Dieser Langnasenbeutler hat es nicht leicht. Zu Zeiten der PlayStation 1 zählten insbesondere seine 3 Jump'n'Runs zu dem Besten, was man an Hüpfereien auf der Konsole finden konnte und selbst 2 Spin-Offs konnten überzeugen. Trotz all dem Erfolg schaffte es Crash jedoch nicht, sich als Markenzeichen von Sony zu etablieren, auch nicht mit ersten Gehversuchen auf der PS2. Die Qualität sank, von einem brillanten Jump'n'Run war nicht mehr die Rede. Trotzdem war Crash weiterhin viel Erfolg gegönnt, denn Spiele mit ihm verkaufen sich bis heute gut. Sogar so gut, dass man bei Activision Blizzard entschied, ein neues Scarface-Spiel aus dem Vivendi-LineUp einzustampfen und stattdessen weiterhin auf Crash zu setzen. Ob der zweite Versuch von Radical Entertainment („Scarface: The World is Yours", „Crash of the Titans"), ein anständiges Crash-Spiel auf die Beine zu stellen, Früchte getragen hat, klärt unser Review.
Schluss mit der friedlichen Idylle
Die Bandicoots führen wirklich ein beschauliches Leben. Zusammen mit seinem alten Kumpel Uka-Uka, der schwebenden Voodoo-Maske, sowie dem muskelbepackten Crunch und Coco, der ewige Kumpeline, lebt Crash in einer beschaulichen Umgebung mit allerlei grünen Flächen, einem Wasserfall und einem riesigen Baum, welcher als Unterschlupf dient. Keine Spur von N-Cortex und seinen fiesen Weltunterjochungs-Plänen. Doch Cortex, der kleine perfide Wissenschaftler mit der ungesund gelben Haut und dem überdimensionalen Schädel, wäre nicht Cortex, wenn er nicht irgendetwas planen würde, um die Bandicoots zu vernichten und die Weltherrschaft an sich zu reißen. Größenwahnsinnig wie er ist, bastelt er einer Brille, die er im Fernsehen als neueste technische Errungenschaft vermarktet, die so genial sein soll, dass sie jeder haben muss. Also sendet er kostenlos und versandkostenfrei ein Gerät an jeden Bewohner der Wumpa-Insel. Die Begeisterung bei Crunch und Coco entfacht schnell, als sie sehen, was man sich mit der Brille für Sendungen angucken kann. Womit sie nicht gerechnet haben, ist dass dieses Gerät die Gehirne seiner Opfern kontrolliert und sie zu N-Cortex' gewalttätigen Sklaven werde, die seinen Befehlen folgen. Der wortkarge Crash weiß gar nicht wie ihm geschieht und muss zusehen, wie seine Freunde sich zu geifernden Monstern verwandeln. Als ob das nicht schon genug wäre, haben Cortex und sein Wissenschaftler-Kumpane M-Brio (Zitat: „M-Brio? Klingt ja wie Embryo!") nahezu alle Bewohner der verschiedenen Insel-Gebiete durch böses Mojo in willige Sklaven verwandelt.
Crash hat also alle Hände voll zu tun, seine Freunde aus diesem Schlamassel zu befreien. Allein die grobe Story wirkt schon schräg, wird aber durch die tollen Zwischensequenzen noch getoppt, in denen die Entwickler verschiedene, immer wechselnde Stile wie zum Beispiel 9mm-Film und Anime aufgreifen, um die Geschichte mit stets leicht abgeänderten Comic-Darstellern voranzutreiben. Besonders durch den Humor der Filmchen sind diese eindeutig eines der Highlights im Spiel. Sowohl Jüngere Semester als auch ältere Zocker dürften dem Humor von „Crash: Herrscher der Mutanten" etwas abgewinnen, zu mal alles sehr liebevoll und ansprechend serviert wird. Auch die deutsche Synchronisation der Haupt-Akteure kann sich hören lassen. Da die Aufmachung insgesamt kindlich gehalten ist, wird schnell deutlich, an welches Publikum sich der neueste Spross der Crash-Reihe richtet.
