Kane & Lynch: Dead Men war kein Erfolg bei den Kritikern, machte aber wegen seiner psychopathischen Protagonisten auf sich aufmerksam und brachte so frischen Wind ins Genre. Dog Days verschlägt die beiden in die Unterwelt Shanghais, wo nicht nur neue Gegner, sondern auch neue Features warten.
Der korrupte Drache
Nach dem ersten Teil gehen Kane und Lynch ihre eigenen Wege. Lynch beginnt ein neues Leben in Shanghai mit seiner neuen Freundin Xiu und wird dort Mitglied einer Verbrecherorganisation. Sein Boss Glazer erzählt ihm von einem hochbezahlten Waffenschmuggel nach Afrika und Lynch bittet Kane für die Hälfte der Bezahlung um Hilfe. Kane willigt ein, da er das Geld für seinen Ruhestand und seine Tochter Jenny gut gebrauchen kann. Nachdem die beiden am Anfang des Spiels einen zu redefreudigen Informanten aufsuchen und aus Versehen dessen Freundin erschießen, bricht die Hölle los. Die besagte Freundin war nämlich die Tochter eines korrupten Regierungsmitglieds, das wiederum mit Hsing, dem mächtigsten Gangsterboss ganz Chinas, zusammenarbeitet. Und so beginnt eine Hetzjagd durch Shanghais dunkle Gassen, in denen sich die beiden zahlreicher Ganoven, Polizisten und Soldaten erwehren müssen. Und auch Xiu wird in die Sache hineingezogen. Die Story klingt vielversprechend, flacht jedoch relativ schnell ab. Auch weil sie über lange Strecken nicht konsequent genug vorangetrieben wird. In den Levels selbst steht sie praktisch immer hinter der Action zurück und in den Ladebildschirmen zwischen den Abschnitten fehlen einem dann die Details aus der vorangegangenen Mission. Es reicht für ein generelles Verständnis, die Details gehen leider zu schnell verloren – obwohl die Story nun wahrlich nicht komplex ist, aber dennoch das Spiel gut trägt.
Down & Dirty
Im Herzen ist Kane & Lynch 2 ein puristischer 3rd Person Shooter. Absolut nichts lenkt von den Feuergefechten ab. Es gibt keine Sammelobjekte, keine sich verzweigenden Level oder gar alternative Routen und kein Upgrade-System, nur Kane und Lynch gegen den Rest der Unterwelt. Über das absolut Nötige hinaus bietet Dog Days leider nichts. Die meiste Zeit spiele ich Lynch, der mögliche Coop-Partner dementsprechend Kane. Glücklicherweise ist es aber keine Strafe, mit der KI vorlieb nehmen zu müssen, denn die macht ihre Sache gut, nicht zuletzt weil sie nicht sterben kann und mir keine Waffen vor der Nase wegschnappt. Davon kann ich zwar nur zwei gleichzeitig tragen und jedem erledigten Gegner kann ich seine abnehmen, doch sehr schnell hatte ich meine Favoriten gefunden und die anderen so gut es geht gemieden. Das Arsenal bietet den Genre-Standard von der Pistole über Maschinenpistolen und Schrotflinten bis zu Sturmgewehren. Auf G
ranaten und anderes exotisches schweres Gerät wird zugunsten des Realismus komplett verzichtet, statt
dessen kann ich Feuerlöscher, Benzinkanister und dergleichen werfen und zerschießen, um für ein wenig Feuerwerk zu sorgen, was auch deutlich glaubhafter ist. Zum guten Shooter-Ton gehört natürlich auch ein Cover-System. Hier zeigt sich eine weitere Schwäche von Dog Days, denn zum einen ist es in einigen Fällen ein wenig fummelig, sich so in Deckung zu begeben, wie man es vorhatte. Zum anderen ist die Deckung nicht so sicher, wie sie sein sollte. Oft treffen die Gegner trotzdem, obwohl sie mich nicht sehen können. Aber auch der eigene Schusswinkel aus der Deckung heraus ist erstaunlich hoch. Manchmal hängt der Waffenlauf in der Wand, den Gegner dahinter kann ich trotzdem treffen. Ich kann auch Gegner als menschliche Schilde benutzen und sie anschließend per Kopfschuss hinrichten. Außer für einen schnellen, stylischen Kill ist das Schild nur für wenig gut, denn währenddessen bewegt man sich nur im Schneckentempo fort und der Schutz ist eigentlich nicht der Rede wert. Das Leveldesign ist aller Linearität zum Trotz gelungen und transportiert die Atmosphäre der dreckigen Schattenwelt Shanghais. Ob nun dunkle Gassen, belebte Straßen und verdreckte Apartments, Sweat Shops, Restaurants, Büros oder der Flughafen, die Locations haben alle ihren eigenen Flair. Die vielen zerstörbaren Objekte und die stimmige Beleuchtung steuern ihr übriges zum Feeling bei.
