercover" wieder mehr in Richtung Arcade, was prinzipiell gut ist, denn so lassen sich die Tuner-Boliden einfach und effektiv um die Kurven lenken. Zumindest laut der Theorie, denn die Praxis sieht ein wenig anders aus: Die Autos schweben über dem Asphalt; man hat nie das Gefühl, direkt zu lenken und das Driften, wenn man es überhaupt so nennen kann, bremst den Spieler eigentlich nur aus. Das man seine Karre schrotten darf, ist dagegen ein netter Bonus, mehr aber auch nicht. Schließlich hat das Schadensmodell nur auf die Optik Auswirkungen. Nitro-Boost und der dämliche Speedbreaker,bei dem die Zeit verlangsamt wird, um enge Kurven besser schneiden zu können sind ebenfalls wieder mit an Bord, genau wie ein paar „hilfreiche" Fahrmanöver, wie die 180° Wendung. Trotz relativ großem Umfang des Karrieremodus dürfte man, sofern man das Durchhaltevermögen besitzt, den Titel schnell beendet haben. Grund dafür ist der einfache Schwierigkeitsgrad und die schwache KI der Gegner. Ich hatte immer den Eindruck, dass mein größter Feind, die miserable Technik sei. Denn durch das Dauerruckeln kann man schnell einen Crash bauen und dann kann es ab und an mal vorkommen, dass man eine Veranstaltung noch mal starten muss.
Hat man den Storymodus abgeschlossen, gibt es nicht mehr viel zu tun. Versteckte Extras existieren genauso wenig wie Trophäen oder andere Belohnungen. Einzig der Multiplayermodus mag noch ein bisschen Spaß bereiten, zumindest die Polizei gegen Verbrecher Spielart, bei der man erst als Verbrecher ein Paket von A nach B bringen muss, ohne von den Cops geschnappt zu werden und in der zweiten Runde die Rollen vertauscht werden. Aber dank der miesen Technik und den lahmen EA Servern ist online nicht viel los.
Unterirdische Technik
Bereits die letzten „Need for Speed" Spiele waren keine technischen Wunderwerke. Doch was sich das Entwicklerteam mit „Undercover" geleistet hat, grenzt schon fast an Körperverletzung. Die komplette Optik setzt auf starke Schwarz / Blau / Gelb Kontraste, wodurch man Details und oftmals auch die Streckenführung nur schwerlich erkennen kann. Die penetrant blendende Sonne und das besonders bei den Schatten auffällige Aliasing sind bei der ohnehin schon schlechten Sicht auch keine Hilfe. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Schattenwürfe bewegen sich total unrealistisch im Kreis und ploppen manchmal sogar kurz vor dem Spieler ins Bild. Doch die miserable Framerate setzt dem Ganzen Krone auf. Im Schnitt läuft das Spielgeschehen mit 15 Bildern pro Sekunde über den Bildschirm und wird selbst bei dieser lahmen Bildwiederholungsrate immer wieder von starken Rucklern unterbrochen. Die mit vorgegebenen Routen befahrbare Landkarte und die mäßigen Automodelle lasse ich nicht als Ausrede gelten. Bereits vor einem knappen Jahr erschien aus gleichem Hause mit „Burnout Paradise" ein Rennspiel, das technisch viele Ligen über diesem Schrott angesiedelt ist. Beim Sound gibt's dafür weniger zu beanstanden. Die deutsche Sprachausgabe ist gewohnt professionell, der Soundtrack abwechslungsreich und schnittig, die Soundeffekte kommen fett aus den Boxen. Lediglich fehlende Einstellmöglichkeiten für die Playlist und eine etwas ungehobelte Regelung für die Lautstärke sorgen für Minuspunkte.
Update:
Seit einigen Tagen ist ein kostenloses Update erhältlich (siehe OnPSX News), das vor allem die Framerate auf ein halbwegs erträgliches Level hievt. Richtig flüssig läuft das Spiel zwar immer noch nicht, aber zumindest ist es nicht mehr gänzlich unspielbar. Da das Update jedoch Monate später erschien und es seitens EA überhaupt zugelassen wurde, so ein unfertiges Produkt auf den Markt zu werfen, werden die Verbesserungen dieses Patches auch nicht in die Wertung einfließen!
FAZIT:
Bravo EA! Ihr habt es endgültig geschafft die „Need for Speed" Reihe komplett gegen die Wand zu fahren. Der qualitative Abstieg begann zwar schon vor einigen Jahren, aber mit „Undercover" ist nun der unbestreitbare Tiefpunkt erreicht. Das Spiel ruckelt wie die Pest, sieht altbacken und detailarm aus, geht mit seinem überzogenen Kontrast auf die Augen und verfügt über Ladezeiten direkt aus der Hölle. Dazu gesellen sich das ausgenudelte Spielprinzip, die schwammige Steuerung, dumme CPU-Fahrer und fehlende Features wie Trophäen oder Splitscreen-Optionen. Ehrlich gesagt, ist es mir ein Rätsel, wie dieses Machwerk überhaupt in den Handel gelangen konnte. Und ich hoffe inständig, dass jeder vernünftige Gamer diesen Bockmist links liegen lässt und die EA-Chefetage das komplette Entwicklerteam feuert und dem Franchise eine Auszeit gönnen; am Besten für immer!
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Trashige Videosequenzen mit echten Schauspielern
- Guter Soundtrack
- Hübsche Menügestaltung
Minuspunkte:
- Bietet nicht Neues
- Ätzende Technik
- Feature-arm