In jedem von uns steckt ein kleiner Krimineller. Wie stark oder schwach dieser ausgeprägt ist, merkt man erst, wenn man sich in die Welt von GTA III begibt und quasi einen Probelauf zur reellen Karriere aktiv erleben darf. Bevor ich hier aber falsch verstanden werde: Das ist kein Aufruf zu zivilem Ungehorsam oder gar kriminellen Machenschaften. GTA III zeigt dem Spieler lediglich, dass ein Leben am Rande der Legalität doch nicht so leicht ist, wie sich manche das vielleicht ausmalen.

Der Ausgangspunkt der hoffnungsvollen Karriere unseres Helden (darf man das von einer kriminellen Hauptfigur eigentlich sagen?) ist selbstverständlich ein schief gelaufener Coup (Klischee!). Nur war das nicht unbedingt seine Schuld. Banküberfall - verraten - angeschossen - verhaftet - auf dem Weg ins Kittchen. Ein Glück für den Spieler, dass der Gefängnistransporter dort nie ankommen wird.

Große Haie – kleine Fische

Von da an obliegt es euch, die Geschicke der Hauptfigur zu lenken. Tobt Euch aus - so oder so ähnlich könnte man das Motto des Spiels zusammenfassen. Dennoch dürft ihr euer Ziel nicht aus den Augen verlieren: Die Stadt soll euch gehören. Dummerweise ist das ein harter, steiniger Weg und bis ihr wie der Pate im Hintergrund die Fäden ziehen könnt, wartet viel „Arbeit“ auf euch. Nicht umsonst lautet das Motto eines erfolgreichen Gangsterboss': Will man etwas richtig erledigt haben, erledigt man es gefälligst selbst. Generell könnt Ihr in GTA III alles tun und lassen, was ihr wollt Es gibt zwar ein paar Ausnahmen wie das Schwimmen in Flüssen oder das fliegen eines richtigen Flugzeugs, aber ansonsten sind euch praktisch keine Grenzen gesetzt. Wer glaubt ihm stünde der Weg zum Ziel jedoch völlig offen, der ist leicht auf dem Holzweg. GTA III bietet zwar viele spielerische Freiheiten, doch sobald euch die Story interessiert, wird das Spiel recht linear. Das heißt, ihr müsst jeden wichtigen Auftraggeber abarbeiten und bestimmte Missionen auch erfolgreich abschließen. Wenigstens haben die Entwickler beim Ausüben der Aufträge dem Spieler größtenteils freie Hand gelassen und somit liegt es an euch, wie ihr die meisten Missionen löst. Wem das auf Dauer zu anstrengend ist, der kann sich in der Zwischenzeit mit vielen anderen Jobs über Wasser halten und an illegalen Autorennen teilnehmen, Pakte sammeln oder Liquidierungen vornehmen. Sogar stinknormale Berufe wie Taxi fahren, Feuerwehr spielen und als Polizist Verbrecher stellen, gibt es in GTA III. Mord und Totschlag stehen dabei jedoch ständig auf der Tagesordnung. Selbst zarte Gemüter, die sich anfänglich noch scheuen wehrlose Zivilisten zu überfahren, gehen im Verlaufe des Spiels immer unbefangener zu Werke.

Money, Money, Money

Alle Aufträge bringen Geld, Geld das man für Nutten (die hauchen einem sprichwörtlich wieder Leben ein), Waffen und Sprengsätze ausgibt Gerade letztere sind ein Garant für das Gelingen einer Mission. Zentraler Punkt der Raubzüge durch den Großstadt Dschungel sind dabei jeweils die Garagen auf den drei Inseln. Hier kann man sein Auto bunkern (abgestellte Fahrzeuge gehen normalerweise nach 5 Minuten im Datenstrom verloren), Leben auffüllen und speichern. GTA III benutzt nämlich weder ein Checkpointsystem, noch erlaubt euch das Spiel jederzeit einen Speicherstand anzulegen. Nur wenn ihr in keiner aktiven Mission unterwegs seid, dürft ihr ein Savegame anlegen. Grundsätzlich kann man darüber nicht meckern, nur leider gibt es ein paar Missionen, die man definitiv nicht auf Anhieb schafft. Und somit darf man entweder den ganzen Weg zum Auftraggeber zurückgurken (eventuell die Polizei zwischendurch noch abhängen) oder man lädt den alten Spielstand neu und riskiert dabei einen langwierigen Ladeprozess.

Riesige Welten dank Streaming möglich

Vom technischen Standpunkt gesehen, bietet GTA III keine High End Grafik und dennoch spielt es dank der riesigen befahr- und begehbaren Welt in der PS2 Oberliga mit. Mit Hilfe der Renderware Engine von Criterion konnte man eine Welt erschaffen die durch die so genannte Streaming Technologie fast gänzlich ohne Ladezeiten auskommt (Ausnahme: ihr wechselt eine der drei Inseln). Trotzdem muss man nicht auf Details verzichten. So besitzen Fahrzeuge nicht nur ein physikalisches, sondern auch ein umfangreiches grafisches Schadensmodell, Hydranten sprühen beim Überfahren einen Wasserstrahl in die Luft, Laternen knicken ab, sobald sie beschädigt werden und noch vieles mehr. Besonders imposant ist dabei der fließende Tag und Nacht Wechsel, der GTA III noch realistischer und atmosphärischer erscheinen lässt. Aber bei all der Freude über die vielen positiven Aspekte, gibt es auch ein paar Nachteile zu vermelden. So bemerkt man die ganze Zeit über ein minimales Ruckeln und leichte Pop-Ups im Hintergrund. In einigen Missionen kann das schon gewaltig stören, wird dadurch doch ein Quentchen Genauigkeit aus der Steuerung genommen. Um das Spiel aber flüssiger erscheinen zu lassen, haben die Entwickler noch zusätzlich einen Motion Blurr Effekt über die Grafik „gelegt“. Der sorgt zwar in der Tat dafür, dass alles smoother und geschmeidiger wirkt, zieht dafür aber einen recht starken Unschärfeeffekt nach sich. Abstellen kann man diesen Effekt erst im Nachfolger Vice City.

