Neue Plattformer braucht das Land! Dieses etwas unterrepräsentierte Genre könnte gut etwas Verstärkung und ein paar neue Ideen vertragen. Taugt Boolat Games’ Topatoi dazu, die Wartezeit bis zum nächsten Vollpreisvertreter zu verkürzen oder wird hier nur Standardkost von der Stange geboten?
Das Kreuz mit den Frauen
Wir alle kennen das: Wir sind mit ein paar Freunden in unserem Luftschiff unterwegs, ziehen am falschen Hebel und stürzen in einen riesigen Baum. Kaum aus dem Wrack gekrochen, wird auch noch unsere namenlose Freundin von einem Geier namens Pechflügel entführt. Während sich unser ebenfalls namenloser Wissenschaftlerfreund an die Reparatur des Schiffes macht, setzen wir uns in einen kleinen runden Einsitzer namens GEMMA und machen uns zusammen mit den Einwohnern des Baumes auf die Suche nach Pechflügel.
Doch die Story endet bevor sie überhaupt so richtig in Fahrt kommt, denn am Ende der sieben Storylevel wartet kein Boss, keine Freundin oder wenigstens ein richtiges Ende, sondern die Ankündigung der Fortsetzung per DLC. Gegen Episoden an sich ist ja nichts einzuwenden, aber die sollte man dementsprechend konzipieren. Miese Storys sind eine Sache, aber hier kommt man sich als Kunde arg verschaukelt vor.
Spinning round and round
Im Herzen ist Topatoi ein 3D-Plattformer mit Physik-Puzzles und bunter Grafik. Die Puzzles werden mit Hilfe der GEMMA gelöst, das im Verlauf der Story verschiedene Fähigkeiten in jeweils zwei Versionen spendiert bekommt: Springen/Doppelsprung, Schieben/Druckwelle, Ziehen/Ansaugen. Mit diesen bugsiert man Blöcke und Bretter herum, schiebt sie auf Schalter, räumt sie aus dem Weg und dergleichen mehr. Leider stagniert der Anspruch der Rätsel auf niedrigem Niveau. Meistens wird eher die Geschicklichkeit als das Hirn beansprucht. Als neue Spielelemente kommen die Drehzahl der GEMMA und der damit einhergehende Spritverbrauch hinzu. Je höher die Drehzahl, desto schneller flitzt ihr umher und desto leichter schiebt ihr Gegner weg oder springt weiter – dadurch steigt aber auch der Spritverbrauch. Soweit die Theorie, aber im Spielgeschehen ist es egal auf welcher Drehzahl ihr fahrt, die GEMMA reagiert stets träge auf eure Kommandos, was den ein oder anderen unnötigen Tod durch Herunterfallen in die Tiefe bedeutet. Besonders der Sprungbefehl macht Probleme und die GEMMA bleibt manchmal an den Rändern der Plattformen an einer unsichtbaren Kante hängen, sodass der Sprung nicht so weit ausfällt wie geplant oder der Doppelsprung wird zu früh ausgelöst, sodass man es nicht mehr über den Abgrund schafft. Die Spritkugeln hingegen sind mehr als großzügig verteilt und daher nur für eine möglichst hohe Punktzahl auf dem Online-Leaderboard wichtig.
Der Arcade-Modus als Retter in der Not
Wem in der Story der Anspruch fehlt, wird im Arcade-Modus fündig. Hier wird man in zehn Levels erheblich konsequenter auf die Probe gestellt. Dabei wechseln sich eher rätsellastige Levels mit geschicklichkeitsbetonten Levels ab. Die Optik ist hier abstrakt und im Kontrast zu den sehr bunten Hauptlevel auf wenige Farben reduziert, was vom Konzept her stark an Echochrome erinnert. Man merkt, dass sich die Entwickler so richtig austoben konnten: Die Physik-Puzzles sind kreativer, die Rätsel schwerer, das Timing genauer, die Geschicklichkeit wird mehr gefordert und generell wird mehr Abwechslung im Leveldesign geboten.
Für die lokalen Mehrspielergelüste gibt es den vier Level umfassenden Splitscreen-Modus. Hier dürfen sich zwei Spieler das Leben auf zwei Hindernisstrecken, einer Air-Hockey-Variante und einer Art Zielschießen gegenseitig schwer machen. Einen Online Multiplayer gibt es hingegen nicht.
Die Entwickler hätten besser auf die bescheidene Story verzichtet und ganz auf Arcade gesetzt, wie Echochrome es getan hat. Aber so sieht es eher so aus, als wäre die Story für die Kinder und Arcade für Erwachsene.
Präsentiert in Blurry-Vision
Insgesamt ist die Topatoi Grafik mehr zweckdienlich als schön, sehr bunt und leidet unter extremer Treppchenbildung. Vielleicht ist die auch der Grund, wieso der Unschärfefilter sehr großzügig über alles gelegt wurde, was nicht auf einer Ebene mit der Spielfigur liegt. Das hat zur Folge, dass man oft einen regelrechten Tunnelblick hat und nur die Mitte des Bildes wirklich scharf ist, was nicht nur irritierend ist, sondern ab und zu auch dazu führt, dass man nicht genau sieht, wo man hinspringt.
Ein weiterer Minuspunkt sind die starren, emotionslosen Gesichter der Figuren und ihr staksiger Gang, auch wenn das nur in den Sequenzen vor und nach jedem Level auffällt.
FAZIT:
Man muss es leider deutlich sagen: Der gute und spaßige Arcade-Modus rettet Topatoi vor dem Absturz. Die Story ist überflüssig und wirkt wie ein unerträglich in die Länge gezogenes Tutorial. Die Spieldauer bewegt sich mit vier bis fünf Stunden im Mittelfeld – mehr Zeit werden wohl nur Highscore-Jäger oder Splitscreen-Freunde mit Topatoi verbringen.
[ Review verfasst von Sanguinis ]