Shake it, Baby!
Die auffälligste und kontroverseste Neuerung von Dog Days ist die visuelle Präsentation. Die Grafik an sich ist eher durchschnittlich, doch durch eine Vielzahl an Filtern und Effekten wird der Eindruck vermittelt, das gesamte Abenteuer werde mit einer Handkamera mitgefilmt. Daher reagiert die Kamera auch auf alles, was um sie herum passiert. Bei Explosionen gibt es Bildstörungen, sie wackelt mehr oder weniger wild bei Treffern oder kurzen Sprints und grelle Lichtquellen erzeugen helle Balken. Nacktheit und Kopfschüsse werden als eine Art Selbstzensur verpixelt – auch in der Uncut-Version. Die Schnitte der deutschen Version fallen im Übrigen recht moderat aus. Man kann keine Zivilisten erschießen und die Physik bei Leichen wurde deaktiviert. Zudem sind einige Leichen, die in den Levels herumliegen nur bewusstlos oder sitzen still herum, aber der Unterschied fällt gar nicht auf. Die deutsche Version überträgt die Schnitte auch online, das heißt, wenn der Coop-Partner die Uncut-Version besitzt, kann auch er keine Zivilisten mehr erschießen. Der optische Stil wurde klar über die eigentliche Qualität der Grafik gestellt, was etlichen nicht gefallen dürfte. Ich finde den Ansatz mutig und vor allem wurde er auch gut umgesetzt. Die Shaky Cam lässt sich im Optionsmenü zwar deaktivieren, die Filter jedoch bleiben. Schade ist jedoch, dass es keinen Kameramann gibt, mit dem die Protagonisten noch hätte interagieren können. So wäre alles noch glaubwürdiger geworden als es ohnehin schon rüberkommt. Auch der Sound ist teilweise von der Kamera betroffen. Je lauter etwas ist, desto verzerrter und verbrummter wird es.
