Die Colin McRae Serie stand immer für zugängliche, aber dennoch anspruchsvolle Rallyeaction. Zumindest bis zum PS3-Debüt. „Dirt“ konzentrierte sich nicht mehr bloß auf den Rallyesport, sondern bot auch noch einen Einblick in andere Off-Road Arten. Zwar gewann das Spiel dadurch an Abwechslung, büßte im Gegensatz aber auch etwas Spieltiefe ein. Nun steht der Nachfolger in den Läden und in unserem neuesten Review wollen wir klären, ob Codemasters den eingeschlagenen Weg fortsetzt, oder doch wieder zu alten Tugenden zurückfindet.
You are the Man
Der Spieler steht bei „Dirt 2“ klar im Mittelpunkt. Das fängt schon dabei an, dass man sich wie in „Grid“ seinen Namen als Sprachsample auswählen darf und so im gesamten Spiel von den Gegnern direkt angesprochen wird. Während der Rennen sorgt das für Atmosphäre und in den Menüs gestaltet es die Spielerfahrung persönlicher. Zudem konkurriert man mit allerlei bekannten Extremsportlern wie Dave Mirra (ehemaliger BMX Champ) oder Ken Block (bekannter Rallyefahrer) um die Wette. Dementsprechend tourt man während des Einzelspielermodus auch kreuz und quer durch die Welt. Von Los Angeles über London bis hin zu Kroatien, Marokko und Tokyo wird viel Abwechslung geboten. An jedem Standort navigiert man dabei kinderleicht durch ein cooles 3D Menü, das einem Renncamp nachempfunden wurde. Aber auch sonst passt die Präsentation wie die Faust aufs Auge. Neue Fahrzeuge und Ausrüstungszubehör (um mit den jeweiligen Autos auch bei anderen Events mitzufahren) kauft man sich vom Siegergeld. Ebenfalls steigt mit jedem gewonnenen Rennen die Erfahrungsstufe. Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf hat das aber kaum – man schaltet lediglich neue Herausforderungen frei.
Was gibt es zu tun?
Neben typischen Rallye-Zeitfahrten, darf man noch in den ganz ähnlich gelagerten Trailblazer Events gegen die Uhr und andere Fahrer antreten. Unterschiede muss man aber mit der Lupe suchen. Die Trailblazer Herausforderungen sind länger, es fehlt ein Co-Pilot und man hat mehrere Gegner auf der Strecke, die man überholen darf. Weiterhin stehen noch hektische Rallye-Cross Blechschlachten auf dem Programm. Hier heizt man mit anderen Fahrern auf engen Arenakursen um die Wette. Durch die (in höheren Schwierigkeitsgraden) aggressiven Gegner verkommen diese Fahrten jedoch oftmals zu reinen Destruction Derbys. Ähnlich gewaltvoll geht es bei den Landrush-Events zu. Hier klemmt man sich hinter das Steuer von Buggys oder Trophy-Trucks und heizt um die Wette. Raid ist das gleiche in grün, nur das Rundkurse durch A nach B Strecken ersetzt werden und es Abkürzungen gibt. An normale Checkpoint-Rennen sind die Torjäger Herausforderungen angelehnt. Hier darf man auf der Strecke verteilte Schilder umfahren, um die tickende Uhr auf Abstand zu halten. Zu guter letzt finden sich noch Duelle und Ausscheidungsrennen auf dem Programm. Die coolen Hill-Climbs Events aus dem Vorgänger, bei denen man einen Berg vom Fuß bis zur Spitze befahren musste, gibt es dagegen nicht mehr. Auch sind nicht alle Disziplinen gleichermaßen spaßig. Während es zu wenige Rallye-Prüfungen gibt, hat man schon nach kurzer Zeit die Nase von den ganzen Buggy und Trophy-Truck Event voll. Die PS-Monster steuern sich nämlich einfach schlecht. Niemals hat man das Gefühl, die volle Kontrolle über die Fahrzeuge zu haben; die Autos springen und driften schlimmer als jeder Rallye-Wagen. Und gerade die verfügen nun über ein viel besseres Handling als noch im Vorgänger. Warum konnte man da nicht auch die Jeeps überarbeiten?