Herrscher der Mutanten
Während seiner, wahlweise kooperativen Reise für 2 Spieler, quer über die Wumpa-Insel, durchläuft Crash typische Gegenden wie das Wald-, Wüsten- und Eisgebiet. Gelegentlich trifft er auf Nebencharaktere, die ihm kurz und mit krächzender Piepsstimme Hinweise geben. Der Weg zum Ziel wird dabei linear abgearbeitet, alternative Routen führen höchstens zu unzähligen zerstörbaren Objekten, die wertvolles Mojo enthalten. Mit der Hilfe dieser Substanz levelt man Crash allmählich auf, um seine Gesundheit zu verbessern oder um seine Angriffe zu stärken. Für die Vielzahl an Mutanten, die Crash jetzt auch durch einen Sprung auf ihren Kopf beherrschen kann, gilt das Selbe. Trifft so ein Vieh auf Crash, wird es so lange windelweich geprügelt bis es sprichwörtlich Sterne sieht, die hier für die Energie des Gegners stehen. Die Monster variieren optisch und spielerisch stark und sind gleichzeitig eine der tragenden Säulen des Gamesplays. Manche Monster lassen Eis gefrieren, andere rollen wie eine Kugel umher oder verlangsamen die Zeit. Ein Pinguin in einem Goldfischglas (!) zum Beispiel, greift sich durch Telekinese Gegner und Gegenstände. Anfangs freut man sich über die Vielzahl an Monstern, doch nach einigen Spielstunden erkennt man, dass der Abnutzungseffekt sehr groß ist. Alle neuen Spielelemente kommen sofort zum Einsatz und verlieren schnell ihren Reiz, so dass das nette Design der Kreaturen schließlich nicht mehr über die Monotonie hinwegtäuschen kann.
Kick, Kick, Punch, Punch... Jump
Neben diesem Feature wird natürlich auch viel gesprungen und gekloppt, vor allem aber gekloppt. Früher stand „Crash Bandicoot" noch für anspruchsvolle Sprungpassagen, heute eher für zahlreiche Schlägereien. Selten durchquert man einen Abschnitt, ohne dass man von Monstern angegriffen wird, die obendrein nicht wirklich etwas drauf haben. Immerhin unterhalten einen die Kleinen mit lustigen und sinnfreien Sprüchen à la „Jemand sollte einen Boomerang oder einen anderen gebogenen Stock erfinden". Die Sprungpassagen kränkeln leider an der Steuerung, die genaue Sprünge oft verhindert. Genauso, wie die feste Kamera, die manchmal zu wenig Übersicht bietet. Der klassische Roundhousekick wird jetzt übrigens durch Drehen des linken Analogsticks ausgeführt. Wie schon erwähnt, wird viel zu wenig gesprungen und wenn doch dann auch ziemlich anspruchslos. Einige Passagen sind ganz nett geraten, insgesamt gibt es aber nichts, von dem man schwärmen könnte. Ab und zu wird mal ein kleiner Bossfight eingestreut, den man aber ohne größere Probleme übersteht. Nett ausgedrückt kann man sagen, dass sich deutlich darüber Gedanken gemacht wurde, wie man das Spiel an den jungen Zocker anpasst. Wenn es im Getümmel doch mal zum Ableben kommt, hilft einer der großzügig verteilten Checkpoints weiter. Diese sind nach gut jedem zehnten Meter vorzufinden. Selbst einen Game-Over-Bildschirm gibt es nicht, stattdessen nutzt man die Rücksetzpunkte eher aus, um bei einigen Trial-and-Error-Passagen etwas herumprobieren. Prinzipiell wäre es trotzdem ganz spaßig, wenn da nicht dieses penetrante Backtracking, also das Besuchen bereits bekannter Orte, wäre. Allein während der ersten Spielstunden muss man dauernd in das Eis- und Wüstengebiet zurück, um irgendwo irgendetwas zu holen. Teleporter oder Ähnliches? Fehlanzeige. Jede lange Route grast man ab und muss dabei immer wieder die gleichen Schergen verhauen. Das zieht das Game unnötig in die Länge und geht ordentlich auf den Zeiger. Welch ein Glück, dass es möglich ist, viele Gegner einfach links liegen zu lassen, um schnellstmöglich ans Ziel zu preschen.