Du kannst niemandem trauen
Die bereits aus Dead Men bekannte Fragile Alliance ist auch diesmal vertreten. Bis zu acht Spieler raffen auf einer der sechs Karten so viel Geld wie möglich zusammen, müssen dabei Polizei und Armee trotzen und das sichere Fluchtfahrzeug innerhalb des Zeitlimits erreichen. Jeder Spieler kann dabei jederzeit zum Verräter werden und seine Mitspieler erschießen, um an mehr Geld zu kommen und so die Runde zu gewinnen. Denn das geklaute Geld wird gleichmäßig unter allen Geflüchteten aufgeteilt. Zwischen den Runden darf von der Beute die eigene Bewaffnung aufgestockt werden. Welche Knarren zur Verfügung stehen, bestimmt euer Rang. Die zum Aufstieg nötigen Punkte gibt es bei Rundengewinn, Flucht oder für Kills. Der Modus Undercover Cop funktioniert wie Fragile Alliance, nur dass ein Spieler zufällig zum Cop gewählt wird und nun die anderen ausschalten muss bevor sie flüchten können. Der dritte und letzte Modus ist Cops & Robbers. Hier treten bis zu zwölf Spieler in zwei Teams gegeneinander an. Nach jeder Runde werden dabei die Seiten gewechselt und welches Team am meisten Geld erbeutet ist natürlich Sieger. Drei Modi und sechs Karten – das ist nicht unbedingt viel und die Langzeitmotivation ist schnell weg. Vor allem ist online nicht so viel los. Ein Match zu finden ist nie das Problem, nur wählerisch darf man dabei nicht sein, denn meistens gibt es nur ein oder zwei offene Lobbys pro Modus. Wer also unbedingt auf einer bestimmten Karte spielen will, muss sich in Geduld üben, auch wenn er selbst ein Spiel eröffnet. Unterm Strich macht der Coop noch am meisten Spaß und ist Anreiz genug, die Story noch ein zweites Mal durchzuspielen. Für alle Online-Muffel gibt es schlussendlich noch den Arcade-Modus, eine Offline-Variante von Fragile Alliance. Hier werden sowohl Verbündete als auch Gegner von der KI übernommen. Sie verhalten sich dabei erstaunlich menschlich, schießen daneben, planen falsch, tappen in Fallen oder versuchen euch zu verraten. Im Gegensatz zur Online-Allianz endet die Arcade erst, wenn ihr drei Leben verloren habt. Bis dahin bestreitet ihr Runde um Runde, doch spätestens ab der siebten Runde müsst ihr euch alleine durchschlagen, da die KI-Kameraden nicht clever genug agiert und früh den Löffel abgibt.
FAZIT:
Für Coop-Fans ist "Dog Days" durchaus zu empfehlen, auch wenn die Spielzeit der Story mit fünf Stunden doch recht knapp ausgefallen ist. Dem Multiplayer fehlt einfach die Tiefe bei gleichzeitig zu wenigen Karten und damit die Langzeitmotivation. Allerdings gilt das nur für die, die sich mit den Bildfiltern und der wackeligen Kamera anfreunden können, denn abschalten lässt sich nur letztere. Der Gesamtumfang ist ein wenig dürftig für ein Vollpreisspiel, wer aber zum Import greift oder wartet bis es günstiger zu haben ist, kann durchaus zuschlagen.
[ Review verfasst von Sanguinis ]
Die zweite Meinung:
Kane & Lynch: Dog Days baut auf eine simple Grundidee: Von Deckung zu Deckung hechten und Gegner abballern. Bevor das explosive Spektakel zu eintönig wird, ist es aber schon vorbei. Zwar gibt es ein paar interessante Mehrspielermodi und auch die Möglichkeit, die Kampagne zu zweit zu spielen, ist ein Pluspunkt - aber letzten Endes stimmt das Preis / Leitungsverhältnis nicht. Für 60€ also Vollpreis erwarte ich schon ein wenig mehr. Das schuldet man aber auch dem Design des Titels. Die Levels sind allesamt kurz und laut – Gewalt ist immer der Schlüssel zum Erfolg. Abwechslungsreiche und ausgefeilte Missionen wie es im Vorgänger gab, existieren nicht mehr. Dafür sind aber die Schnitte der dt. Version zu 99% vertretbar, einzige Ausnahme: Man darf keine Zivilisten abballern bzw. als Geiseln nehmen und bei zwei Psychopathen wirkt diese Regulation alles andere als glaubwürdig. Davon abgesehen, gefällt aber die coole Youtube-mäßige Präsentation und auch die Steuerung geht dieses Mal flüssig von der Hand. Nur zum Budgetpreis zu empfehlen.
[ Kommentar verfasst von .ram ]
Pluspunkte:
- Spaßige Coop-Action
- Mutiger visueller Stil
- Vielfältig zerstörbare Umgebung
Minuspunkte:
- Story zu kurz
- Umfang des Multiplayer ein wenig dürftig
- Merkwürdiges Deckungssystem