Auch akustisch bietet GTA III so einiges. Neben den vielen Wortfetzen der Passanten, verschiedenen Verkehrs- und Waffengeräuschen kommt die Soundkulisse beim Autofahren so richtig zur Geltung. Die Sprachausgabe wurde professionell aufgenommen und überzeugt mit authentischen Charakteren. Schade nur, dass es keine deutsche Synchronisation gibt und man sich als Spieler lediglich mit übersetzten Untertiteln abgeben darf.

Mach doch mal das Radio an

Die Auswahl von Radiosendern ist vielfältig. Von Rock, Pop, reinen Diskussionskanälen bis hin zu HipHop und Techno findet jeder etwas für seinen Musikgeschmack. Zwar sollte man in dem lizenzierten Soundtrack nach keinen bekannten Künstlern (wie in späteren GTA Episoden üblich) Ausschau halten, Hören lassen kann sich die gebotene Musik dennoch. Als persönlichen Plus- bzw. Minuspunkt kann jeder die Tatsache verbuchen, dass die Songs durch Werbespots und einer Moderation unterbrochen werden. Wie in der Realität geht es einen auf die Nüsse oder sorgt für Abwechslung. Fakt ist jedoch, dass durch diesen umfangreichen Soundtrack ein völlig neues Hörerlebnis auf den Spieler wartet und dadurch viel zur realistischen Atmosphäre beiträgt.

Keine Straßennamen

Für die Orientierung wird in der rechten unteren Ecke ein Teilausschnitt der Umgebung als Karte eingeblendet. Darauf kann man Missionspunkte und andere wichtige Orte erkennen. Eine große Übersichtskarte wie im Nachfolger Vice City gibt es nicht. Einzig die gefaltete Karte (die dem Spiel normalerweise beiliegt) kann man auspacken und ausbreiten. Dadurch erhält man einen Überblick über die gesamten Inseln und deren Straßen / Wege. Verzichtet man darauf, passiert es einem häufig, dass man sich verfährt bzw. Umwege in Kauf nimmt, ein besseres Kartensystem inkl. Straßennamen wäre definitiv wünschenswert gewesen.

Der wahrscheinlich größte Kritikpunkt an GTA III ist jedoch die Steuerung. Das Tastenlayout ist zwar trotz voller Gamepad Belegung immer noch recht übersichtlich gehalten und intuitiv zu beherrschen (einzig beim so genannten „Drive by Shooting“: aus dem Auto heraus rechts oder nach links schießen, wird man gezwungen mehrere Tasten gleichzeitig zu drücken und sich etwas die Finger zu verrenken), dennoch nervt die miserable Zielerfassung. Gerade im Nahkampf merkt man wie ungenau und hakelig diese funktioniert. Zudem hätte der rechte Analogstick beim Zielen präziser abgefragt werden können (durch diesen Umstand wird die letzte Salvatore Mission erheblich erschwert). Genaues zielen und feuern mit dem Scharfschützengewehr verkommt dadurch mehr zur Glückssache als zum gekonnten Manöver.

Cut, Cut, Cut

Auf der DVD lagert nicht nur die beschnittene deutsche Version des Spieles, sondern auch andere Sprachvarianten. Um die ungekürzte englische Fassung spielen zu können, müsst ihr in den Systemeinstellungen eurer PlayStation 2 die Sprache auf „Englisch“ stellen. Aber Vorsicht, solltet ihr deutsche Untertitel dazu aktivieren, kann es zu Abstürzen bei den Feuerwehrmissionen kommen. Spielt ihr dagegen komplett in englischer Sprache, läuft das Spiel (wie in komplett deutscher Sprache) fehlerfrei.

Änderungen in der deutschen Version:

• Kein Blut
• Man kann auf am Boden liegende Opfer nicht noch einmal eintreten
• Umgehauene Passanten hinterlassen kein Geld
• Wenn Tote verschwinden, bleiben auch keine Kreidezeichnungen am Boden zurück

FAZIT:

GTA III ist eine echte Gameplay-Granate, das Spiel zeigt auch heute noch den zahlreichen Nachahmern (True Crime, The Getaway) wo der Hammer in Sachen Spieldesign hängt. Besonders fesselnd ist  GTA III durch seine abwechslungsreiche Story und den vielen Handlungsmöglichkeiten des Spielers. Die Entwickler haben es geschafft, dass man sich in eine realistisch anmutende Welt hineinversetzen kann und sehr viele interaktive Möglichkeiten besitzt um sich über Stunden beschäftigen zu können. Wer die GTA-Serie aufgrund der ersten beiden Teile bisher gemieden hat (so wie ich), der sollte die Scheuklappen wegwerfen und sich diesem großartigen Spiel widmen. Das investierte Geld ist es nämlich allemal wert.

[ Review verfasst von Justicer ]

PS:

GTA III ist mittlerweile auch im GTA Doublepack mit Vice City im Bundle zum kleinen Preis enthalten. Ein sehr schön augemachtes, offizielles Lösungsbuch vom Future Verlag gibt es auch.

Pluspunkte:

• Spielerische Vielfalt
• Sound + Musik
• Abwechslungsreiche Missionen

Minuspunkte:

• Streaming Ruckler
• Mieses Zielsystem
• unausgewogener Schwierigkeitsgrad