Dass bei Anthem etwas wenn nicht sogar viel schief gegangen ist, können sich selbst die härtesten Fans denken. Immerhin hat man einen Lootshooter ohne Kontent (wie vor Jahren Destiny schon zeigte), wenig Abwechslung und unausgegorener Technik (Ladezeiten aus der Hölle) abgeliefert, der wirkt als hätte die Konkurrenz die letzten Jahre keine Erfahrungen mit Destiny, The Division usw. gesammelt.
Nun hat Kotaku einen umfangreichen Artikel basierend auf zahlreichen Interviews mit (nicht namentlich genannten) aktuellen oder ehemaligen Bioware-Mitarbeiter veröffentlicht.
Ich kann jedem Interessierten nur empfehlen den vollständigen Artikel zu lesen.
Die wichtigsten Punkte hier kurz zusammen gefasst:
- bereits bei Dragon Age Inquisition war die viel zu turbulenten Entwicklung von zahlreichen Lösungen in letzter Minute geprägt. Daraus zog man die falschen Schlüsse und glaubte noch mehr an das in letzter Minute Wunder vollbringende Bioware-Image
- die lange Vorproduktion ist geprägt von vielen Ideen, welche aber in ihrer Gesamtheit nicht umsetzbar waren: so war eine offene sehr unterschiedlich gestaltete Welt mit großen rießigen Gegnern und einem Online statt Loot-Konzept
- selbst essentielle Bestandteile wie das Fliegen sind mehrmals aus dem Spiel geflogen (weil die Probleme mit der großen freien Welt nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten) und so musste das Spiel auch bei der Wieder-Einführung bedeutend umgestaltet werden
- neben einem langsam an qualifizierten Mitarbeiter ausblutenden Team, fehlender Führung (zu freie & offene Leitung) und unklaren Spielkonzepten muss der Entwickler dann auch noch bei Mass Effect Andromeda einspringen
- die Leitung scheut den Vergleich mit Destiny was verhindert, dass man aus dessen Fehlern lernt
- Frostbite (Engine ursprünglich von DICE für Battlefield entwickelt) Zwang führt trotz Erfahrungen bei DA:I und ME:A hier abermals zu Problemen, da viele Konzepte bzw. Elemente nur bedingt zur Engine passen
- die Geschichte wird mehrmals neu geschrieben, da viele Ansätze dem Team zu bekannt aus anderen Bioware-Spielen vorkommen, gerade klassische aber ausgearbeitete Sci-Fi oder Fantasy-Konzepte werden so verworfen
- erste Demo (Flugkonzept fehlt, Levelaufbau dafür sehr horizontal) ist für EA Chef Patrick Söderlund vor allem grafisch eine Katastrophe, darum wird Grafik von DICE persönlich aufgebort und führt zur E3 2017 Demo, welche nun auch wieder die Flugelemente vorweisen kann
- Glaube an die Bioware-Magie und notwendiger Release führen zu Tunnelblick bei vielen Mitarbeitern
- viele essentielle Elemente wie das Missionsdesign & Geschichte werden in den letzten 12 Monaten vor Release erst finalisiert, oder fehlen noch (wie das Highlevel-Gameplay)
- Angst vor ME:A Memes führt zu teuren Motion-Capture, welches dann aber nicht mehr 100% zur Geschichte passt, da letzter noch mehrmals angepasst wurde
Am Ende zeigten interne Tests, dass man im hohen 70er Wertungsschnitt landen könnte und man hoffte durch das Games as a Service Konzept ähnlich wie bei anderen Spielen durch Updates dies nach oben hin verbessern zu können.