Far Cry war der erste grafische Geniestreich aus dem Hause Cry Tek und setzte in dem Bereich neue Maßstäbe. Nach diversen Streitigkeiten landeten die Namensrechte bei Ubisoft und die Erwartungen an den Nachfolger sind dementsprechend hoch. Ob Far Cry von der Karibik nach Afrika transplantiert werden kann oder ob der Name nur alte Fans anlocken soll, erfahrt ihr hier.
Ein Glücksritter in Afrika
Das Söldnerleben ist hart, da muss man jeden Konflikt mitnehmen, den man kriegen kann. Da kommt der Auftrag gerade recht, in einem fiktiven afrikanischen Land, in dem gerade Bürgerkrieg herrscht, einen Waffendealer namens „Der Schakal" auszuschalten, der beide Parteien mit Waffen versorgt. Natürlich läuft nicht alles nach Plan, denn kurz nach unserer Ankunft holen wir uns die Malaria und werden im Hotel ohnmächtig. Kaum sind wir wieder bei Bewusstsein, hat uns der Schakal aufgespürt und hält uns eine kleine Rede über Moral, während unser Hotel unter Beschuss genommen wird. Nach der nicht ganz so erfolgreichen Flucht werden wir vollends in den Konflikt hineingezogen und arbeiten fortan für die beiden verfeindeten Streithähne, um auf diese Weise an Informationen über den Schakal zu kommen.
Hakuna Matata oder „Wie überlebe ich in Afrika?"
Nur mit Machete und Pistole, ohne Freunde, aber dafür mit Malaria sitzen wir nun also in der bleihaltigen Luft Afrikas fest. Kein guter Ausgangspunkt, um der mehrere Quadratkilometer großen Welt Herr zu werden. Glücklicherweise halten wir nach unserem ersten Auftrag ein paar Blutdiamanten in Händen, dem einzigen Zahlungsmittel im Krieg. Die tragen wir zum nächsten Waffenhändler und ordern per Online-Shop neue Schießeisen. Die Auswahl zwischen knapp 30 Waffen dürfte jeden Spieltyp zufrieden stellen: Schrotflinten, Maschinenpistolen und Sturmgewehre für den Rambo; schallgedämpfte Pistolen und Scharfschützengewehre für den Leisetreter; Granatwerfer, Flammenwerfer, Mörser und Raketenwerfer für den Pyromanen. Doch auch anderes nützliches Zeug wie Handbücher, Tarnanzüge und Munitionsgurte lassen sich dort besorgen. Selbstverständlich steht uns das volle Arsenal nicht von Anfang an zur Verfügung, sondern muss durch Überfalle auf Waffenkonvois nach und nach erweitert werden. Eine Tür weiter in der eigenen Waffenkammer wartet unendlich viel Nachschub, sofern eine Waffe erstmal gekauft ist. Denn, je länger eine Waffe benutzt wird, desto dreckiger wird sie, klemmt öfter und fliegt uns im schlimmsten Fall um die Ohren und muss deshalb auch gewartet werden. All das kostet natürlich eine Kleinigkeit und wem die 32 Storymissionen zu wenig Diamanten abwerfen, der hat noch zwei andere Möglichkeiten, an die Steine zu kommen. So dürfen wir an Handymasten Kontakt zu einem Unbekannten aufnehmen, der uns als Attentäter anheuert oder wir gehen sie einfach selbst suchen, denn auf der ganzen Karte liegen 220 Koffer mit Diamanten - und ihr Vorbesitzer meist gleich daneben. Nachdem wir uns nun wehren können, brauchen wir noch ein Transportmittel. Von rostigen Autos, einem Buggy über Jeeps in verschiedenen Varianten (teuer, billig, mit und ohne Waffen) bis zu Booten und einem Hängegleiter ist alles vertreten und alles fährt sich anders. Leider spielt die Kollisionsabfrage ab und zu mal ein wenig verrückt und dabei entstehen sehr wunderliche, teils nervige Unfälle. Doch Klunker und Autos sind nicht alles, denn wir brauchen noch Medizin, um unsere Malaria in Schach zu halten. Die Pillen bekommen wir vom Untergrund, der Familien aus dem Land schleusen will. Das geht aber nur mit gefälschten Reisepapieren, die wir von A nach B transportieren. In unregelmäßigen Abständen haben wir Malariaanfälle, die mit den Tabletten bekämpft werden können. Währenddessen können wir nicht kämpfen, wenig sehen und uns nur bedingt bewegen, was mitten in einem Feuergefecht natürlich sehr unpraktisch ist. Als letztes brauchen wir noch Freunde. Die befreien wir zum einen aus ihrer Gefangenschaft und zum anderen treffen wir sie in der Bar, die ein genereller Treffpunkt für Söldner wie uns ist. Abgesehen davon, dass man für sie belanglose Missionen erledigen kann, retten sie uns auch, sollten wir lebensgefährlich verletzt werden. Bei der