Zu viel Arcade…
…oder zu wenig Anspruch. Sucht euch was aus! Mit persönlich fehlt ein tiefgreifender Karrieremodus. Championships, bei denen mehrere Rennen miteinander verknüpft sind, gibt es nur ganz selten und auch sonst hätte ich mir ein wenig mehr Optionen gewünscht. Wo sind die Reparaturstopps zwischen den Rallyetappen geblieben? Wieso darf ich mir keinen eigenen Rennstall aufbauen? Und warum labern alle bekannten X-Games Sportler die gleiche Grütze? Niemanden kann ich mir zum echten Feind machen. Auch Wetterbedingungen fehlen komplett. Lediglich ein paar Nachtrennen auf abgesteckten Kursen sind vorhanden, die aber sind so hell erleuchtet, das es keinen großen Unterschied zu normalen Tagesrennen gibt. Auch muss ich sagen, dass sich das Schadensmodell nicht wirklich auf das Fahrverhalten auswirkt. Solange man keinen Totalcrash erleidet, kann man die Kisten immer noch gut ins Ziel bugsieren. Und selbst dann, kann man ja noch immer die Zeit zurückdrehen und so den Crash vermeiden! Warum kehre ich also immer wieder zu dem Spiel zurück? Nun, der Einstieg ist einfach und die Präsentation echt spitze. Es macht Spaß ein paar Runden durch China oder Utah zu drehen und dabei die wunderschöne Landschaft zu bewundern. In kurzen Dosen macht sich außerdem der mangelnde Tiefgang nicht so stark bemerkbar. Online ist dagegen eher wenig los. Das liegt wohl am geringen Umfang und damit an den fehlenden Optionen. Wer spannende Multiplayerschlachten sucht, ist jedenfalls mit den „Motorstorm“ Spielen von Sony besser beraten.
Weltreise
„Dirt“ war vor allem braun und gelb. Es fehlte an optischer Finesse. Man kann den übertriebenen Einsatz von Grafikfiltern zwar auch unter dem Begriff „Stil“ abtun, aber für meinen Geschmack war das Gebotene einfach zu trist. Gott sei dank macht „Dirt 2“ nicht den gleichen Fehler. Egal ob man durch den Dschungel von Malaysia brettert, oder über die Serpentinen in Kroatien - die Grafik ist jederzeit farbenfroh, detailliert und äußerst malerisch. Zwar wird kein Fotorealismus geboten, aber das geht schon in Ordnung. Denn das was es hier zu sehen gibt, ist fast schon besser. Zwar könnte die Framerate noch einen Tick stabiler laufen (vereinzelt kommt es zu Tearing oder Framedrops - vor allem in der Außenperspektive), aber das fällt kaum auf und tut dem Spielspaß keinen Abbruch. Die komplett zerlegbaren Fahrzeugmodelle inkl. dreidimensionaler Cockpits komplettieren das ohnehin schon sehr gute Bild. Doch besonders erfreut war ich über die deutlich kürzeren Ladezeiten beim Starten eines Rennens und über das innovative Menü. Beim Sound können die gute deutsche Sprachausgabe und der umfangreiche, toll abgemischte und klug ausgewählte Rock-Soundtrack punkten. Aber auch die Motoren- und Umgebungsgeräusche können sich hören lassen. Dort wo es aus den Boxen „wumsen“ soll, tut es das auch.
FAZIT:
„Dirt 2“ macht vieles besser als sein Vorgänger. Vor allem die schicke Präsentation und die griffigere Steuerung können auf der Haben-Seite punkten. Speziell die Rallye-Events sind ein wahrer Traum. Schade nur, dass es davon so wenige gibt. Allerdings ist der Umfang ohnehin ziemlich geschrumpft. Bereits nach sechs Stunden hat man fast alles gesehen und von da an gibt es kaum noch Überraschungen. Ein weiterer Streitpunkt sind die Truck & Buggy Rennen, die mir in dieser Form keinen Spaß gemacht haben. Auch wäre es wünschenswert, wenn die Briten wieder etwas mehr Spieltiefe für einen eventuellen dritten Teil bieten würden. Was nützen mir die ganzen bekannten X-Games Fahrer, wenn diese über keine Persönlichkeit verfügen. Harte Konkurrenten oder gute Freunde schafft man sich in „Dirt 2“ nicht. Trotz der Kritik macht das Spiel schon Laune, auch wenn ein wenig „mehr“ drin gewesen wäre.
[ Review verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Coole Atmosphäre
- Geniale Grafik & Sound
- Schneller Einstieg
Minuspunkte:
- Recht geringer Umfang
- Wenig Tiefgang
- Truck & Buggy Rennen wenig spaßig