„God of War" für Achtjährige
Zumindest der Look des Spiels kann überzeugen und lässt Crash mit seinen schlaksigen Animationen richtig symphatisch erscheinen, so strecken sich seine Gliedmaßen bei Angriffen richtig lustig. Die Spielwelt ist generell nett anzuschauen und teilweise wirken die Umgebungen schon richtig imposant und erinnern sogar an „God of War". Einige düstere Gegenden zum Ende des Spiels wirken leicht aufgesetzt und könnten ungeeignet für jüngere Spieler sein. Auch das Gegnerdesign überzeugt durch eine Auswahl an vielfältigen, schrägen Typen. Insgesamt also eine Optik, die für ein Jump'n'Run auf der PS2 überzeugt. Soundtechnisch ist das Ganze eher zweischneidig. Die deutsche Synchronisation der Hauptakteure wirklich gelungen ist und Melodien versprühen anfangs zwar Charme, unterscheiden sich aber zu wenig voneinander. Die übrigen Angriffe auf umherstehende Objekte klingen ähnlich. Trotzdem kann man sagen, dass die Musik nicht nervt, sondern eher unbemerkt im Hintergrund vor sich hin dudelt, sobald man eine Weile spielt. Als Bonus locken freischaltbare Artwork-Galerien und zusätzliche freischaltbare Kostüme. In den bereits besuchten Gebieten kann man auf zeitlich begrenzte Jagd nach Mojo oder in Minispiel-Arenen gehen, die sich leider nur auf massige Schlägereien begrenzen. Lustiges Detail am Rande: Sogar die Achievements der 360-Fassung haben es ins Spiel geschafft. Durch verschiedene Aktionen wie das aufmöbeln von 50 Gnomen erfüllt man gestellten Aufgaben. Bringt nix, aber hey, welches PS2-Spiel hat schon Achievements?
FAZIT:
Also entweder hat man dieses Spiel auf die Casuals zugeschnitten oder auf die Kinder der damaligen Bandicoot-Anhänger. Es ist nämlich deutlich zu sehen, dass die Fans von damals wohl nicht mehr viel mit den heutigen Crash-Episoden anfangen dürften, weil sie einfach zu anspruchslos sind. Dabei hat das Game gute Ideen und punktet mit seiner sympathischen Aufmachung. Spielerisch ist „Crash" ziemlich belanglos und monoton und somit wirklich eher für jüngere Semester oder beinharte Fans zu empfehlen. Wer angefixt ist, kann ja mal einen Blick riskieren. Erschienen ist es zu Budget-Preis von nur 30 Euro. Irgendwie hatte ich während der 8 Stunden ja meinen Spaß an dem Spiel, was wohl auch vor allem am Mutanten-Feature lag. Es macht schon Spaß, skurrile Kreuzungen aus einem Skorpion und einem Gorilla durch die Gegnerhorden zu jagen, mit einem Hüpfspiel aus früheren Zeiten hat das allerdings nicht mehr viel zu tun. Mal sehen, wie sich die Serie im nächsten Jahr weiterentwickeln wird, vielleicht wagt man wieder etwas mehr und richtet „Crash Bandicoot" sogar auf die Hardcore-Zocker aus, die sich mit 360 und PS3 die Zeit vertreiben.
[Review verfasst von sirteen]
Pluspunkte:
- Charmante Erzählung der Geschichte mit viel Humor
- Mutanten unterscheiden sich spürbar in ihren Attributen
- Der Look wirkt stimmmig
Minuspunkte:
- Wird schnell monoton
- Steuerung ist sehr ungenau und ungeeignet...
- ... für die wenigen und anspruchslosen Sprungpassagen