Rettungsaktion kann es natürlich auch sein, dass unser Kumpel verletzt wird und wir ihn retten müssen. Kein Problem, sofern wir eine Lebensenergie-Spritze übrig haben - ansonsten können wir ihn entweder zum Sterben liegen lassen oder ihm gleich selbst den Gnadenschuss versetzen. Diese Idee eines Extralebens ist durchaus gut, doch leider ist das System etwas verbuggt. Sobald unser Kumpel anwesend ist, fühlt man sich eher wie ein Babysitter, denn die KI agiert nicht besonders clever, was die Suche nach Deckung angeht. Manchmal fallen sie einfach schwer verletzt zu Boden, obwohl kein Gegner in der Nähe ist und wenn dann alles vorbei ist und man weiterzieht, wird der Kumpel als „dem Tod überlassen" vermerkt, obwohl er weder verletzt war noch Gegner in der Nähe. Leider müssen wir uns mit unseren Freunden herumschlagen, denn zu Beginn fast jeder Storymission ruft uns unser bester Freund an und bietet uns zusätzliche Ziele an. Dies macht die Mission länger und gefährlicher, als Belohnung winkt aber ein Upgrade unserer Verstecke, wie zum Beispiel Heilung, Munitionskisten und ein Fahrzeug vor der Tür. Trotz all dieser ineinandergreifenden Elemente wirkt das Spiel wie lose zusammengeflickt. Die Missionen sind in Ordnung und dass obwohl es meistens nur darum geht, bestimmte Ziele auszuschalten. Trotzdem stellt sich kein Spannungsbogen ein. Zu keinem Zeitpunkt will ich unbedingt weiterspielen, um zu sehen wie es weitergeht. Wie bei vielen Open World Spielen zerfasert die Story zwischen all den anderen Dingen, die man noch machen kann. Doch wenn es einmal längere Storyhäppchen am Stück gibt, sind diese stets gut ins Szene gesetzt. Gerade Perfektionisten werden sich langweilen, wenn sie die Karten nach Diamanten absuchen.
Zeig mir, wo die Respawn-Soldaten blühen
Was Far Cry 2 auszeichnet ist die konsequent durchgehaltene 1st Person-Ansicht, die auch alltägliche Aktionen einbezieht. Sei es nun, dass wir uns vor einen Computer setzen, in ein Fahrzeug einsteigen, von einem Freund gerettet werden oder uns per Spritze heilen. Stets sieht man Hände oder Füße seines eigenen Charakters, es sieht natürlich aus und wirkt nicht nur wie das simple Verschieben der Kamera. Das Spiel setzt auf Realismus, was in den unzähligen kleinen Details sichtbar wird. Die Anzeigen in den Fahrzeugen reagieren wie man es erwartet, im Fernsehen und Radio läuft Propaganda, die Wachen binden sich in unbeobachteten Momenten die Schuhe zu oder gehen zum Pinkeln in die Büsche. Besonders eindringlich ist es, wenn die Lebensenergie in kritische Tiefen stürzt, denn dann nützt keine Spritze mehr, sondern nur der Handwerker. Ob man sich nun den gebrochenen Arm wieder einrenkt oder sich mit der Zange eine Kugel aus dem Bein pult - der Ernst der Lage wird einem viel klarer als mit einem roten Bildschirm und Herzschlag, den viele andere Spiele benutzen. Darüber hinaus lässt sich Feuer als taktisches Element nutzen, denn es breitet sich korrekt aus. Um das glaubhaft zu machen, besitzt Far Cry 2 neben einem Tag/Nacht-Zyklus auch ein eigenes Wettersystem mit Windsimulation. Bei allem Realismus macht Far Cry 2 hier zugunsten des Spielspaßes dennoch Abstriche. So lassen sich Autos mit ein paar Handgriffen reparieren, umgekippte Fahrzeuge lassen sich per Knopfdruck wieder auf die Räder stellen und per Spritze wird man komplett geheilt. Doch das alles lässt sich leicht verschmerzen und kommt dem Spielspaß zugute. Nicht verschmerzen lassen sich da andere Dinge. Die Gegner und Fahrzeuge vertragen bei weitem mehr Blei, als es die Gesundheit bzw. die Karosserie zulässt. Einzig Kopfschüsse sind sofort tödlich, ansonsten darf man schon mal ein halbes Magazin pro Gegner einplanen. Dabei ist die Gegner-KI genauso blöd wie die der eigenen Freunde. Sie wechseln nur selten die Position, gehen nur durch Zufall in Deckung und wenn sie in Fahrzeugen sitzen, fahren sie möglichst gerade auf mich zu. Sie sind sogar so gnädig, mich nicht zu überfahren, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Dazu kommt die gnadenlos kurze Respawn-Zeit der Gegner und es wiegt um so schwerer, dass die Fahrtwege so lang sind und man sich immer wieder mit den gleichen Wachposten herumärgern muss.
Unter der dynamisch glühenden Sonne Afrikas
Far Cry 2 hat eines der besten Systeme, wenn es um stimmige Tageszeiten und Wetter geht. Vor allem Sonnenauf- und -untergänge sehen sehr glaubhaft aus. Dazu gibt es noch Nebel, Regen, verschiedene Bewölkungsgrade und Windstärken, die Gras und Bäume hin und her wiegen lassen. Sonnenstrahlen brechen durch die Bäume und die Schatten sehen auch ansehnlich aus. Die Vegetation reagiert sehr gut auf Einflüsse, wie Beschuss, Feuer, Wind oder Druckwellen, wenn auch die Bäume ein wenig zu kahl aussehen. Ein Manko ist die fehlende optische Abwechslung im Gelände, auch wenn sich das Spiel Mühe gibt. Technisch gesehen ist Far Cry 2 leider nicht ganz sauber, was zuerst am leichten Tearing auffällt, dass aber nur sehr selten auftritt. Auch die eine oder andere zu niedrig aufgelöste Textur und Pop Ups sind vorhanden, vor allem wenn man mit dem Auto unterwegs ist oder durch ein Zielfernrohr schaut.
Unterwegs in der MP-Steppe
Was Far Cry 2 von den meisten anderen Shootern unterscheidet ist der Map Editor. Hier kann man sich recht einfach eigene Maps für Multiplayer-Gefechte zusammenschustern und diese auf den Server hochladen und bewerten lassen. Die Steuerung des Editors ist manchmal etwas umständlich und unnötig kompliziert - da merkt man, dass der eigentlich mit der Maus bedient werden sollte und nicht mit einem Controller.
Leider hilft auch ein Editor wenig, wenn der Multiplayer-Modus unter chronischem Spielermangel leidet. Darüber hinaus gibt es hinsichtlich der MP-Modi nichts, was Far Cry 2 vom Gros der anderen Shooter abheben könnte. Geboten wird der Standard bestehend aus Deathmatch, Team Deathmatch, Capture the Diamond und Uprising. In diesem Modus muss der eigene Captain beschützt werden und der feindliche sterben. Eine sehr dürftige Auswahl an Modi, die nicht lange überzeugen kann. Die mitgelieferten Karten sind gut designt und die Auswahl an erstellten Maps ist wirklich riesig, dank der zahlreichen Filter findet man auch die guten Maps sehr schnell.
FAZIT:
Die Welt von Far Cry 2 ist auf der einen Seite gnadenlos und schön auf der anderen. Obwohl technisch nicht einwandfrei, wenn auch nur von wenigen Bugs heimgesucht, macht Far Cry 2 Spaß - leider aber nur in kleinen Dosen. Das typische Problem mit Open World Spielen tritt auch hier auf: Es kommt kein Spielfluss zustande und dabei bleibt die Motivation leider auf der Strecke. Die wackelige Story tritt schnell in den Hintergrund, denn ein gesunder Forscherdrang ist auf der Jagd nach den wertvollen Diamanten viel wichtiger. Multiplayer-Freunde sollten Far Cry 2 links liegen lassen, denn bis auf das absolut Nötigste wird hier nichts geboten.
[ Review verfasst von Sanguinis ]
Pluspunkte:
- Glaubhafte Welt mit Wettersystem und Windsimulation
- Vielfältige Waffenauswahl
- Buddy-System
Minuspunkte:
- Zu niedrige Respawn-Zeiten für Gegner
- Dumme KI
- Buddy-System leider verbuggt